Tarifkonflikt Bahn und GDL setzen schwierige Gespräche fort
Nach den Auftaktgesprächen und einem Warnstreik treffen sich die Lokführergewerkschaft GDL und die Bahn zu einer zweiten Verhandlungsrunde. Bei zentralen Punkten liegen beide Seiten weit auseinander.
Die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn sind in die zweite Runde gestartet. GDL-Chef Claus Weselsky stieß erst am späten Nachmittag zu den Gesprächen dazu. Der Grund für das spätere Eintreffen seien "andere Termine, die wir auch als GDL wahrnehmen", begründete der stellvertretende GDL-Bundesvorsitzende Lars Jedinat.
Jedinat hatte die am Vormittag gestarteten Beratungen bis dahin für die Gewerkschaft geleitet. Die GDL und die Deutsche Bahn sind auch am Freitag zu Gesprächen verabredet.
GDL droht bereits mit weiteren Streiks
Die Zeit braucht es wohl auch, denn nach den Auftaktgesprächen Anfang November und einem ersten Warnstreik in der vergangenen Woche sind beide Seiten noch weit von einer Einigung entfernt. Und die GDL nimmt bereits den nächsten Arbeitskampf in den Blick. "Der nächste Warnstreik kommt bestimmt. Damit werden wir uns nicht allzu viel Zeit lassen", sagte Weselsky jüngst der "Rheinischen Post". Eine Urabstimmung über unbefristete Streiks unter den Mitgliedern hat die Gewerkschaft bereits angestoßen.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler versuchte dagegen zu beruhigen: "Wir wollen verhandeln, wir wollen Ergebnisse erzielen, wir wollen keine weitere Eskalation."
Die GDL fordert unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Bahn hat elf Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 32 Monaten geboten. Das lehnt die GDL als unzureichend ab.
Streitpunkt Wochenarbeitszeit
Ein zentraler Streitpunkt ist die Forderung der GDL nach einer Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Darauf war der Konzern in seinem Angebot bisher nicht eingegangen. Seiler hält die Forderung für unerfüllbar: Würde man die GDL-Forderung erfüllen, müssten 10.000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt werden, was auf dem derzeitigem Arbeitsmarkt unmöglich sei.
Dass eine Arbeitszeitabsenkung nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, räumte auch Weselsky ein und signalisierte Kompromissbereitschaft. So könne die Reduzierung der Wochenarbeitsstunden etwa stufenweise über einen längeren Zeitraum erfolgen, betonte er. Doch ganz ohne Regelung zur Arbeitszeit wird es wohl nicht zu einer Einigung kommen. Die GDL hat einen Verhandlungserfolg ausdrücklich an diesen Punkt geknüpft. Auch bei den Tarifverhandlungen mit dem Bahnwettbewerber Transdev beharrt die Gewerkschaft darauf.
GDL will mehr Einfluss
Erschwert werden die Verhandlungen dadurch, dass die GDL ihren Einflussbereich bei der Bahn ausweiten möchte. Erstmals soll auch die Infrastruktursparte in den Tarifabschluss der Gewerkschaft mit einbezogen werden. Das umfasst beispielsweise die Dienstleiter, die für die Koordinierung des bundesweiten Zugverkehrs zuständig sind und für die bislang ausschließlich die größere und mit der GDL konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelte. Auch das lehnt die Bahn bislang ab.
Das Thema Arbeitszeit war schon einmal Gegenstand einer Tarifauseinandersetzung zwischen Bahn und GDL: 2017 einigten sich beide Seiten auf ein Wahlmodell für die Beschäftigten, das seit 2018 bei der Bahn gilt. Die Beschäftigten können zwischen mehr Geld, sechs Tagen zusätzlichem Urlaub oder einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38 Stunden wählen. Zum Januar 2021 kamen weitere Wahloptionen hinzu, darunter bis zu zwölf Tage mehr Urlaub.