Tarifstreit beim US-Flugzeugbauer Boeing beurlaubt Mitarbeiter wegen Streiks
Einstellungsstopp, weniger Reiseausgaben und Gehaltskürzungen: Boeing greift angesichts des Streiks seiner größten Gewerkschaft zu harten Maßnahmen. Nun will der Flugzeugbauer außerdem Mitarbeiter beurlauben.
Angesichts des Streiks an seinen Produktionsstätten in Seattle hat der US-Flugzeugbauer Boeing angekündigt, mit der vorübergehenden Beurlaubung von ausgewählten Angestellten und Führungskräften zu beginnen. Die Beurlaubungen werden in den kommenden Tagen eingeleitet und sollen Zehntausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen, wie Vertreter des Unternehmens mitteilten. Ziel sei es, Geld einzusparen.
33.000 Boeing-Mitarbeiter streiken
Für die Dauer des Streiks sollen die betroffenen Beschäftigten alle vier Wochen für eine Woche beurlaubt werden, wie es in einer Mitteilung des Boeing-Vorstandsvorsitzenden Kelly Ortberg an die Belegschaft hieß. Der Konzernchef fügte hinzu, er und die übrigen Mitglieder der Führungsetage würden für die Dauer des Streiks eine "angemessene Gehaltskürzung" hinnehmen. Zuvor hatte die Unternehmensführung bereits einen Einstellungsstopp, Sparmaßnahmen im Reisebudget und eine Verringerung der Ausgaben bei Zulieferern veranlasst.
Der Präsident der Gewerkschaft IAM, Brian Bryant, kritisierte die Maßnahmen. Angesichts vorheriger Boni und Vergütungen für Top-Manager seien Beurlaubungen und Gehaltskürzungen "Schall und Rauch". Nach zwei erfolglosen Verhandlungstagen sind die Fronten zwischen den Konfliktparteien verhärtet. "Obwohl wir offen für weitere Gespräche sind, ob direkt oder durch Vermittlung, sind derzeit keine weiteren Termine angesetzt", teilte die IAM mit. "Der Ball liegt bei Boeing. Sie könnten den Streik morgen beenden", erklärte Bryant.
In Seattle waren am vergangenen Freitag rund 33.000 Boeing-Mitarbeiter in den Streik getreten, nachdem sie das Tarifangebot des Unternehmens - 25 Prozent mehr Lohn gestreckt über mehrere Jahre - abgelehnt hatten. Die Belegschaft fordert 40 Prozent mehr Lohn und die Verbesserung der Altersbezüge. In den vergangenen Jahren hatten sie weitgehend Nullrunden akzeptiert, während sich das Leben in der Region verteuerte. Der letzte Streik bei Boeing im Jahr 2008 dauerte damals 57 Tage. Seitdem galt auch der Tarifvertrag, der am vergangenen Donnerstag ausgelaufen war. 96 Prozent der Beschäftigten hatte für eine Arbeitsniederlegung gestimmt.
Gewerkschaft zeigt sich "frustriert"
Bislang treten die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft IAM und der Unternehmensführung aber auf der Stelle. Bei den vorherigen Gesprächen sei keine Einigung erzielt worden, teilte IAM gestern mit. "Nach einem ganzen Tag voller Vermittlungsversuche sind wir frustriert. Das Unternehmen ist nicht vorbereitet gewesen und hat sich nicht offen gezeigt, die Themen anzugehen, die man als wesentlich für die Beendigung dieses Streiks klargemacht hat: Löhne und Rente." Die Gewerkschaft sei eigentlich davon ausgegangen, dass Boeing die Anliegen der Arbeiter ernstnehme. "Wir kämpfen für das, was richtig und gerecht ist - für das, was wir in den letzten 16 Jahren verdient haben."
Der Flugzeugbauer hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Probleme, die vor allem die Sicherheit seiner Maschinen betraf. Durch die Arbeitsniederlegung ist nun die Boeing-Produktion rund um Seattle im Nordwesten der USA betroffen, wo unter anderem das Bestseller-Modell 737 und der Langstrecken-Jet 777 gebaut werden. Vor allem bei der 737 ist Boeing bereits im Verzug mit Lieferungen an viele Fluggesellschaften. Das erschwert die Sanierungsmaßnahmen zusätzlich.
Zuletzt hatte Boeing schon einen Einstellungsstopp verhängt, um Kosten zu sparen. Außerdem werden Dienstreisen aufs Nötigste reduziert, wie Finanzchef Brian West in einer E-Mail an die Mitarbeiter ankündigte. Der Streik gefährde die Erholung des Flugzeugbauers erheblich, deswegen müsse Boeing das Geld zusammenhalten, argumentierte er. Zu den weiteren Maßnahmen gehört, dass auch das Management nicht mehr Business- und Erste-Klasse-Flüge buchen darf sowie alle mit Beförderungen verbundenen Gehaltserhöhungen ausgesetzt werden. Die Teilnahme an Airshows wird ebenfalls eingeschränkt.