Spatenstich in Dresden Meilenstein für EU-Chipproduktion?
Infineon feiert den Baustart einer neuen Chipfabrik in Dresden. Das Projekt soll helfen, die Abhängigkeit von Halbleiter-Importen zu verringern. Bundeskanzler Scholz ist voll des Lobes.
Der Münchner Halbleiterhersteller Infineon investiert fünf Milliarden Euro in das neue Werk in Dresden. Das ist die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Der Ausbau soll etwa 1000 neue Jobs schaffen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht im Ausbau des Dresdner Chip-Werks von Infineon einen wichtigen Meilenstein für den Aufbau einer Massenfertigung von Halbleitern innerhalb der Europäischen Union. "Dresden ist ohne jeden Zweifel ein digitaler Leuchtturm in Europa", sagte von der Leyen.
Abhängigkeiten in Lieferketten verringern
Der Schwerpunkt des EU-Chip-Acts liegt auf dem Aufbau der heimischen Produktion, wie von der Leyen betont. Die EU strebe an, den Anteil an der weltweiten Chipproduktion auf 20 Prozent zu verdoppeln. Weil der Chipmarkt insgesamt wachse, bedeute dies, dass die derzeitigen Kapazitäten vervierfacht werden müssten.
Die Abhängigkeit von einzelnen Rohstofflieferanten stelle ein Risiko dar, betonte die Kommissionschefin. Insbesondere Silizium, der am häufigsten genutzte Rohstoff für die Chipbranche, werde derzeit von China mit einem Anteil von 76 Prozent dominiert. Deshalb wolle die EU mit neuen Projekten in Europa, aber auch Partnerschaften mit Ländern wie Australien, den USA und Kanada für Alternativen sorgen und so die Lieferketten europäischer Unternehmen absichern.
Weitere Großinvestitionen in Sachsen?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, dass es nicht um eine Abkopplung von Wirtschaftsräumen gehe. Das wäre der falsche Weg. Wichtig sei es jedoch, das Risiko zu verringern, Bezugsquellen zu diversifizieren und eigene Kapazitäten strategisch aufzubauen, sagte Scholz.
Halbleiter seien "das Erdöl des 21. Jahrhunderts", so der Kanzler - und lobte: "Hier entsteht Deutschlands Zukunft." Chips seien die Grundlage aller wesentlichen Transformationstechnologien - vom Windpark bis zur Ladesäule. Die in Dresden gefertigten Chips trügen dazu bei, "Arbeitsplätze zu sichern und unsere Industrie - vom Mittelstand bis zum Großkonzern - widerstandsfähiger zu machen."
Zudem hält Scholz weitere Chip-Investitionsprojekte für möglich: "Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Großinvestition die letzte ist, die wir in Silicon Saxony erleben werden." Zuletzt hatte TSMC-Chef, C.C. Wei, erklärt, der taiwanische Chipkonzern prüfe den Bau einer Halbleiter-Fabrik in Europa, die sich auf Kunden in der Autobranche spezialisieren solle.
Hinkt das europäische Fördervolumen hinterher?
Mit dem European Chips Act mit einem Gesamtvolumen von 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen soll der weltweite Anteil der Halbleiterproduktion in Europa innerhalb von zehn Jahren auf 20 Prozent verdoppelt werden. Damit will die EU zu den USA und asiatischen Ländern aufschließen, die zum Teil weitaus größere Förderpakete geschnürt haben.
In den USA stehen 52 Milliarden Dollar für die Chipindustrie bereit, in Asien sind es Hunderte Milliarden. Dennoch zieht das EU-Programm Investoren an: Seit Bekanntwerden der Pläne im vergangenen Jahr wurden nach Angaben eines EU-Vertreters Investitionen von mehr als 100 Milliarden Euro angekündigt.
Infineon-Chef Jochen Hanebeck sagte, die europäische Förderung der Branche sei ein wichtiger Schritt, Europa im globalen Halbleitersystem an der Spitze zu positionieren. Bei der Inbetriebnahme im Herbst 2026 erhofft sich der Konzern jährliche Erlösen von etwa fünf Milliarden Euro, was einem Umsatzplus von etwa einem Drittel entspräche. Infineon strebt eine Förderung von einer Milliarde Euro an.
Neben Infineon investieren derzeit auch andere Chiphersteller in Deutschland. So baut der US-Konzern Wolfspeed ein Werk im Saarland und investiert dafür 2,75 Milliarden Euro. Intel baut eine große Fabrik in Magdeburg.