Landwirtschaft und Corona Ernte unter erschwerten Bedingungen
Die Corona-Krise hat auch die Arbeit in der Landwirtschaft verändert. Um Ansteckungen zu verhindern, gelten für Erntehelfer aus dem Ausland strenge Auflagen. Trotzdem ist die Unsicherheit groß.
Ein Hauch von Frühling liegt in der Luft. Die Sonne steht hoch am Himmel über der Pfalz. Die Vögel zwitschern. Zeit, diesen Moment in der Natur zu genießen, haben die knapp 200 Erntehelfer auf dem Spargelhof Eberhardt in Weisenheim aber nicht. Überall ragen die Spitzen des Spargels schon aus dem sandigen Boden. Das weiße Gold aus den Erdhügeln zu ziehen, ist für die Arbeiter aus Rumänien reine Routinearbeit. Aber auch in der Landwirtschaft hat Corona vieles verändert.
"Auf die Kräfte aus Rumänien angewiesen"
"Die Erntehelfer leisten Schwerstarbeit. Aber die Pandemie hat alles nochmal zusätzlich erschwert," erklärt Hofbetreiber Andreas Eberhardt, der zwischen den Erntehelfern steht. "Wir müssen jetzt jeden Tag durchernten. Ich bin auf die Kräfte aus Rumänien angewiesen. Ohne sie wäre ich hoffnungslos verloren." Die ersten Helfer sind vor etwa zwei Monaten in die Pfalz gekommen.
Die Einreise-Regularien sind genau festgelegt. An der Grenze musste jeder Erntehelfer einen aktuellen PCR-Test vorlegen. "Sechs Stammkräfte hatten leider ein positives Testergebnis. Sie mussten daheim bleiben", erzählt Landwirt Eberhardt. Aus Rumänien reisten die Arbeiter in festen Kleingruppen an, die auch nach der Ankunft auf dem Hof in Weisenheim zusammenblieben. Es folgten mehrere Schnelltests, um vor Ort das Infektionsrisiko weiter zu reduzieren.
Viele Hygieneauflagen
Auch im weiteren Verlauf bleiben die Gruppen zusammen und arbeiten jeweils getrennt voneinander auf unterschiedlichen Feldern. "Für die Unterbringung habe ich zudem weitere Wohncontainer gekauft, damit die Saisonarbeiter auch in der Freizeit die Abstände wahren können. Die Wohneinheiten haben rund 70.000 Euro gekostet. Dazu kamen dann nochmal mehr als 10.000 Euro für die bisherigen Schnelltests", zählt Eberhardt auf.
Zudem gilt eine spezielle Corona-Hausordnung, in der die Hygieneregeln genau aufgelistet sind. Der Spargelbauer musste an vieles denken. "Die Arbeiter haben bei uns Verköstigung über den ganzen Tag. Bei der Versorgung haben wir noch ordentlich nachgelegt, damit die Kollegen nicht in den Supermarkt gehen müssen. Wir versuchen, alle möglichen Infektionswege zu schließen."
Höhere Preise für Obst und Gemüse?
Solche Sorgen aus der Landwirtschaft hört der Präsident des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, aus dem ganzen Land. Viele Höfe seien inzwischen in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. "Die Corona-Schutzmaßnahmen sind aufwändig und teuer. Dazu kommt ein erheblicher Mehraufwand an Bürokratie. Das trifft alle Betriebe."
Müssen sich die Verbraucher daher auf höhere Preise für Obst und Gemüse einstellen? Rukwied schüttelt mit dem Kopf. "Die Preise regelt der Markt durch Angebot und Nachfrage. Die Mehrausgaben wegen Corona spielen da keine Rolle."
Zankapfel Sozialversicherungsfreiheit
Eine wichtige Rolle spielt laut Rukwied derzeit das Bundesarbeitsministerium. Es geht um die sogenannte Sozialversicherungsfreiheit für Erntehelfer. Danach sind in den ersten drei Monaten ihrer Tätigkeit keine Sozialabgaben zu zahlen, da sie nur als kurzfristig beschäftigt eingestuft werden. Dank der Regelung können die Saisonarbeiter deutlich mehr verdienen.
Im vergangenen Jahr wurde diese Grenze wegen der Pandemie auf fünf Monate ausgeweitet. So sollten häufigere Personalwechsel auf den Höfen vermieden werden, um das Ansteckungsrisiko zu senken. Das sollte auch 2021 nochmals gelten, verlangt Rukwied. "Wir müssen alles tun, um die Risiken zu senken. Deshalb ist eine Ausweitung auf fünf Monate so wichtig."
Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU drängt schon seit Wochen auf eine nochmalige Ausnahmeregelung. "Wenn ausländische Saisonarbeitskräfte länger in den Betrieben bleiben dürfen, reduziert das die Mobilität - es ist ein Beitrag zur Pandemiebekämpfung. Zugleich hilft es den Betrieben bei Ernte und Aussaat."
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat aber bisher den Forderungen nicht nachgegeben. Der Sozialdemokrat fürchtet offenbar, dass aus der Ausnahme von 2020 die neue Regel werden könnte - auch für andere Branchen.
Ministeriumssprecher Mathias Paul teilt auf Anfrage mit, dass eine Beschäftigung, die den zulässigen Zeitrahmen von drei Monaten übersteige, grundsätzlich nicht mehr als kurzfristig angesehen werden könne. Daher sei jede auch nur zeitweise Erweiterung mit dem sozialen Schutz der Beschäftigten abzuwägen. Deshalb prüft das Ministerium derzeit eine nochmalige Ausweitung auf über die Drei-Monats-Frist hinaus.
Viele Landwirte fühlen sich aber hingehalten. Sie klagen, die nächsten Monate seien für die Landwirtschaft entscheidend. Man brauche jetzt dringend mehr Planungssicherheit für Ernte, Aussaat und Bewirtschaftung.
Spargelbauer Andreas Eberhardt aus der Pfalz (r.) ist bei der Ernte auf ausländische Hilfskräfte angewiesen.
Die Sorge vor dem Virus ist immer da
Landwirt Eberhardt aus der Pfalz begleitet die ganze Zeit eine große Sorge: Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen könnte das Virus gerade jetzt in der Erntezeit doch auf den Hof eingeschleppt werden. Was würde dann passieren? Der Landwirt zuckt mit den Schultern. "Ich weiß nicht, wie die Behörden dann reagieren. Würde der infizierte Arbeiter in Quarantäne gehen und wir könnten weiterarbeiten, wäre das in Ordnung. Aber ebenso könnte der ganze Betrieb auch dichtgemacht werden. Dann wäre die Ernte eines ganzen Jahres weitgehend verloren. Das wäre für meinen Betrieb das Todesurteil."