Folgen der hohen Inflation Kliniken in der Kostenfalle
Steigende Preise für Energie und Medizinprodukte treffen laut Deutscher Krankenhausgesellschaft die Kliniken hart. Deshalb brauche es Hilfe vom Staat - und eine Reform der Krankenhaus-Finanzierung.
"Das Heizöl ist für uns im Juli knapp ein Drittel teurer geworden", klagt Hendrik Weinz. 20.000 Liter passen in den Notfall-Tank seines Krankenhauses. Weinz ist Verwaltungsdirektor am Klinikum in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. 1300 Menschen arbeiten hier. Mit mehr als 500 Betten ist das Krankenhaus ein Schwerpunktversorger. Im Regelbetrieb heizen sie hier allerdings mit Gas.
Die meisten Kliniken brauchen Gas
Damit ist die Klinik am Rande des Hunsrücks nicht allein: Neun von zehn Krankenhäusern sind, so eine Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), in Deutschland auf Gas angewiesen. "Auch eine Gasumlage würde uns hart treffen", sagt Weinz.
Der Betrieb eines Krankenhauses ist zudem sehr energieintensiv: Laut der gemeinnützigen Stiftung viamedica verbraucht ein Krankenhausbett jährlich rechnerisch so viel Energie wie vier Einfamilienhäuser. Die Unimedizin in Mainz beispielsweise rechnet für 2022 mit 2,7 mal höheren Energiekosten als im Vorjahr.
Krankenhaus-Finanzierung schon jetzt am Limit
96 Prozent der befragten Kliniken können höhere Kosten bereits jetzt nicht mehr aus eigenen Erlösen bezahlen. Das zeigt eine Umfrage des deutschen Krankenhausinstitutes. Das Problem ist das Finanzierungssystem der Krankenhäuser: Vereinfacht gesagt bekommen die Klinken Geld vom Staat für Investitionen und von den Krankenkassen für die Betriebskosten per sogenannter Fallkostenpauschalen.
Diese Pauschalen wurden zuletzt im Dezember 2021 neu verhandelt. Laut DKG sind für 2022 Steigerungen der Einnahmen von 2,32 Prozent vorgesehen. Die prognostizierte Inflationsrate für August liegt laut Statistischem Bundesamt allerdings bei knapp acht Prozent.
Nicht nur Energie ist teurer
"Ein Krankenhaus mittlerer Größe wird nach aktuellen Berechnungen 2023 über sechs Millionen Euro mehr für Gas und Strom bezahlen als im Jahr 2021", sagt der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. "Insgesamt gehen wir für das Jahr 2023 von einer Unterdeckung von zehn Milliarden aus."
"Es wird ja nicht nur Energie teurer, sondern auch viele andere medizinische Leistungen", erklärt Krankenhausdirektor Weinz in Idar-Oberstein. "Beispielsweise Zytostatika, also Medikamente der Krebstherapie, und durch höhere Transportkosten eigentlich alles, was uns hier erreicht." Auch höhere Kosten für Baumaterial treffen die Klinik, die gerade eine Baumaßnahme plant. "Es ist vollkommen unmöglich, das zu kalkulieren."
Personelle Belastungen durch Corona
Auch in der Pfalz bei den Asklepios Südpfalzkliniken in Germersheim und Kandel ist die Lage ähnlich. Und die Corona-Pandemie, in der viele Betten leer blieben, belastet die Klinik noch immer. Es gab staatliche Zahlungen, die die wirtschaftliche Lage der Kliniken in Deutschland verbesserten. Diese Hilfen sind allerdings ausgelaufen.
"Unser Personal hat während der vergangenen zwei Jahre Höchstleistung erbracht", sagt Geschäftsführer Frank Lambert. "Noch heute versorgen wir Corona-Patienten, und wir rechnen damit, dass deren Anzahl zum Herbst hin wieder steigen wird. Unsere Mitarbeiter fallen selbst krankheitsbedingt aus, und es fehlt insgesamt Fachpersonal, um das überhaupt ausgleichen zu können. Wir sind gefangen in einem Hamsterrad." Laut RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung könnten bereits 2023 drei Viertel aller Kliniken rote Zahlen schreiben.
Forderung nach einem Inflationsausgleich
"Ohne einen Inflationsausgleich zur Stabilisierung der Krankenhäuser droht ein massiver Personalabbau mit negativen Folgen für die Patientenversorgung", sagt DKG-Chef Gaß. "Wir brauchen jetzt kurzfristige finanzielle Hilfe und langfristig vernünftige Struktur- und Finanzierungsreformen."
Die Krankenkassen zeigen Verständnis für kurzfristige Forderungen. Allerdings: "Die Probleme der Krankenhäuser haben ihre Ursache in nicht bedarfsgerechten Strukturen", sagt Florian Lanz vom GKV-Spitzenverband. "Mittlerweile werden rund 40 Prozent der Krankenhausbetten regelmäßig nicht benötigt. Viele kleine Kliniken, gerade in Ballungsgebieten, binden Geld und Personal, obwohl sie für die gute Versorgung der Bevölkerung nicht mehr in dieser Form benötigt werden."
Über die Art und Weise einer Reform streiten DKG, Krankenkassen und Politik seit Jahren. Grundsätzlich meint DKG-Chef Gaß dazu: "Wir werden in den Regionen prüfen müssen, welche Standorte erhalten bleiben und welche Fusionen es geben wird."