Ein Schild mit dem Logo von Engelbert Strauss hängt am Bund einer Hose.

Engelbert Strauss Im Blaumann trendy aussehen

Stand: 04.03.2025 08:27 Uhr

Zwei Brüder aus Osthessen haben aus dem Arbeitskleidungshersteller Engelbert Strauss eine internationale Modemarke gemacht. Dafür gibt es viel Applaus - aber auch einige Kritik.

Wer heute im Handwerk arbeitet, trägt dabei sehr wahrscheinlich Arbeitskleidung von Strauss. Arbeitshosen, -schuhe, -schürzen, -kittel: Die Marke bedient die ganze Palette an sogenannter Workwear. Es ist solide Qualität zu erschwinglichen Preisen. Doch das ist nicht die einzige Erklärung dafür, warum das Unternehmen aus dem osthessischen Biebergemünd nach eigenen Angaben zum europäischen Marktführer aufgestiegen ist.

"Mehr als der klassische Blaumann"

Die beiden Brüder Henning und Steffen Strauss haben das Familienunternehmen - ursprünglich benannt nach ihrem Großvater, dem Gründer Engelbert Strauß - mit Innovationswillen und Ehrgeiz zu einer international erfolgreichen Modemarke ausgebaut.

"Ein Schlüsselaspekt im Design der Produkte von Strauss ist, dass sie aus unterschiedlichen Materialien in unterschiedlichen Farben bestehen. Das suggeriert dem Kunden, dass dieses Produkt mehr kann als der klassische Blaumann", sagt Mode-Experte Carl Tillessen in der hr-Dokumentation "Billion Dollar Workwear - Die Engelbert Strauss Story".

Schuhe von Engelbert Strauss sind vor der Skyline von Manhattan zu sehen.

Moderne Sneaker vor der Skyline von Manhattan: Die Marke will Arbeitskleidung und Mode miteinander verbinden.

Baseball und Metallica befeuern Image

Das rot-weiße Logo mit dem Vogel Strauß prangt nicht nur auf Stadionbanden während der Fußball-Europameisterschaft und in der amerikanischen Baseball-Liga, sondern auch auf den T-Shirts von Metallica und Super Mario-Fans. Durch kluge Kollaborationen mit internationalen Marken ist Strauss der Wandel von Arbeitskleidung zur trendigen Lifestyle-Brand gelungen.

Ein Imagewandel, den Henning Strauss entschieden vorangetrieben hat. Er hat in den USA studiert und mehrere Jahre dort gelebt. "Die Offenheit der Menschen und der Vorwärtsdrang" dort hätten ihn beeindruckt, erzählt er in der Dokumentation.

"Workwear Valley" in Osthessen

Die USA, Kalifornien und das Silicon Valley seien Vorbilder für das "Workwear Valley". So nennt Strauss die Region in Osthessen, in der die Arbeitskleidung entsteht. In Schlüchtern steht beispielsweise die sogenannte CI-Factory, wo zum einen Prototypen von Schuhen gefertigt, aber auch Kleidungstücke nach Kundenwunsch personalisiert werden. Produziert werden die meisten Produkte nach wie vor in Bangladesch, Vietnam und Laos, hier bekommen sie den letzten Schliff.

Trotz Milliardenumsatz herrscht in der Fabrik in Schlüchtern kreative Pionierstimmung. Eine Atmosphäre von New Work, für die die Strauss-Brüder in der Umgebung nicht immer die passenden Arbeitskräfte finden.

Um den Arbeitsplatz auf dem Land auch Talenten aus Großstädten schmackhaft zu machen, hat das Unternehmen im benachbarten Bad Orb, dem Wohnsitz von Henning Strauss, ein eigenes Resort gebaut: eine Mischung aus Medical Spa, Luxus-Appartements für internationale Gäste und attraktiven Mitarbeiter-Wohnungen. Auch eine internationale Schule soll an dem Standort entstehen - und für gut ausgebildeten Nachwuchs sorgen.

Das Resort von Engelbert Strauss in Bad Orb.

Ein firmeneigenes Resort soll talentierte Fachkräfte aus der Großstadt ins beschauliche Bad Orb in Osthessen locken.

Der Pionier mag keine Windräder

Für sein Engagement und die millionenschweren Investitionen ist Henning Strauss 2023 zum Ehrenbürger von Bad Orb ernannt worden. Viele sehen in ihm einen Hoffnungsträger, der die Kurstadt aus ihrem Dornröschen-Schlaf erwecken kann.

Andere sagen: Hier kauft sich einer eine Stadt. Deutlich wurde das zuletzt in einer Diskussion um Windräder. Deren Bau am Rand von Bad Orb ist lange genehmigt, doch der Windpark passt nicht in die Pläne von Strauss für ein Medical Spa, das seine Gäste unter anderem mit Waldbaden in den uralten Eichenwald locken will.

In einem offenen Brief in mehreren großen Zeitungen sprach sich Henning Strauss deshalb gegen das Projekt aus, mit dem Bürgermeister der Stadt und dem Präsidenten der Frankfurter Eintracht als Unterzeichner. Dieser distanzierte sich kurze Zeit später jedoch wieder von der Kampagne und entschuldigte sich in einem Rundbrief bei allen Vereinsmitgliedern für seine Unterschrift.

"Elon Musk von Bad Orb"

An dem Brief gab es scharfe Kritik, beispielsweise von Bodo Delhey vom Umweltschutzverband BUND. Er sagt: "Strauss tritt hier auf als Elon Musk von Bad Orb. Er versucht, ohne Rücksicht seine Interessen durchzusetzen."

Solch harte Kritik ist selten zu hören - und dann auch nur hinter vorgehaltener Hand. Die meisten Bürger scheinen es so zu sehen wie der Bewohner, der in der hr-Dokumentation zu Wort kommt: "Bad Orb hat die goldenen Zeiten schon seit ein paar Jahrzehnten hinter sich. Für eine chronisch klamme Gemeinde ist so ein großzügig scheinender Mäzen keine verkehrte Sache."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das hr-fernsehen am 25. Februar 2025 um 20:15 Uhr.