Verkehrswende Zukunft des Ladens ist smarter und einfacher
Für das Laden von E-Autos haben Hersteller viele innovative Ideen. Unkompliziert soll es sein und eingebunden in intelligente Systeme. E.ON testet neue Lösungen ab jetzt in seinem Innovationszentrum.
Minus 33 Grad zeigt die Anzeige außen an der großen Kühlkammer. Drinnen steht eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge. E.ON testet hier, wie ein Ladevorgang bei Extremtemperaturen abläuft. Es ist eine von insgesamt 25 Prüfstationen im neuen Test- und Innovationszentrum für Elektromobilität in Essen. Der Energiekonzern, der selbst keine Ladeinfrastruktur herstellt, aber Tausende Ladepunkte in Europa betreibt, will hier die Hardware seiner Partnerunternehmen erproben und an innovativen Ladelösungen arbeiten.
In einer anderen Ecke der etwa 10.000 Quadratmeter großen Testhalle steht ein E-Auto, in dem ein Ladekabel steckt. In diesem Fall aber geht nicht Strom in das Fahrzeug hinein, sondern Strom fließt raus und versorgt hier zur Veranschaulichung einen Heißgetränkebereiter. "Bidirektionales Laden ist sicherlich der nächste große Wurf in Sachen Ladeinfrastruktur", erklärt Mathias Wiecher von E.ON.
Test unter Extrembedingungen: Wie verläuft der Ladevorgang bei Tiefsttemperaturen?
Fokus liegt auf bidirektionalem Laden
Das Elektroauto wird dabei sozusagen zum Stromspeicher fürs Haus. Wenn etwa eine Photovoltaikanlage auf dem Dach bei Sonneneinstrahlung Strom produziert, der aber in dem Moment nicht im Haus verbraucht wird, kann er in der Autobatterie zwischengespeichert und bei Bedarf später zurück in den Hauskreislauf gespeist werden. "Die Technik in den Fahrzeugen und die Infrastruktur werden dafür wahrscheinlich ab 2025 bereit sein. Allerdings hinkt die Gesetzgebung in Deutschland hinterher", so Wiecher.
In einigen Jahren soll es auch möglich sein, dass E-Autos überschüssigen Strom in das lokale Energienetz einspeisen. E-Autos wären damit eine flexible Speicheroption im gesamten deutschen Stromsystem, das aufgrund der Umstellung auf Erneuerbare Energien bald deutlich mehr Schwankungen unterliegt.
Das unidirektionale - also das einfache - Laden von E-Autos kann dabei auch schon ein großer Hebel sein, erklärt Matthias Kühnbach vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Er erforscht, wie sich E-Autos so einsetzen lassen, dass sie dem Stromsystem dienen können und gleichzeitig alle Mobilitätsbedürfnisse der Fahrer erfüllen. Intelligente Energiemanagementsysteme, die mit der Wallbox zu Hause gekoppelt sind, werden dafür benötigt.
E-Autos als flexible Stromspeicher
In einem solchen System kann ein Fahrer zum Beispiel hinterlegen, dass das E-Auto am nächsten Tag nicht gebraucht wird. "Dann wird dementsprechend nicht abends geladen, wenn tendenziell alle Leute Strom konsumieren, sondern dieser Ladevorgang wird dann verschoben auf den Zeitpunkt, wenn viel Energie im Strommarkt ist und die Preise niedrig sind", sagt Kühnbach.
Die Herausforderung bei einem solchen intelligenten Laden sei die Kommunikation zwischen den verschiedenen Geräten. Das Fahrzeug muss etwa mit der Ladestation kommunizieren und es braucht von außen Informationen über die vorhandene Strommenge am Markt. Auch dafür gibt es im Testzentrum von E.ON Versuchsaufbauten.
Wenige Meter weiter hängen an einer Wand dutzende Wallboxen. Sie alle sind von verschiedenen Herstellern und bringen unterschiedliche Eigenschaften mit. Der Hersteller Compleo lässt hier eines seiner Geräte testen, das eine besonders hohe Ladeleistung und damit schnelles Laden bieten soll. "Wir wollen hundertprozentig sicher sein, dass wir das Gerät erst dann verkaufen, wenn es nicht nur zuverlässig funktioniert. Wir wollen auch sichergehen, dass es nutzerfreundlich ist", sagt Jörg Lohr von Compleo.
Im neuen Innovationszentrum von E.ON wird das Laden der Zukunft erforscht.
Es muss einfach sein
Der Ladeinfrastrukturhersteller aus Dortmund entwickelt ständig neue Produkte für den Markt, so Lohr: "Wenn wir über Innovation im Bereich der Ladeinfrastruktur reden, dann ist unsere Strategie, nicht das nächste Killer-Feature zu erfinden und noch bessere und noch schönere und noch größere Infrastruktur zu haben, sondern die Einfachheit des Ladevorgangs voranzubringen."
"Plug-and-charge" (übersetzt "Reinstecken-und-Laden") ist da ein entscheidendes Stichwort in der Branche. Mit diesem System sollen Kunden an öffentlichen Ladestationen bald deutlich einfacher laden können - ohne Bezahlkarten, ohne aufwändige Authentifizierung, mit automatischer Abrechnung. Die Ladesäule erfasst mit Einstecken des Kabels alle notwendigen Informationen zum Fahrzeug.
Eine entsprechende internationale Norm gibt es dafür schon. "Das muss in der Industrie nur endlich konsequent umgesetzt werden", mahnt Lohr. Kompliziertes Laden und undurchsichtige Bezahlstrukturen sind aus seiner Sicht immer noch das größte Hindernis für die Massenakzeptanz von E-Mobilität.