Milliardär Kretinsky steigt ein Thyssenkrupp trennt sich von Teilen der Stahlsparte
Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky steigt bei Thyssenkrupps Stahlgeschäft ein. Geplant ist nun ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem der Essener Konzern nur noch 50 Prozent hält. Von Arbeitnehmern kommt Kritik.
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Thyssenkrupp und die Holding EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky über einen Einstieg in das Stahlgeschäft des Essener Konzerns verständigt. EPCG soll zunächst 20 Prozent an der kriselnden Sparte Thyssenkrupp Steel Europe übernehmen, teilte Thyssenkrupp heute mit. Über die Konditionen der Geschäfts vereinbarten beide Parteien Stillschweigen. Abgeschlossen werden soll es noch im laufenden Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September).
Weitere Anteile des Stahlsparte sollen an EPCG gehen. Es gebe Gespräche "über den Erwerb weiterer 30 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft durch EPCG". Ziel sei "die Bildung eines gleichberechtigten 50/50-Joint Ventures", hieß es weiter. "Die Vereinbarung über den Erwerb der 20-prozentigen Beteiligung an Thyssenkrupp Steel Europe ist ein erster Schritt auf dem geplanten Weg zu einer umfassenderen strategischen Partnerschaft", so Kretinsky.
Konkurrenz aus Asien, schwache Konjunktur
"Unser Ziel ist ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit und unternehmerischem Erfolg von Thyssenkrupp Steel führt, den Anforderungen des Klimaschutzes entspricht, betriebsbedingte Kündigungen vermeidet und eine breite Akzeptanz findet", sagte Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez. Der Einstieg von EPCG vereinige "das führende Werkstoff-Knowhow von Thyssenkrupp Steel Europe mit der Energieexpertise von EPCG", kommentierte der Milliardär. Als strategischer Partner werde EPCG mit dafür sorgen, dass das Joint Venture ausreichend mit Energie, Wasserstoff, grünem Strom und weiteren Energierohstoffen versorgt werde, hieß es.
Die Stahlsparte leidet wie die gesamte Branche seit Jahren unter sinkenden Preisen, der schwachen Konjunktur, steigenden Energiekosten und wachsender Konkurrenz auf dem asiatischen Markt. Thyssenkrupp Steel Europe kämpft zudem mit der schwachen Nachfrage der Automobilindustrie, die der wichtigste Kunde ist. Der Schwerindustrie kommt auch eine Schlüsselrolle bei der Energiewende in Deutschland zu. Die Stahlindustrie muss Milliardensummen für einen klimafreundlichen Umbau der Produktion und das Erreichen der angestrebten Klimaziele investieren.
Milliarden-Subventionen sind versprochen
Dabei hilft der Staat: Für den Bau einer Anlage zur "grünen" Stahlproduktion soll Thyssenkrupp bis zu zwei Milliarden Euro Subventionen vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund erhalten. Die Gesamtanlage soll Ende 2026 in Betrieb gehen. Mit dem Projekt sollen fast 60 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.
Vorher werden Stellen abgebaut: Thyssenkrupp hatte zuletzt angekündigt, in der Stahlsparte Kapazitäten abbauen und Jobs streichen zu wollen. Thyssenkrupp Steel Europe beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter, die meisten davon am größten europäischen Stahlstandort in Duisburg.
IG Metall fordert klares Konzept
Die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel forderten ein klares Konzept für das Unternehmen. "Die Nachricht über den Einstieg von EPCG kommt überraschend", sagte der zweite Vorsitzende der IG Metall und stellvertretende Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp, Jürgen Kerner. Die Arbeitnehmerseite habe nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren.
"Das ist kein guter Stil und kein guter Start", kritisierte Kerner. Es müsse jetzt schnell ein tragfähiges Zukunftskonzept für den weiteren Umbau Richtung "grünen" Stahl geben und endlich die Rückkehr zum Respekt vor der Mitbestimmung. "Andernfalls ist der Konflikt programmiert."
Der größte Einzelaktionär von Thyssenkrupp, die Krupp-Stiftung, begrüßte die Pläne. Die Stiftung unterstütze Entscheidungen, die zur zukunftsfähigen Entwicklung des Unternehmens beitragen, erklärte die Stiftung. "Die Stiftung hat großes Vertrauen in den Vorstand um Miguel López und ist weiterhin von dem Potenzial des Unternehmens überzeugt, wieder wettbewerbs- und dividendenfähig zu werden." Die Stiftung hält rund 20 Prozent an dem Konzern.
Am Aktienmarkt kam die Einigung gut an, die im MDAX notierten Titel legten kräftig zu.