Milliardenmarkt Musikstreaming Die Jagd nach den Songkatalogen
Für die Rechte an den Songs von Neil Young, Shakira oder Bob Dylan werden enorme Summen aufgerufen. Investmentfonds und Beteiligungsgesellschaften wittern ein Milliardengeschäft.
Die Rechte an den Musikbibliotheken berühmter Musiker sind derzeit heiß begehrt. Dabei zahlen Beteiligungsgesellschaften und Musikverklage erstaunlich hohe Summen. Und das Geschäft nimmt immer mehr Fahrt auf.
Der US-Finanzinvestor KKR ist mit mehr als 200 Milliarden Dollar, die das Management verwaltet, ein Riese unter den Beteiligungsgesellschaften. KKR hat das Geschäft mit den Musikrechten schon früher entdeckt. So hielten die Amerikaner vor einigen Jahren einen Mehrheitsanteil an der Musikrechtefirma BMG Rights Management, den sie an Bertelsmann verkauften. Mitte Januar dieses Jahres erwarb KKR den größten Anteil am Songkatalog des Songwriters Ryan Tedder und seiner Band OneRepublic - für 200 Millionen Dollar, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
Der Rockmusiker Neil Young und die Popsängerin Shakira sind dagegen mit dem britischen Unternehmen Hipgnosis Songs Fund ins Geschäft gekommen. Shakira verkaufte die Rechte an 145 Songs, zuvor hatte Hipgnosis schon bei Neil Young zugegriffen, der einen Anteil von 50 Prozent an seinem Katalog für 150 Millionen Dollar verkaufte.
Auch BMG mischt mit. Der Musikverlag erwarb die Anteile von Gründer und Schlagzeuger Mick Fleetwood an den Songs von Fleetwood Mac. Der Preis ist zwar unbekannt, aber BMG teilte mit: "Es handelt sich dabei um den größten Deal der letzten zwei Jahre."
Es locken die Lizenzgebühren
Warum kaufen Unternehmen Songrechte? Es geht um die Lizenzgebühren. Die Songs können nicht nur für den Alltags-Soundteppich durch das immer beliebter werdende Streamen verwendet werden. Lizenzgebühren fallen ebenfalls an, wenn Lieder für Werbung genutzt, in TV-Serien gespielt werden, im Internet laufen oder als Coverversionen neu interpretiert werden. Hinter den Investitionen steckt das Kalkül, von globalen Wachstumsmärkten zu profitieren - denn Musik ist mittlerweile überall.
Zum anderen sind Finanzinvestoren, Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften in Zeiten von Niedrigzinsen der Notenbanken auf der Suche nach Möglichkeiten, stabile Einnahmen zu generieren. Und die scheint ein Musikkatalog voll großer Werke und Künstler zu garantieren.
Streaming macht den meisten Umsatz
Das Musikgeschäft ist schließlich ein Milliardenmarkt. Laut einer aktuellen Studie, die Oxford Economics im Auftrag der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) durchgeführt hat, trägt der Musiksektor jährlich 81,9 Milliarden Euro zur Wirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten und in Großbritannien bei.
Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), fasst die Zahlen für den deutschen Markt zusammen: "In den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 stammten bereits zwei Drittel (65,7 Prozent) des Umsatzes aus Audio-Streaming-Einnahmen, zusammen mit Downloads und Video-Streaming wurden insgesamt drei Viertel des Umsatzes online erwirtschaftet."
Spotify: Audio-Streaming ist ein Milliardenmarkt
Aufhübschen für den Börsengang?
Dass große Namen ziehen, weiß auch die Universal Music Group. Sie ist Teil des Medienkonzerns Vivendi und sorgte im Dezember des vergangenen Jahres für besonderes Aufsehen, als sie für 300 Millionen Dollar den Werkkatalog Bob Dylans mit rund 600 Songs erwarb. Der Katalog von UMG war auch ohne Dylan schon exquisit: Neben den Dauerbrennern Beatles und Rolling Stones hat das Unternehmen auch Taylor Swift, Lady Gaga, Alicia Keys oder Coldplay im Angebot.
Angesichts aktueller Nachrichten bezüglich UMG erscheint der Kauf noch in einem weiteren Licht: Es geht offenbar nicht nur darum, den erfolgreichen eigenen Streamingdienst noch attraktiver zu machen. Das Management des Mutterkonzerns Vivendi teilte mit, dass für die Musiktochter ein Börsengang noch in diesem Jahr geplant sei.
Mit dem Zugpferd Dylan sollen auch Investoren für den kommenden Börsengang angelockt werden: Je attraktiver der Katalog, desto attraktiver die Aktie. Aktuell soll UMG einen Unternehmenswert von rund 30 Milliarden Dollar besitzen. 60 Prozent des Unternehmens sollen an die Börse gehen.
Auch Tencent mischt kräftig mit
Das Geschäft mit den Musikrechten wird längst auch in Asien als Renditebringer betrachtet. Denn von einem Börsengang würde der chinesische Internetkonzern Tencent massiv profitieren. Erst Ende 2020 hatte ein Konsortium unter der Leitung Tencents den Anteil an UMG auf 20 Prozent erhöht.
Denn Internet- und Medienkonzerne kämpfen verstärkt um Inhalte, die Nutzer vor dem Rechner halten sollen. Das funktioniert nicht nur mit Musik, Filmen und Videos, sondern für Tencent vor allem auch in der Gaming-Branche. Dort hat sich der Konzern längst so etwas wie eine global dominierende Rolle gesichert - jetzt gehört ihm noch ein Fünftel der Musik von Bob Dylan und den Beatles.
Die Börse reagierte mit Begeisterung auf die Ankündigung von Vivendi: Die Aktie sprang zeitweise um rund 24 Prozent an - und erreichte den höchsten Stand seit rund zwei Jahrzehnten.