"Net-Zero-Act" Industrieförderung in Grün
Es soll zum Herzstück der europäischen Klimapolitik werden: Mit dem "Net-Zero-Act" will die EU Unternehmen subventionieren, die Komponenten für nachhaltige Energieproduktion herstellen. Droht ein Subventionswettlauf mit den USA?
Was die EU-Kommission heute vorlegen will, ist nicht weniger als ein zentraler Baustein auf dem Weg Europas hin zur Klimaneutralität. Jedenfalls ist das die Botschaft aus dem Berlaymont in Brüssel, dem Sitz der Kommission, dem Sitz ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen.
Es geht um das, was man dort "Net-Zero-Act" nennt - ein geplantes europäisches Gesetzespaket, mit dem Investitionen in grüne Technologie besser finanziert und schneller auf den Weg gebracht werden. So soll schließlich der Green Deal Wirklichkeit werden - der Umbau der Gesellschaft hin zur Klimaneutralität.
Gezielte Förderung von klimafreundlichen Industrien
"Wir Europäer müssen besser darin werden, unsere eigene grüne Industrie zu fördern", erklärte Kommissionspräsidentin von der Leyen im Europaparlament. Das bedeute, schneller zu werden, Genehmigungsverfahren zu verkürzen, leichtere private und öffentliche Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen.
Was sich hinter diesen Worten mehr oder weniger deutlich verbirgt, ist ein offener industriepolitischer Ansatz, den man in der EU so bisher nicht gekannt hat. Europa will gezielt Industrien fördern, die für den Weg zur Klimaneutralität als entscheidend gelten. Unternehmen, die Solarpanels, Wärmepumpen, grünen Wasserstoff, Windkraftanlagen oder Energiespeicher herstellen. Das seien Schlüsselunternehmen, heißt es.
Warnungen vor Subventionswettlauf mit den USA
Europa sei bei diesen Plänen getrieben vom sogenannten Anti-Inflation-Act in den USA, einem mehr als 400 Milliarden Dollar schweren Subventionsprogramm, das die Regierung von Joe Biden aufgelegt hat, um das gleiche zu tun. Mit ihm sollen US-amerikanische Unternehmen gefördert werden, die für die Klimaneutralität produzieren. Die USA haben ihr Programm zuerst aufgelegt, Europa habe also reagieren müssen.
In Brüssel gibt es allerdings manche, die jetzt vor einem Subventionswettlauf mit den USA warnen. "Da müssen wir auf die Bremse treten", sagte der Vorsitzende des Umweltausschusses im Europäischen Parlament, Peter Liese von der CDU. "Unterstützung von modernen Technologien ja - auch unbürokratisch. Aber es darf keinen Subventionswettlauf geben, denn das Geld ist nun einmal begrenzt." Was heißen dürfte: Europa kann so einen Wettlauf nicht gewinnen.
Klimaziele erreichbar - trotz Debatte über Verbrenner-Aus
Trotzdem sei die EU mit diesem Plan auf einem guten Weg und ihre selbst gesteckten Klimaziele werde sie erreichen, heißt es von CDU und CSU im Europaparlament. Daran ändere auch die neu entfachte Debatte um das eigentlich in Europa fest verabredete Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 nichts, meint die FDP, deren Verkehrsminister Volker Wissing den Streit in der EU darüber ausgelöst hatte.
Eines seiner Argumente ist, man müsse technologieoffen sein in Europa. Verbrenner, die mit synthetischen E-Fuels betrieben werden, müssten bleiben, sonst drohe der Automobilindustrie eine ungewisse Zukunft.
Irritationen über die deutsche Klimapolitik
"Die haben einfach nicht verstanden, dass das nicht mehr die Technologien sind, die wir in der Zukunft brauchen", kritisierte der grüne Europaparlamentarier Michael Bloss. "Wenn sich das durchsetzt - also so eine Fortschrittsverweigerung - dann bedeutet das eine De-Industrialisierung."
Viele halten die Klimaziele wegen der deutschen Haltung für gefährdet. Tatsache ist, dass es in der EU derzeit erhebliche Irritationen in Europa über den klimapolitischen Kurs der Bundesregierung gibt. Was sich am Verbrenner-Streit am deutlichsten zeigt.
"Europas Klimaziele sind zerbrechlich"
Im Europaparlament bewegte das manche zu bisher ungekannten Aktionen - etwa dazu, eine Rede im Plenum zu halten in einer Sprache, in der sie sich nicht ganz sicher sind. In diesem Fall auf Deutsch. So hat es die schwedische Liberale Abgeordnete Emma Wiesner gemacht. Europas Klimaziele nennt sie zerbrechlich, deshalb sei es unverantwortlich, etwas fest Vereinbartes einfach zu blockieren.
"Ich spreche zu Ihnen als Schwedin, als Liberale, als junge Politikerin", sagte Wiesner. "Hören Sie auf, ein zentrales Element unseres Klimapakets wie das Ende des Verbrenners weiter zu blockieren."
Während die EU-Kommission also weiterkommen will auf dem Weg zur Klimaneutralität, stellen sich manche bei schon vereinbarten Schritten quer. Daran wird auch die Ankündigung einer europäischen grünen Industriepolitik nur wenig ändern.