HelloFresh und Delivery Hero Vom Krisengewinner zum Verlierer
Lieferdienste wie Delivery Hero und der Kochboxen-Versender HelloFresh wuchsen in der Pandemie rasant. Doch mit dem Ende der Sonderkonjunktur kommt der Abstieg - zumindest an der Börse.
Ein paar Klicks auf dem Smartphone, und schon kommt das Lieblingsessen bequem nach Hause - per Lieferant. Das Geschäftsmodell von Bringdiensten wie Delivery Hero ist simpel. Damit auch Geld zu verdienen allerdings ist sehr schwer. Denn die Konkurrenz ist groß, so Anlagestratege Christian Kahler vom Vermögensverwalter Kahler und Kurz Capital: "Das ist ein knallharter Wettbewerb, in dem die Unternehmen stehen."
Das Problem: Man habe kein Alleinstellungsmerkmal mehr, so Kahler. Und: "Man hat hohe Kosten in Form von Lieferfahrern, die aktuell auch noch knapp sind. Da muss man sich schon fragen, ob dieses Geschäftsmodell nachhaltig ist."
Pandemie-Effekt ist vorbei
Zwar will Delivery Hero im dritten Quartal endlich schwarze Zahlen schreiben, doch haben die Anleger da ihre Zweifel. Das gilt auch für die Konkurrenz. Egal ob Deliveroo in Großbritannien oder Just Eat Takeaway in den Niederlanden: Die Kurse der Lieferdienste sind an der Börse in den vergangenen Monaten in den Keller gerutscht.
Ein Beispiel: Wer vor gut anderthalb Jahren eine Delivery-Hero-Aktie gekauft hat, musste dafür mehr als 130 Euro hinlegen. Heute ist das Papier noch etwa 50 Euro wert. Aus dem Krisengewinner ist ein Verlierer geworden. Vor zwei Monaten ist Delivery Hero aus dem DAX in den M-DAX abgestiegen, also praktisch von der ersten in die zweite Börsenliga. Der Wind hat sich gedreht, so Anlagestratege Kahler: "Das liegt daran, dass diese Sonderkonjunktur, die diese Unternehmen in Folge der Corona-Pandemie hatten, einfach dem Ende zugegangen ist."
Fast 60 Prozent an Wert verloren
Auch der Versender von Kochboxen, HelloFresh, hat davon profitiert, dass sich die Menschen in der Pandemie Essen nach Hause bestellt haben. In diesem Fall die Zutaten für einzelne Gerichte. Der Konzern hat im abgelaufenen Quartal zwar so viel umgesetzt wie nie zuvor. Aber auch Kunden verloren.
Anders als die Konkurrenz von Delivery Hero ist HelloFresh jedoch weiter profitabel. Das Geschäftsmodell sei nachhaltiger, sagt Christoph Schmidt, Analyst bei Fegra Capital: "Sie haben die Vorteil dass sie die Saisonalität der Preise ausnutzen können." So könne man über Produkte wie Salat, der immer Sommer günstiger ist als im Winter, die Kosten bewusst steuern und so auch wirtschaftlicher arbeiten, urteilt Schmidt.
Dennoch: Auch die HelloFresh-Aktie hat innerhalb eines Jahres gut 60 Prozent an Wert verloren. Zwar haben die Anleger in dieser Woche - nach den jüngsten Zahlen - wieder verstärkt zugegriffen. Doch bleibt auch der Versender von Kochboxen im DAX ein Wackelkandidat. Schon im September, wenn die Börse die Zusammensetzung der Indizes turnusgemäß überprüft, könnte der Abstieg besiegelt sein.
Digitale Geschäftsmodelle haben es schwer
Mit Rheinmetall gilt ein Rüstungskonzern als potenzieller Nachrücker: Waffen statt Kochboxen im DAX. Wieso tun sich Unternehmen mit dem digitalen Geschäftsmodellen so schwer? "Es hat natürlich auch damit zu tun, dass digitales Geschäft in den letzten Jahren enorm geboomt hat und wir jetzt so eine Art Bereinigung sehen", urteilt der Analyst Schmidt. Denn: "Auch da gab es Exzesse, dass Bewertungen durch die Decke gegangen sind und Wachstumserwartungen einfach nicht mehr realistisch waren."
So haben die Lieferdienste ihren Vertrauensvorschuss an der Börse erstmal verspielt. Sie müssen noch beweisen, dass ihre Geschäftsmodelle auch nachhaltig erfolgreich sind - in Zeiten hoher Inflation und mieser Konsumlaune dürfte das den Unternehmen zusätzlich schwer fallen.