Historisches Markenemblem Opel auf einem Oldtimer.
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Geschichte der Automarke Opel Zwischen goldenen Jahrzehnten und tiefen Krisen

Stand: 08.06.2024 09:04 Uhr

Der hessische Hersteller Opel feiert 125 Jahre Automobilbau. Einst technischer Pionier und Hersteller vieler Erfolgsmodelle, kämpfte das Unternehmen später ums Überleben. Nun soll die Zukunft elektrisch sein.

Es sind zunächst nicht Autos, sondern Nähmaschinen und Fahrräder, die Ende des 19. Jahrhunderts im deutschen Reich im Trend liegen. Es ist das erfolgreiche Kerngeschäft vom Adam Opel aus Rüsselsheim. Als er 1895 stirbt, führen seine Söhne das Unternehmen fort und steigen kurze Zeit später ein in den noch so jungen Automobilmarkt.

Opel Patentmotorwagen, System Lutzmann, 1898.

Das erste Modell aus Rüsselsheim: Der "Patent-Motorwagen" von 1899.

Mit dem "Patent-Motorwagen System Friedrich Lutzmann" beginnt 1899 für Opel eine neue Ära. Es ist das erste Opel-Auto mit 25 Stundenkilometern und 3,5 PS - anfangs nur etwas für Besserbetuchte.

"Opel war schon damals bestrebt, eine große Stückzahl zu verkaufen. Man hatte schon die Idee, das Auto unter das breite Volk zu bringen", erzählt Leif Rohwedder, der auf dem Opel-Gelände in Rüsselsheim zusammen mit seinem Team die ältesten Autos des Herstellers in Schuss hält.

Das Gruppenfoto zeigt die ersten Rüsselsheimer Automobilbauer: Das Foto der Mitarbeiter der Opel-Motorwagenabteilung wurde 1899 gemacht.

Mitarbeiter der Opel-Motorwagenabteilung im Jahr 1899.

Erster deutscher Autohersteller mit Fließband

Die ersten Wagen von Opel sind damals echte Handarbeit. Nach Ende des 1. Weltkrieges stellt Opel 1923 als erster deutscher Autobauer auf das damals neuartige Fließband um und wird damit zum Pionier der modernen Autoproduktion. Das Fließband bringt Opel einen enormen Wettbewerbsvorteil: größere Stückzahlen und billigere Produktion.

Mit Beginn der "goldenen Zwanziger" kommt so der Opel 4 PS "Laubfrosch" unters Volk. Eine Sensation auf vier Rädern: Er ist das erste deutsche Wagen vom Fließband und wird mit seiner Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern zum Kultauto.

Ein Opel Laubfrosch Typ 4/16 von 1928.

Der Opel 4 PS wurde ab 1924 in Rüsselsheim produziert. Mehr als 100.000 Stück wurden am Fließband hergestellt.

Verkauf an General Motors: Amerikanisches Design

Mit der Weltwirtschaftskrise verkauft die Familie Opel ihren Konzern Ende der 1920er-Jahre an den US-amerikanischen Autohersteller General Motors (GM). Eine Entscheidung, die Opel Jahrzehnte später vor existenzielle Herausforderungen stellen wird. Der Autobauer bekommt fortan gerade im Design einen amerikanischen Touch.

Opel war zu diesem Zeitpunkt zum größten Autohersteller Europas aufgestiegen. Auch nach dem zweiten Weltkrieg erholt sich Opel schnell und beweist ein großes Gespür für Trends. Deutschland fährt Olympia, Rekord oder Kapitän. Ab 1962 bringt Opel mit dem Kadett eines seiner größten Erfolgsmodelle auf den Markt.

Opel-Werbung von 1999: Ein Paar bei einer Rast während einer Spazierfahrt mit einem roten Opel Ascona A.

Ein Opel Ascona A - das Modell wurde Anfang der 1970er-Jahre im Werk Bochum gebaut. Dort lief 2014 das letzte Auto vom Band.

An sein sportliches Vorkriegsimage knüpft der hessische Autobauer mit dem Opel GT an und bringt ab 1968 ein besonderes Lebensgefühl auf die Straße. Der Werbeslogan des GT ist bis heute vielen präsent: "Nur fliegen ist schöner." Auch der legendäre Manta trifft den Puls der Zeit. Sportlich und schick sollen Frau und Mann von Welt durch die 1970er-Jahre fahren.

Missmanagement und Überkapazitäten

Ab den 1990er-Jahren rutscht Opel immer öfter in die Krise. Qualitätsprobleme als Folge von Sparmaßnahmen werden offensichtlich. Nicht wenige Kunden vermissen das, wofür die Automarke in den Jahrzehnten zuvor in seinen Werbeslogans stand: Opel - der Zuverlässige.

Ein Manta mit Fuchsschwanz und Ellenbogen aus dem Fenster.

Fand seine - meist männliche - Fangemeinde: Der Opel Manta wurden zwischen 1970 und 1988 produziert.

Viele Mitarbeitende machen den amerikanischen Mutterkonzern dafür verantwortlich, dass es mit dem Autobauer zunehmend bergab geht.

Am Markt vorbei

"Man hat zu stark nach der amerikanischen Philosophie versucht Autos zu bauen, mit noch geringeren Kosten und Qualitäten, die nicht dem Wunsch der Deutschen entsprachen, und damit hat man verloren gegenüber Volkswagen", sagt der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer.

2009 erreicht die Opel-Krise ihren Höhepunkt. General Motors meldet Insolvenz an. Opel kämpft ums Überleben. Die weltweite Finanzkrise tut ihr Übriges. Zehntausende Opelaner gehen auf die Straße, um für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen. "Manager, trampelt nicht weiter auf der Marke und auf den Menschen herum. Das ist geschäftsschädigend", ruft der damalige Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Opel, Klaus Franz, auf einer riesigen Kundgebung in Rüsselsheim in die Menge. 

Werksschließungen und Jobabbau

Als Opel an den Autozulieferer Magna verkauft werden soll, macht General Motors plötzlich, begleitet von großer öffentlicher Empörung, einen Rückzieher. Es folgen harte Jahre für Opel. Die Werke im belgischen Antwerpen und in Bochum müssen wegen Überkapazitäten schließen. Tausende verlieren ihre Arbeit.  

2017 verkauft General Motors seine deutsche Tochter dann doch an den französischen Autokonzern PSA Peugeot Citroen, der inzwischen zum Automobilriesen Stellantis gehört.

Nach harter Schrumpfkur wieder profitabel

Seit 2018 schreibt Opel nach neunzehn Jahren wieder schwarze Zahlen. Die Zielmärkte sind internationaler geworden, die Flotte wird weiter elektrifiziert.

Ab 2025 will Opel bei neuen Modellen ganz auf den Elektroantrieb setzen. Auch in Wasserstoffsysteme will man in Rüsselsheim weiter investieren. Jüngst stellte Opel-Chef Florian Hüttl den neuen Opel Frontera Electric in Istanbul der Weltpresse vor.

Produktion eines Elektroautos im Opel-Werk Eisenach

Elektrisch in die Zukunft: Montage eines E-Modells von Opel am Standort Eisenach in Thüringen.

Internationales Geschäft

Der Standort ist bewusst gewählt. Gerade in der Türkei feiert Opel laut eigenen Angaben momentan große Erfolge und auch die Internationalisierung der Marke gelinge. 2023 habe man mit 670.000 weltweit verkauften Autos fünfzehn Prozent mehr als im Vorjahr abgesetzt. Der internationale Marktanteil liegt bei vier Prozent, der deutsche bei fünf.

Unter dem Motto "Forever Forward since 1899" schaut Opel mit Werkstouren und einer Design-Ausstellung in Rüsselsheim nun auf seine 125-jährige wechselvolle Firmengeschichte zurück, will gleichzeitig klar die Zukunft im Blick haben: und die ist bei Opel elektrisch.

Roman Warschauer, HR, tagesschau, 08.06.2024 09:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Juni 2024 um 12:00 Uhr.