Börsengang von Nucera "Alte Industrie" trifft Zukunft
ThyssenKrupp hat einen zukunftsträchtigen Bereich an die Börse gebracht. Nucera liefert die Technik für grünen Wasserstoff. Doch sind andere Länder in diesem Bereich schneller.
Wo einst die Schlote rauchten - im Ruhrgebiet -, von dort könnte die nächste, eine grüne industrielle Revolution kommen - jedenfalls wenn man den Stimmen und der Stimmung auf dem Frankfurter Parkett beim Börsengang der Thyssenkrupp Wasserstoff-Tochter Nucera lauschte.
Gleich sechs Mal wurde die Börsenglocke geläutet und gab den Startschuss für den zweiten und vielleicht sogar größten Börsengang des Jahres in Frankfurt. Der erste Preis für die Aktie lag mit 22 Euro und 20 Cent leicht über dem Ausgabepreis. Für Nucera-CEO Werner Ponikwar ein voller Erfolg.
"Wir haben unsere Ziele voll umfänglich erreicht, wir wollten zwischen 500 und 600 Millionen Euro hier an der Börse einnehmen, das ist uns gelungen." Darüber hinaus wolle das Unternehmen mit Sitz in Dortmund deutlich stärker sichtbar werden als Firma, die "im Bereich grüner Wasserstoff etwas leisten kann" und dafür sei das Börsenparkett ein guter Ort, so Ponikwar.
Nucera - nur an der Börse ein Neuling
An der Börse ist Nucera zwar ein Neuling, aber das Unternehmen ist schon lange im Wasserstoff-Geschäft aktiv und bietet nach eigenen Angaben weltweit führende Technologie für Elektrolyseanlagen. Diese spalten mithilfe von Elektrizität Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff. Werden sie mit Ökostrom gespeist, kommt "grüner" Wasserstoff heraus. Dieser wird als Brennstoff für eine CO2-freie Wirtschaft in großem Stil benötigt.
Darum begrüßt auch der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband den Börsengang von Nucera und sieht darin den Startschuss für ein Hochfahren der Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland. Die Unternehmen hier forschten schon lange an der Technologie und gehören nach Einschätzung des Verbands-Vorsitzenden Werner Diwald, zu den führenden Anbietern weltweit.
"Was aber nicht auf Dauer so bleiben muss, wenn wir nicht in Deutschland so langsam investitionssichere Rahmenbedingungen bekommen", so Diwald gegenüber tagesschau.de. "Wir sehen auch andere Länder der Welt, die die Chance in der Wasserstoff-Wirtschaft erkannt haben und sich dementsprechend positionieren."
Wird Saudi-Arabien zum Wasserstoff-Mekka?
Saudi-Arabien zum Beispiel - übrigens mit sechs Prozent als Aktionär an Nucera beteiligt. Das Königreich am Golf bereitet sich schon auf die Phase nach dem Öl-Zeitalter vor und will zum weltweiten Exporteur für grünen Wasserstoff werden. Der saudische Staat investiert riesige Summen: Von bis zu 500 Milliarden Dollar ist die Rede. Dafür soll eine gigantische Wasserstoff-Metropole aus dem Wüstenboden gestampft werden.
Auch Nucera soll Technologie made in Germany liefern. Im vergangenen Jahr wurde die Vereinbarung für einen Großauftrag mit einem saudischen Konzern unterzeichnet. Auch aus Nordamerika kam bereits ein größerer Auftrag. Aus Deutschland oder der EU kam bislang noch kein Großauftrag. Der Nucera-Vorstandsvorsitzende Ponikwar erwartet aber, dass welche kommen werden.
"Definitiv sind da andere Länder schneller als wir. Dennoch glaube ich, dass das auch in Europa sich beschleunigt, und das sehen wir auch schon heute. Aber wir müssen definitiv an Prozessen und den Zeiträumen arbeiten, in denen Projekte genehmigt werden in der Europäischen Union." Das ist aus Sicht des Nucera-CEO einer der Haupttreiber, um auch schnell den Hochlauf mit dem grünen Wasserstoff in Europa zu gewährleisten.
Wasserstoff-Hype an der Börse verflogen
An den Börsen war die Euphorie über Wasserstoff-Aktien zuletzt deutlich verflogen. Lange wurden sie gehyped. Doch mit den steigenden Zinsen haben viele Unternehmen zuletzt an Börsenwert verloren. Denn sie sind stark auf Wachstum ausgerichtet, die Gewinne liegen - wenn überhaupt - noch in der Zukunft. Auch die Wasserstoffsparte von Nucera ist bisher noch nicht profitabel. Dieser Bereich soll erstmals im Geschäftsjahr 2024/25 einen Gewinn verbuchen.