Autovermietungs-Konzern Warum sich Hertz von Tausenden E-Autos trennt
Der US-Autovermieter Hertz will Tausende E-Autos durch Verbrennermodelle ersetzen. Das Unternehmen begründet dies vor allem mit hohen Kosten. Welche Folgen hat die Entscheidung für die Elektromobilität?
Es ist ein Rückschlag für die E-Mobilität: Der US-Autovermieter Hertz hat in der vergangenen Woche angekündigt, insgesamt 20.000 Elektroautos zu verkaufen - rund ein Drittel der E-Autos, die derzeit zur Flotte gehören. Mit den Erlösen will Hertz, einer der drei größten Autovermieter weltweit, neue Verbrenner-Modelle kaufen. Man passe sich damit einer veränderten Nachfrage an, teilte der US-Konzern mit.
Experten wie Helena Wisbert vom Center of Automotive Research (CAR) sehen diese Entwicklung äußerst kritisch: "Die Ankündigung ist ein weiterer Rückschlag für den Hochlauf der Elektromobilität. Mietwagenfirmen gehören zu den Großabnehmern für Elektroautos und haben zu hohen Neuzulassungszahlen von Elektroautos in 2022 und 2023 beigetragen", sagte sie gegenüber tagesschau.de.
Großaufträge bei Tesla und Polestar
Auch Hertz war ein solcher Großabnehmer: Im April 2022 etwa hatte das Unternehmen angekündigt, bis zu 65.000 Elektroautos der Marke Polestar zu kaufen, die zu den Autoherstellern Volvo und Geely gehört. Zuvor hatte Hertz bereits im Oktober 2021 eine Großbestellung bei Tesla aufgegeben. Bis Ende 2022 sollten 100.000 Tesla-Autos bestellt werden.
Der damalige Hertz-Chef Mark Fields wollte mit der Großbestellung bei Tesla, die Schätzungen zufolge ein Volumen von rund 4,4 Milliarden Dollar hatte, auf die Wünsche seiner Kunden eingehen: "Elektroautos sind nun Mainstream", sagte er damals. In seinem Jahresbericht 2022 gab Hertz das Ziel aus, dass bis Ende 2024 ein Viertel seiner gesamten Flotte aus E-Autos bestehen solle. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen indes angekündigt, die Elektroflotte langsamer auszubauen.
Lückenhafte Logistik
Besonders die Ausgaben für Reparaturen nach Unfällen belasteten den US-Autovermieter. Branchenkreisen zufolge, auf die sich das "Handelsblatt" beruft, ist etwa die Logistik für Elektroauto-Komponenten oft noch lückenhaft - selbst einfache Teile wie Windschutzscheiben oder Stoßfänger seien teils schwierig zu bekommen.
Bei Hertz führte das zu enormen Kosten. Die Ausgaben für Reparaturen seien zuletzt so hoch gewesen, dass man sich entschieden habe, die Elektroauto-Flotte zu reduzieren. Das Unternehmen bezifferte die nötigen Abschreibungen auf etwa 245 Millionen Dollar.
Umweltbonus ist ausgelaufen
Bereits vor der Ankündigung von Hertz stand der E-Auto-Markt unter Druck - in Deutschland vor allem aufgrund der ausgelaufenen Förderung für Elektroautos. Seit dem 18. Dezember 2023 werden gar keine neuen Anträge mehr für den Umweltbonus genehmigt. Mietwagenfirmen wie Hertz oder der Konkurrent Sixt können bereits seit September 2023 keine Umweltprämie mehr beantragen.
Aus Angst, dass die Verkaufszahlen nach dem Förderstopp deutlich sinken könnten, kündigten zahlreiche Hersteller - darunter Audi, Volkswagen und Volvo - an, die Förderung zumindest eine gewisse Zeit selbst zu zahlen. Denn noch immer sind E-Autos in der Anschaffung deutlich teurer als Verbrenner: Im vergangenen Jahr lag der nach Neuzulassungen gewichtete Durchschnittspreis für ein E-Auto laut dem Center of Automotive Management (CAM) bei 52.700 Euro. Und wie der aktuelle CAR-Auto-Report zum Neuwagenmarkt zeigt, besteht durch den Wegfall des Umweltbonus das Risiko eines erheblichen Absatzrückgangs bei den E-Autos.
Gebrauchtwagenpreise als Problem
Neben den hohen Anschaffungspreisen ist der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos ein großer Unsicherheitsfaktor. Denn durch die Rabatte auf Neuwagenpreise, mit denen etwa Tesla in den vergangenen Monaten immer wieder warb, sinken die Restwerte der Modelle, die sich bei den Vermietern im Bestand befinden.
"Das macht es schwerer die Fahrzeuge in der Mietwagenflotte wirtschaftlich zu betreiben, da Mietautos nach einer gewissen Laufzeit wieder veräußert werden oder zu verhandelten Preisen an die Autobauer zurückgehen", erklärt Helena Wispert gegenüber tagesschau.de.
Sixt will mehr E-Autos in der Flotte
Auch der deutsche Autovermieter Sixt ist mit diesen Problemen konfrontiert und leidet etwa unter den hohen Wartungskosten für E-Autos, der schwierigen Lage am Gebrauchtwagenmarkt und der in Deutschland schlecht ausgebauten Ladeinfrastruktur. In einem Interview mit dem "Spiegel" sagte Sixt-Chef Alexander Sixt kürzlich, dass bei den Kunden die "Begeisterung für E-Autos noch ausbaufähig" sei.
Hat die Entscheidung von Hertz nun Signalwirkung für andere Mietwagenverleiher? Sixt teilte auf Anfrage von tagesschau.de mit, man wolle - trotz der Schwierigkeiten - bis 2030 "70 bis 90 Prozent unserer Flotte in Europa elektrifizieren". Nach Angaben des Unternehmens machen elektrifizierte Fahrzeuge heute schon mehr als 20 Prozent der Sixt-Flotte in Europa aus.
Mit Informationen von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion