Bilanz der Hannover Messe Neustart geglückt
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause war die Spannung groß: Würde die Hannover Messe an alte Erfolge anknüpfen können? Heute zog die Industrieschau Bilanz.
"Das Format Messe hat die Pandemie überlebt." Das ist die Bilanz von Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG. Köckler hält die Industrieschau sogar für relevanter denn je. An den Zahlen, die er nach knapp vier Tagen Industrieschau präsentiert, lässt sich das allerdings nicht so ohne weiteres ablesen: Nur halb so viele Aussteller wie vor der Pandemie, dazu nur rund 75.000 Besucher, in Spitzenzeiten war es mehr als 200.000. Aber dafür, so Köckler, sei der inhaltliche Schwerpunkt der Messe brandaktuell gewesen.
"Faszinierende" technische Ideen
In der Tat gab es in der langen Geschichte der Hannover Messe kaum eine, die derart politisch war - und auf der in einem solchen Umfang Lösungen für viele der größten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen gezeigt wurden. Wirtschaftsminister Robert Habeck fasste das bei einem seiner beiden Besuche so zusammen: "Was wir hier auf der Messe sehen, ist die Spiegelung der großen Probleme unserer Zeit mit konkreten Antworten." Als "faszinierend" bezeichnete der Grünen-Politiker die technischen Lösungen, die viele Unternehmen zu Themen wie Klimaschutz, Energieeffizienz und Digitalisierung gefunden hätten.
Klimaneutralität und Digitalisierung im Fokus
Die Wirtschaft auf dem Weg in eine klimaneutrale Produktion - wer dazu etwas anzubieten hatte, konnte von der Messe in diesem Jahr besonders profitieren, sagt Gunther Kegel, Präsident des Verbandes der Elektro- und Digitalindustrie. Eines der Megathemen: sogenannter grüner Wasserstoff, erzeugt aus nachhaltigen Quellen wie Wind- oder Solarenergie.
Zu den Ausstellern aus diesem Bereich gehört zum Beispiel die Firma GP Joule, deren Geschäftsmodell auf allen Themen rund um die Energiewende basiert. "Diese Hannover Messe hat gezeigt, dass die Wichtigkeit der Erneuerbaren Energien bei allen angekommen ist", sagt Ove Petersen, Mitgründer von GP Joule. "Unsere Themen - die Energiewende, die Dekarbonisierung der Industrie, Grüner Wasserstoff - sind in den Mittelpunkt gerückt." Für sein Unternehmen sei es die bisher erfolgreichste Messe gewesen.
Aber auch Industrieriesen mit traditionell großem CO2-Fußabdruck wie Salzgitter Stahl nutzten die Hannover Messe, um ihren Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu zeigen. "Salcos", so der Name des Projekts, dessen Ziel es ist, die CO2-Emissionen mittels Wasserstoff drastisch zu senken.
Der Siemens-Konzern bezeichnet Nachhaltigkeit ebenfalls als einen der beiden großen Messetrends. Der zweite: Digitalisierung. Vorstandsmitglied Cedrik Neike spricht in dem Zusammenhang vom "Ketchupflaschen-Effekt": Gut elf Jahre habe man auf den Flaschenboden geklopft, jetzt habe sich der Pfropf gelöst. Digitale Konzepte würden in der Industrie nun schneller umgesetzt als früher. Corona-Pandemie und gestörte Lieferketten hätten die Entwicklung beschleunigt.
"Sorgenkind" China
Auch der Verband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) zeigt sich am Ende der Hannover Messe zufrieden - und selbstbewusst. Der mittelständische Maschinen- und Anlagenbau entwickle nichts Geringeres als "die Produktionslösungen für eine Welt im Wandel". Das sei mit dieser Messe deutlich geworden.
Für die Zukunft der Messe wünschen sich einige Aussteller und Verbände eine noch stärkere Ausrichtung auf Zukunftsthemen wie Wasserstoff. Messechef Köckler erwartet, dass dieser Bereich im kommenden Jahr tatsächlich noch umfangreicher ausfallen wird.
Unklar ist dagegen noch, wie es mit China weitergeht. Weniger als 100 Aussteller aus dem Land waren in diesem Jahr dabei - vor der Pandemie waren es 1300, dazu knapp 10.000 Besucherinnen und Besucher. Eine Lücke, die dieses Jahr aufgefallen ist. Trotzdem zeigt sich Köckler überzeugt: "Die Signale für die Hannover Messe stehen auf Wachstum."