Deutsche Bahn Noch längst nicht in der Spur
Bei der Bahn kommen die Fahrgäste nach dem Corona-Einbruch zurück. Doch weiterhin lasten enorme Schulden auf dem Konzern. Kritiker fordern, dass er sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren sollte.
Geht es um den Krieg in der Ukraine, beeindruckt die Deutsche Bahn mit anspruchsvollen Hilfsaktionen. Sei es die Einrichtung der Schienenbrücke, über die Hilfsgüter in die Ukraine transportiert werden, seien es die zahlreichen Sonderzüge, die Menschen nach Deutschland bringen, sei es das Beratungs-, Unterbringungs- und Arbeitsprogramm für die Flüchtlinge: Viele zeigen sich beeindruckt, mit welcher Flexibiltät und Energie die Bahn derzeit in der Krise hilft.
Wenn es um die Situation der Bahn selber geht, tut sich der Konzern schwerer, für einen rundherum positiven Eindruck zu sorgen. Das hat die heutige Bilanz-Pressekonzerenz gezeigt. Zwar kommen die Fahrgäste langsam wieder, das Cargo-Geschäft macht weniger Verluste, und mit 47,3 Milliarden Euro war der Umsatz der Bahn noch nie so hoch wie jetzt. Und trotzdem: Die Deutsche Bahn kostet die Steuerzahler eine Menge Geld.
Inzwischen gehören die roten Zahlen der Deutschen Bahn AG schon fast zur jährlichen Bilanz dazu. Zugegeben, in den letzten Jahren hatte es die Bahn schwerer als sonst. Pandemiebedingt blieben die Fahrgäste weg. 5,7 Milliarden Euro Verlust machte die Bahn im Corona-Jahr 2020. Im vergangenen Jahr waren es dann "nur noch" minus 900 Millionen. Im diesem Jahr könnte es unter dem Strich schwarze Zahlen geben, hofft der Bahnvorstand - auch weil die Fahrgastzahlen wieder ansteigen.
DB-Tochter Schenker: verkaufen oder behalten?
Insgesamt aber bleibt es dabei, dass der Konzern hoch verschuldet ist mit rund 35 Milliarden Euro, so wird geschätzt. Viele jedenfalls sehen Handlungsbedarf. Da geht das Augenmerk auf die DB-Logistiktochter Schenker. Stolz verweist die Bahn auf deren operatives Rekordergebnis von 1,2 Milliarden Euro. Dass dies so betont wird, zeigt, dass die Bahn den weltweit tätigen Logistikriesen wohl unbedingt behalten will. Denn an Schenker scheiden sich die Geister. Unbedingt verkaufen, sagen einige - das könnte immerhin 20 Milliarden Euro bringen und so der klammen Bahn AG helfen.
Die Diskussion um Schenker berührt eine Forderung, die immer mehr Kritiker erheben: Die Bahn solle sich endlich auf ihr Kerngeschäft besinnen und sich nicht mit zahlreichen Auslandsgeschäften verzetteln. Das fordert auch der Bundesrechnungshof. Er kritisiert, dass die DB AG in 400 Tochtergesellschaften international engagiert ist, dabei habe sie über 30 Milliarden Euro Schulden angehäuft. Doch ihr Kerngeschäft sei nun einmal die Bahn in Deutschland. Das sehe auch das Grundgesetz so vor.
Weg von den Auslandsgeschäften: Das wäre ein handfester Kurswechsel. Knapp 50 Prozent erwirtschaftet die Bahn im Ausland. Und 35 Prozent ihrer Beschäftigten sind außerhalb Deutschlands tätig. Aber wirtschaftlich entwickelte sich manches nicht so wie erhofft. Auch wenn Schenker zur Zeit finanziell ein Segen ist für die Bahn - wer sagt, dass es so bleibt, angesichts weltweiter Krisen mit gestörten Lieferketten? So melden sich Skeptiker zu Wort.
Kritik an Querfinanzierung
Arriva - ein Bus- und Bahnunternehmen mit Sitz in Großbritannien - ist ein Beispiel für ein Auslandsengagement der Deutschen Bahn, dass sich nicht gelohnt hat. Arriva ist ein Sanierungsfall, weshalb sich auch noch kein Käufer gefunden hat. Den sucht die Deutsche Bahn offenbar schon länger.
Kritik kommt auch von der "Initiative Prellbock", die gemeinsam mit Vertretern der GDL und der "Bewegung gegen Stuttgart 21" eine Art alternativen Geschäftsbericht vorgestellt hat. Zur Sprache kam da auch das Thema Querfinanzierung, das manchen Bahnkritiker schon länger stört. Die DB Netz schreibt nämlich regelmäßig schwarze Zahlen, und wiederholt kommt der Vorwurf, dass das überschüssige Geld nicht in die Schiene zurückfließt, sondern dem Mutterkonzern zugute kommt - der dann ganz andere Finanzlöcher damit stopft.
"Es fehlt an Transparenz, wo innerhalb des Konzerns Geld verdient wird und wo nicht", kritisiert Matthias Stoffregen vom "Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr" (Mofair). Den Bereichen fehle auch der Ehrgeiz: "Wenn die Bahn verkündet, dass sie aufgrund der Stürme Tausende Streckenkilometer sperren musste, um die Oberleitungen zu reparieren und Bäume auf die Schiene fielen, ist das doch ein Armutszeugnis. Es zeigt eigentlich nur, dass sich die Bahn nicht vernünftig um den Grünschnitt kümmert, auch weil es so vielleicht billiger ist. Dass wegen Sturmschäden tagelang Autobahnen gesperrt bleiben, das gäbe es nicht", so Stoffregen.
Infrastrukturgesellschaft soll dem Gemeinwohl verpflichtet sein
Die Idee, die alles verbessern soll: die Bildung einer autonomen Infrastrukturgesellschaft innerhalb des Konzerns, die sich wirklich auf das Unterhalten eines Schienennetzes auf hohem Niveau konzentriert. Und so steht es auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung: dass die Bereiche Bahnhof, Service und Netz vereint und gemeinorientiert organisiert werden. Die Gewinne blieben da, wo sie erwirtschaftet werden: im Schienennetz.
Das soll den Bahnreisenden zugute kommen - so die Hoffnung. Wenn schon soviel Geld vom Staat kommt, sollen auch die Kunden spürbar davon profitieren, so die Idee. Diesem Vorhaben räumt die neue Regierung offensichtlich große Bedeutung ein. Spannend wird sein, ob es auch umgesetzt wird.