GDL-Chef zum Bahn-Warnstreik "Die Arbeitgeberseite hat null Lösung"
Ein letzter Streik vor dem "Weihnachtsfrieden": Im Tarifstreit erhöht die Lokführergewerkschaft GDL mit ihrem Warnstreik ab dem Abend noch einmal den Druck auf die Bahn. Das Unternehmen reagiert mit scharfer Kritik.
Kurz vor dem zweiten Adventswochenende steht bei der Bahn der nächste Warnstreik bevor. Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihre Mitglieder aufgerufen, die Arbeit am Abend niederzulegen. Der Ausstand bei der Deutschen Bahn hat im Güterverkehr um 18 Uhr begonnen, im Personenverkehr soll er dann um 22 Uhr starten und am Freitagabend um 22 Uhr enden.
Einschränkungen werden schon vor Beginn des Warnstreiks erwartet, ebenso danach. Zum Streik aufgerufen sind sämtliche Arbeitnehmer unter anderem in den Bereichen Fernverkehr und Regionalverkehr, ebenso die Mitarbeiter der S-Bahnen in Berlin und Hamburg. Neben der Deutschen Bahn gilt der Ausstand auch für die Regionalzug-Betreiber Transdev, AKN Eisenbahn und die City-Bahn Chemnitz.
GDL-Chef: Bahn muss Schichtsystem attraktiver machen
Die Gewerkschaft will so unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. Seit zwei Jahren fehle es der Bahn an neuen Auszubildenden, sagte GDL-Chef Claus Weselsky im Interview mit tagesschau24. "Das heißt, wir wissen jetzt schon, dass gar nicht mehr genügend den Beruf ergreifen wollen, aber die Arbeitgeberseite hat null Lösung", meinte er. Daher müsse die Bahn die Wochenarbeitszeit stufenweise reduzieren, um das Schichtsystem gerade für jüngere Menschen wieder attraktiver zu machen.
Weselsky hatte die Tarifverhandlungen am 24. November für gescheitert erklärt, weil die Bahn unter anderem bei diesem Punkt bislang keinen Verhandlungsspielraum signalisierte. Die Lokführergewerkschaft fordert für Schichtarbeiter eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche, dazu 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Die Bahn hat bisher eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie angeboten. Das hatte die GDL als unzureichend abgelehnt.
Deutsche Bahn: "Verantwortungslos und egoistisch"
Die Bahn reagierte auch jetzt mit scharfer Kritik auf den angekündigten Streik. "Die Lokführergewerkschaft vermiest Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel ist verantwortungslos und egoistisch", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. "Anstatt zu verhandeln und sich der Wirklichkeit zu stellen, streikt die Lokführergewerkschaft für unerfüllbare Forderungen. Das ist absolut unnötig."
Während des Ausstands gilt ein Notfahrplan mit stark reduziertem Angebot. Dieser ist nach Angaben der Bahn inzwischen online auf der Internetseite sowie in der App abrufbar. Zudem habe die Bahn erneut eine Streik-Rufnummer eingerichtet. Unter 08000 99 66 33 könnten sich betroffene Fahrgäste über ihre Verbindungen informieren.
Der Konzern will wie beim zurückliegenden GDL-Warnstreik wieder rund 20 Prozent des Fernverkehrs aufrechterhalten. In Bayern wird das nach Angaben der Bahn jedoch nicht möglich sein, weil man dort noch mit den Folgen des starken Schneefalls zu tun habe. Die Bahn empfiehlt ihren Fahrgästen erneut, Reisen zu verschieben oder auf Fahrten am Donnerstag und Freitag zu verzichten.
Keine Streiks über die Feiertage
Nach dem Warnstreik will die GDL bis zum 7. Januar nicht mehr streiken. Zumindest diese Ankündigung der GDL begrüßte die Deutsche Bahn. Die Gewerkschaft habe mit diesem "Weihnachtsfrieden" den "Weg der Besinnung eingeschlagen", sagte DB-Personalvorstand Seiler. Das sei eine gute Nachricht für die Fahrgäste.
Bei tagesschau24 kündigte Weselsky aber bereits an: Anschließend werde der Arbeitskampf "länger und härter sein". "Und die Verantwortung trägt zumindest mal 50 Prozent der Bahnvorstand, der das Eisenbahnsystem in diesen üblen Zustand gebracht hat."
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die Kurzfristigkeit der Streikankündigung durch die GDL. "Wir möchten, dass zwei Tage vorher bekannt gegeben wird, wann gestreikt wird, damit sich der Fahrgast darauf einstellen kann", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß der Nachrichtenagentur dpa. Im jüngsten Fall sei es nur ein Tag.
dbb: Warnstreik kein Problem für eigene Tarifverhandlungen
Aus Sicht des Deutschen Beamtenbunds (dbb) ist der Warnstreik kein Problem für die zur gleichen Zeit angesetzten Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder. Die Verhandlungsteams seien bereits nach Potsdam angereist, sagte ein dbb-Sprecher am Morgen auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Mache die Bahn ihren Job, sei auch die Abreise am Samstag nach dem Warnstreikende nicht gefährdet.
Der Arbeitskampf der GDL, die Mitglied im dbb ist, stehe nicht im Widerspruch zu den jüngsten Aussagen des dbb-Vorsitzenden Ulrich Silberbach, betonte der Sprecher. Silberbach hatte kürzlich der "Stuttgarter Zeitung" gesagt: "Es wäre ein Unding, wenn unsere Aktionen durch Streiks der eigenen Mitgliedsorganisation torpediert würden."