Geld für Klimaschutz Private Investoren dringend gesucht
Milliarden werden für die Energiewende in Deutschland benötigt. Doch gerade kleine Unternehmen kommen nur schwer an Kredite für den Klimaschutz. Künftig soll mehr Geld von privaten Investoren kommen.
Wenn von Investitionen für Klimaschutz und Energiewende die Rede ist, bleibt oft unklar, worauf sich der Investitionsbedarf stützt. Es sind aber stets enorme Beträge. Unlängst nannten Vertreter der öffentlichen Versorgungsunternehmen 100 Milliarden Euro jährlichen Investitionsbedarf für die Energiewende.
Bei einer Veranstaltung des Bankenverbandes hieß es kürzlich, 190 Milliarden müssten jährlich in Klimaschutz investiert werden. Die dieses Jahr aufgewandten tatsächlichen Investitionen wurden mit nur 22 (Versorger) beziehungsweise 72 Milliarden Euro (Bankenverband) angegeben.
Der Staat kann es nicht allein
Einig sind sich Vertreter der Wirtschaft, dass die hohen Beträge nicht allein vom Staat finanziert werden können. "Der plötzliche Wegfall von 60 Milliarden Euro aus dem Kima- und Transformationsfonds durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht den Handlungsbedarf noch dringlicher: Wir können uns bei der Finanzierung der Energiewende nicht auf öffentliche Mittel verlassen", sagt die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und frühere Grünen-Politikerin Kerstin Andreae: "Mehr denn je gilt es, privates Kapital für die Energiewendeprojekte zu gewinnen."
Für die im BDEW organisierten Stadtwerke und Regionalversorger ist es allerdings schwierig, zusätzliche Bankenkredite zu bekommen. Europäische Vorschriften erfassen große Unternehmen und sortieren sie in grünen Güteklassen ("Taxonomie"). Daran sollen sich Banken im Kreditgeschäft orientieren. Das sei "nicht zum Nachteil kleinerer, noch nicht durch die Taxonomie erfasster Unternehmen auszulegen", heißt es in einem gestern veröffentlichten Thesenpapier kommunaler und staatlicher Unternehmen. Stadtwerke und Regionalversorger würden sonst von Bankkrediten abgeschnitten.
Weniger Bankenregulierung?
Dabei ist die Möglichkeiten von Banken, mehr Kredite für Klimaschutz zu vergeben, ohnehin begrenzt. Zwar sind sich Geldhäuser, die staatliche Bankenaufsicht und die Notenbanken einig, dass die Finanzierung klimaschädlicher Unternehmen aufhören muss. Doch ist es schwer, die richtigen Maßstäbe für grüne Kredite zu finden. Die Präsidentin des Volks- und Raiffeisenbankenverbandes, Marija Kolak, forderte gestern, strenge Sicherheitsvorschriften für Banken bei grünen Krediten aufzuweichen.
"Es wird nicht alles über staatliche Haushalte funktionieren, und es wird auch nicht alles über Banken funktionieren" sagte Commerzbank-Vorstand Michael Kotzbauer beim Verband der Privatbanken. Einig sind sich Banker und Unternehmen, dass neue Finanzierungsmöglichkeiten her müssen. Es geht darum, private Anleger in die Finanzierung der Transformation zu ziehen. Das können große Fonds und Versicherungen sein, aber auch Privatleute.
Risiken an Private
Commerzbank-Vorstand Kotzbauer forderte neue Regeln zur Verbriefung. Dabei bündeln Banken Kredite, verkaufen sie an Investoren, werden damit das Risiko los und können neues Geschäft machen. Der BDEW und der Verband der Kommunalunternehmen nennen zudem Schuldscheine, Anleihen und Verpfändungen, um an privates Geld zu kommen. Auch könnten Großprojekte wie Windparks an eigenständige Zweckgesellschaften abgegeben werden, an denen sich Private mit vollem unternehmerischem Risiko beteiligen können.
Das Thesenpapier der öffentlichen Versorger macht deutlich, dass private Investitionen in den Klimaschutz problematisch sein können. Die Risiken neuer Techniken sind noch nicht völlig klar. Die Renditen müssen bei unklaren oder höheren Risiken höher sein als bei herkömmlichen Geldanlagen. "Die Energiewende wird scheitern, wenn Investitionen in unsere Energiezukunft für die Kapitalgeber nicht attraktiv genug sind", heißt es in dem Thesenpapier, das kritisch die Übergewinnsteuer des vergangenen Jahres nennt. Wenn Anleger nicht sicher sein können, Chance auf gutes Geschäft zu haben, werden sie andere Investments suchen.
Stadtwerke müssen besser werden
Manches im Thesenpapier der öffentlichen Versorgungsunternehmen ist als Mahnung an die eigene Klientel zu lesen. Erwähnt wird, dass zahlreiche Stadtwerke jahrzehntelang unbesorgt wirtschaften konnten. Viele regionale Monopolisten haben dauerhaft hohe Strom- und Gaspreise kassiert, ihr Personal bestens bezahlt und nebenbei noch Verlustbringer wie Buslinien und Schwimmbänder finanziert.
Mit dem Kapitalmarkt mussten sie sich nicht befassen. Bei Finanzierung der Transformation stünden "enorme Aufgaben" an, weil private Investoren - gänzlich ungewohnt - "detaillierte und integrierte Finanz- und Geschäftspläne, die mehrere Jahre umfassen" verlangen. "Sicher ist: Ein Energiewendeprojekt muss erst finanziert werden, bevor der erste Bagger bestellt werden kann."