Tödlicher Unfall Wie gefährlich ist Teslas "Autopilot"?
In Texas prallt ein Tesla Model S gegen einen Baum. Die beiden Insassen kommen ums Leben. Doch am Steuer saß niemand. Was ist da passiert - und wie war das möglich?
Die Polizisten staunten nicht schlecht, als sie in der Nacht vom 17. auf den 18. April zu einem Unfall in Harris County im US-Bundesstaat Texas gerufen wurden. In einem Waldstück entdeckten sie ein Tesla Modell S, das in einer Kurve von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt war und sofort Feuer gefangen hatte. Die beiden Insassen kamen dabei ums Leben. Am Steuer hatte aber keiner der Männer gesessen - da sind sich die Polizisten zu "fast 99,9 Prozent sicher".
Sofort kam der Verdacht auf, dass dies am Fahrer-Assistenzsystem gelegen haben könnte, von Tesla fälschlicherweise "Autopilot" genannt. Wirklich überraschend war die Vermutung nicht, tauchen im Internet doch schon seit Jahren immer wieder Videos von Leuten auf, die im Straßenverkehr den Fahrersitz eines Tesla verlassen haben und deren Auto trotzdem weiterfährt. Auch Unfälle hat es wegen Mängel an dem Assistenzsystem bereits gegeben. So rasten zwei Autos in den USA unter Sattelschlepper, mehrere Wagen fuhren auf stehende Fahrzeuge oder andere Hindernisse auf. Allerdings: Es wurden bisher keine Unfälle bekannt, bei denen der Fahrersitz leer blieb.
Ermittlungen dauern an
Firmenchef Elon Musk hat einen Zusammenhang mit dem "Autopilot"-Assistenzsystem denn auch bestritten. "Bisher verfügbare Datenaufzeichnungen zeigen, dass der 'Autopilot' nicht aktiviert war", schrieb der Tesla-Chef auf Twitter. Zur Begründung führte er an, dass das autonome Fahren nur bei Straßen mit Spurlinien eingeschaltet werden könne - die Straße, auf der der Unfall passiert sei, habe aber keine.
Es bleibt also rätselhaft, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Unfallermittler der US-Verkehrsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board), die unter anderem bei Flugzeugabstürzen aktiv wird, sind zum Unglücksort gereist, um den Vorfall genau zu untersuchen. Wann die Ermittlungen abgeschlossen werden, steht noch nicht fest. US-Verkehrsminister Pete Buttigieg erklärte in der Nacht, die Ursachenforschung dauere an.
US-Verbrauchermagazin kritisiert Mängel
Derweil berichtet das US-Verbrauchermagazin Consumer Reports in seiner neuesten Ausgabe von gefährlichen Mängeln beim Fahrassistenzprogramm von Tesla. So sei es Ingenieuren beim Model Y gelungen, das Programm trotz leeren Fahrersitzes anzuwenden. Dabei habe das System keinerlei Warnungen oder Hinweise abgegeben. Auf öffentlichen Straßen würde ein solches Szenario eine "extreme Gefahr" darstellen, so das Blatt.
Eigentlich soll die in den Tesla-Fahrzeugen eingebaute Software es bemerken, wenn kein Fahrer am Steuer sitzt, und Warntöne abgeben. Doch im Test von Consumer Reports versagte das System angeblich. Dabei versichert Tesla, dass sich das Assistenzprogramm automatisch abschaltet, wenn die Warnungen ignoriert werden. Die Wirklichkeit sieht offenbar anders aus. Dem Verbrauchermagazin zufolge sei das System nicht mal in der Lage festzustellen, ob der Fahrersitz überhaupt besetzt ist. "Tesla fällt bei Modellen mit fortschrittlichen Fahrassistenzprogrammen hinter andere Autohersteller wie General Motors und Ford zurück, die Technik nutzen, die sicherstellt, dass der Fahrer die Straße im Blick behält", meint Experte Jake Fisher von Consumer Reports.
Waren auch die Fahrer leichtsinnig?
Die Verkehrsbehörde NTSB hatte die Vorkehrungen bereits mehrfach als unzureichend kritisiert und den Namen "Autopilot" als irreführend bezeichnet. Denn der suggeriere, dass ein Tesla allein fahren könne. Doch dem sei nicht so.
Tesla hat auf den Bericht des Verbrauchermagazins noch nicht reagiert. Derweil vermuten Experten, dass sich auch die ums Leben gekommenen Insassen möglicherweise nicht korrekt verhalten haben. Sie glauben, dass der Fahrer den "Autopiloten" während der Fahrt eingeschaltet haben könnte und sich dann leichtsinnigerweise auf den Rücksitz oder den Beifahrersitz gesetzt habe. Die Autos würden nämlich nicht erkennen, ob sich ein Insasse auf dem Fahrersitz befinde oder woanders. Sicher sei allerdings, dass ein Tesla nicht von allein losfahre. "Dieses Autonomie-Level haben die Fahrzeuge noch nicht", erklärte kürzlich der Informatiker Philipp Slusallek im "Spiegel".
Probleme in China
Unter Druck steht Tesla derweil auch in China. Die chinesische Marktaufsicht forderte jüngst den US-Elektroautobauer auf, eine höhere Qualität bei seinen in der Volksrepublik verkauften Fahrzeugen zu gewährleisten. Die Behörde reagierte damit auf den Protest einer Frau auf der Automesse in Shanghai gegen den Umgang von Tesla mit ihrer Beschwerde über nicht funktionierende Bremsen. Der chinesische Verbraucherverband erklärte sich ebenfalls "sehr besorgt". Bei Kundenbeschwerden müssten Unternehmen "sorgfältig zuhören" und den Kunden "vernünftige Erklärungen sowie effektive Lösungen" anbieten.
Tesla hatte von "unzumutbaren" Forderungen gesprochen. Für den Autobauer ist es dennoch eine heikle Sache, denn China ist der mit Abstand größte Markt für den Hersteller. Zudem produziert das US-Unternehmen auch in dem Land: Ein Viertel aller Teslas läuft mittlerweile in Shanghai vom Band.