Krise von Signa Benkos wichtigster Manager fristlos entlassen
Der insolvente Signa-Konzern hat den bisherigen Immobilienchef entlassen - wegen dringenden Verdachts auf "grobe Verletzungen der Pflichten". Der bisherige Topmanager des Konzerns bestreitet die Vorwürfe.
Die angeschlagene Immobilien- und Handelsgruppe Signa hat den wichtigsten operativen Manager von Firmengründer René Benko entlassen. In außerordentlichen Aufsichtsratssitzungen der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG sei deren Chef Timo Herzberg mit sofortiger Wirkung seiner Funktionen enthoben und außerordentlich sowie fristlos gekündigt worden, teilte die von René Benko gegründete Signa-Gruppe gestern Abend mit.
Es bestehe der "dringende Verdacht auf grobe Verletzungen der Pflichten als Vorstandsmitglied", hieß es weiter. "Leider mussten wir diese Entscheidung treffen und diesen harten Schritt setzen. Die Verdachtslage war eindeutig und ließ den Aufsichtsräten keine andere Wahl", sagte der Aufsichtsratschef der beiden Gesellschaften, der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.
Erhard Grossnigg übernehme die Funktion als Vorstandssprecher in beiden Immobiliengesellschaften, die saniert und restrukturiert werden sollen. Gusenbauer lobte Grossnigg als "hervorragenden Fachmann und Spezialisten in Fragen der Sanierung".
"Vorwürfe sind haltlos"
Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" soll es bei den Vorwürfen gegen den bisherigen Signa-Topmanager Herzberg unter anderem um eine Firma gehen, die ihm mehrheitlich gehört: Havit, einem Fitnessclub-Betreiber und Anbieter von Konferenzräumen. Für Räume in einem Berliner Bürokomplex, das bis vor kurzem zur Hälfte Signa gehörte, sei eine Miete deutlich unter dem Marktwert vereinbart worden, so die Anschuldigungen.
Herzberg selbst bestreitet ein Fehlverhalten. "Die im Raum stehenden Vorwürfe sind haltlos und werden von Herrn Herzberg entschieden zurückgewiesen", zitierte das "Handelsblatt" seinen Anwalt. "Mit Blick auf das laufende Verfahren können wir derzeit keine weiteren Kommentare abgeben."
Immobilienprojekte in vielen deutschen Städten
Die Signa Holding des österreichischen Unternehmers René Benko hatte Ende November Insolvenz angemeldet. Hohe Baukosten, steigende Kreditzinsen und hausgemachte Probleme hatten den Handels- und Immobilienkonzern in Schieflage gebracht.
Die wichtigsten Immobilien und Bauprojekte im Signa-Portfolio gehören der Signa Prime - darunter das derzeit stillstehende Bauprojekt Elbtower in Hamburg, das KaDeWe in Berlin und Kaufhausimmobilien der Kette Galeria Karstadt Kaufhof. Signa Prime schrieb im Vorjahr rund eine Milliarde Euro Verlust und hatte Ende 2022 etwa 10,8 Milliarden Euro an Schulden. Die Tochtergesellschaft Signa Development, in der weitere Immobilienprojekte wie Bürogebäude oder Einzelhandelsflächen gebündelt sind, schrieb einen Verlust von 316 Millionen Euro.
Deutsche Versicherer finanzierten Signa mit
Die Pleite des österreichischen Konzerns droht offenbar auch die Bilanzen deutscher Versicherer zu belasten. Wie die "Financial Times" heute berichtet, haben mehrere deutsche Versicherer, etwa die Allianz, die Dortmunder Signal Iduna und Munich Re, zusammen mehr als drei Milliarden Euro in Benkos Immobilienimperium investiert. Insgesamt habe sich Signa von rund einem halben Dutzend deutscher Versicherer Geld geliehen
Die Zeitung berichtet weiter, etwa ein Drittel dieses Engagements sei nicht durch Sicherheiten gedeckt. "Für einige Versicherer wird das extrem schmerzhaft sein", zitiert die "FT" eine mit der Angelegenheit vertraute Person.
Weitere Tochterfirma insolvent
Mehrere Signa-Gesellschaften haben - außer der Holding - bereits Insolvenz angemeldet, weitere Pleiten werden erwartet. Nun stufte die Ratingagentur Fitch aufgrund eines möglichen Insolvenzantrags von Signa Development die Kredit-Bewertung der Gesellschaft auf "C" von "CCC-" herunter. Das teilte die Agentur heute mit. Damit steht die Gesellschaft in den Augen der Rating-Agentur vor dem Zahlungsverzug.
Die Signa Development Finance hatte erst am Freitag erklärt, dass es wahrscheinlich sei, dass sie selbst, die Signa Development und weitere Gesellschaften der Signa Development Gruppe "in sehr naher Zukunft" einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen würden.
Unterdessen musste heute erneut eine weitere Firma des Signa-Imperiums Insolvenz anmelden. Über das Vermögen der Signa Informationstechnologie GmbH sei ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Handelsgericht Wien eröffnet worden, teilte der Gläubigerschutzverband KSV 1870 heute mit. Die Gesellschaft sei die IT-Dienstleisterin der Signa-Immobiliengruppe. Das Unternehmen solle fortgeführt werden.