GDL-Warnstreik Notfahrplan läuft laut Bahn stabil
Der bundesweite Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL trifft vor allem Pendler: Stellenweise fährt laut Deutscher Bahn so gut wie nichts - obwohl der Notfahrplan stabil angelaufen sei.
Nach Angaben der Deutschen Bahn ist der Regional- und Fernverkehr sowie der S-Bahn-Betrieb wegen des Warnstreiks der Lokführergewerkschaft GDL massiv eingeschränkt. Der Ausstand war gestern um 22:00 Uhr angelaufen und führte seitdem vor allem für Berufspendler zu Verzögerungen auf dem Arbeits- und Nachhauseweg.
Zwar sei der Notfahrplan wie geplant und stabil angelaufen, teilte die Deutsche Bahn mit. Die Auswirkungen des Streiks seien aber regional sehr unterschiedlich: Im Fernverkehr fahren laut Bahnsprecher Achim Stauß etwa 20 Prozent der Züge, im Nahverkehr gebe es einzelne Regionen, in denen die Bahn überhaupt nicht fahren könne. Er rief erneut dazu auf, für den heutigen Tag geplante Fahrten zu verschieben - auch nach dem geplanten Streikende um 18:00 werde der Verkehr nicht gleich perfekt anlaufen.
Von Ein-Stunden-Takt bis "so gut wie nichts"
In Nordrhein-Westfalen waren am Morgen einzelne Stellwerke nicht besetzt - somit hat dort der Streik auch Auswirkungen auf andere Bahnunternehmen, da ohne Fahrdienstleiter ganze Streckenabschnitte nicht befahren werden können. Entsprechend ruhig war es am Morgen am Kölner Hauptbahnhof.
In Berlin und Brandenburg werden nach Angaben eines Sprechers auf einzelnen Strecken Ersatzbusse eingesetzt - die Kapazitäten eines Zuges können damit aber nicht vollständig ersetzt werden.
Zur Lage in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sagte ein Sprecher: "Es fährt so gut wie nichts". Da der Organisationsgrad der GDL dort sehr hoch ist, dürfte die Region besonders stark von den Auswirkungen des Warnstreiks betroffen sein.
In Bayern war nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers am Morgen noch unklar, wie viele Bahnangestellte dem Aufruf der GDL gefolgt seien. Laut Bahn kommt es aber zu massiven Beeinträchtigungen im Nah- und Fernverkehr. Im Raum München verkehren die meisten S-Bahnen laut dem "Münchner Merkur" im 60-Minuten-Takt statt wie üblich alle 20 Minuten, ausgenommen die S1 und S8 Richtung Flughafen. Im Raum Nürnberg werden die S5 und S6 komplett stillstehen, für die Linien S1 bis S4 "erarbeitet" die Bahn Notfallpläne, wie das Regionalportal "inFranken.de" berichtet.
In Norddeutschland waren die Regionalbahnen seltener als gewöhnlich unterwegs: Etwa zwischen Lübeck und Hamburg sollte laut Bahn ein Ein-Stunden-Takt gelten, zwischen Kiel und Hamburg ein Zwei-Stunden-Takt. Züge zwischen Heide und Itzehoe, Husum und Kiel sowie Travemünde und Lübeck sollten demnach ganz entfallen.
In Mecklenburg-Vorpommern sollen laut einer Sprecherin die Verbindungen Wismar-Rostock-Tessin und Rostock-Rövershagen-Graal-Müritz sowie der Verkehr zwischen Rostock und Warnemünde bestehen bleiben - "ansonsten gibt es nahezu keine Fahrten".
Weselsky weist Vorwürfe zurück
Die Gewerkschaft hatte den Streik erst am Dienstag überraschend angekündigt, zu dem unter anderem Lokführer, Zugbegleiter, Werkstattbeschäftigte und Fahrdienstleiter aufgerufen sind. GDL-Chef Claus Weselsky verwehrte sich gegen Vorwürfe, dass die Gewerkschaft nach nur einer Verhandlungsrunde bereits eskalierend handle: Man könne keinen Kompromiss erzielen, wenn die Arbeitgeberseite Verhandlungen über die Wochenarbeitszeit und Tarifverträge für Fahrdienstleiter grundsätzlich ablehne, sagte er dem Radiosender WDR5. Seinerseits machte er dem Management der Bahn Vorhaltungen: "Was bietet denn die Eisenbahn seit den letzten zwei Jahren? Ein Chaos. Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit", sagte er.
GDL fordert 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter bei Lohnausgleich
Die GDL fordert bei einer Tariflaufzeit von einem Jahr eine Lohnerhöhung von monatlich mindestens 555 Euro sowie eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent und eine steuerfreie Inflationszahlung von 3.000 Euro. Kernanliegen ist aber eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in einer Vier-Tage-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst.
Das von der Bahn vorgelegte erste Angebot hält die Gewerkschaft für unzureichend: Das Unternehmen bietet elf Prozent mehr Lohn und eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten. Die von der GDL geforderte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ist aus Sicht der Bahn nicht umsetzbar.
Die nächsten vereinbarten Gesprächstermine sind der 23. und 24. November. Ob diese stattfinden, ist derzeit offen. Weselsky sagte der dpa: "Das haben wir noch zu bewerten" - er könne nur darauf verweisen, dass Verhandlungen vereinbart waren. Weitere Warnstreiks schloss der GDL-Chef jedenfalls nicht aus.
Die Deutsche Bahn hatte nach der Ankündigung des Streiks am Dienstag die für diese Woche geplante zweite Tarifverhandlungsrunde abgesagt. "Entweder man streikt oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht", sagte Personalvorstand Martin Seiler.