Praktikum in Taiwan Dresdner Studierende gewinnen Einblicke bei TSMC
30 Studierende aus Deutschland machen Praktikum beim Halbleiterhersteller TSMC in Taiwan. Der will 2027 ein Werk in Dresden eröffnen - und sicherstellen, dass genug Fachkräfte da sind.
Ein halbes Jahr Taiwan, und dazu noch in der Halbleiterindustrie: Für Weronika klang das wie ein "Abenteuer fürs Leben". Das sagte die Chemiestudentin im Frühjahr, als sie gemeinsam mit Kommilitonen anderer Fachbereiche der TU Dresden ihren Aufenthalt begann.
Jetzt sitzt sie entspannt gemeinsam mit drei anderen Studierenden in einem Café mitten in Taichung, einer Stadt an der zentraltaiwanischen Westküste. Hier befindet sich ein Trainingszentrum des Halbleiterproduzenten TSMC, das die Deutschen zum Abschluss des sechsmonatigen Aufenthalts noch zwei Monate lang in die Chipfertigung eingewiesen hat. Das Abenteuer ist fast vorbei, und bereut hat Weronika nichts.
Alles streng geheim
Unter der Woche ist der TSMC-Tagesablauf genau geregelt. "Morgens um 7.50 Uhr holt uns der Shuttlebus am Wohnheim ab und bringt uns zur Fab", erzählt Christian. In der Fabrik angekommen, hat er noch Zeit zum Frühstücken bis 9.00 Uhr. Danach heißt es für den angehenden Wirtschaftsingenieur und die anderen: Handy einschließen. Denn alles, was innerhalb der Mauern des Unternehmens passiert, ist streng geheim. Die Studierenden mussten eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen. Die ARD darf nicht einmal das Wohnheim besuchen.
Schließlich ist die Halbleiterindustrie Taiwans so etwas wie das Schutzschild der Insel; China ist die Unabhängigkeit Taiwans ein Dorn im Auge und überzieht das Land mit immer neuen Drohgebärden. Doch dank der Chipindustrie ist Taiwan von globaler Bedeutung - im Falle einer chinesischen Invasion säßen Unternehmen weltweit buchstäblich auf dem Trockenen, was Halbleiter angeht: auch in China.
Dass sich TSMC aus diesem Grund gegen jegliche Form der Betriebsspionage schützen will, dessen sind sich die Studierenden aus Dresden bewusst und respektieren das. Maschinenbaustudent Lukas findet es sogar ganz gut, das Smartphone mal nicht dabei zu haben: "Dadurch haben wir die Möglichkeit, uns auf die Arbeit zu konzentrieren, während wir bei TSMC sind. Wir können uns fokussieren und mehr mitnehmen, mehr lernen."
Immer unter Aufsicht
Überhaupt gibt es einiges, das dem 24-Jährigen besser gefällt als bei so manchem deutschen Praktikum. So habe jeder Teilnehmer nicht nur immer einen etwa gleichaltrigen "Buddy" an seiner Seite, sondern auch einen sogenannte Instruktor oder einen anderen Mitarbeiter, die Fragen beantworten. So könne das Wissen, das die Studierenden zu Beginn ihres Taiwanaufenthalts an der Uni vermittelt bekamen, nun eher in die Praxis umgesetzt und der Alltag in der Fabrik kennengelernt werden. Bei Verständigungsproblemen helfe immer ein Übersetzer.
Auch Ananya aus Indien, die in Dresden Nanoelektronik studiert, findet, dass sich TSMC wirklich alle erdenkliche Mühe gebe, so viel Wissen wie möglich in kurzer Zeit zu vermitteln. "Sie fragen auch immer wieder nach, ob wir alles verstanden haben und klären sofort offene Fragen."
Andere Arbeitskultur
Beide Seiten, also auch die taiwanische, haben vor Beginn des Programms Seminare über die Kultur des anderen Landes gehabt. Deshalb wussten die Studierenden aus Deutschland, dass sie in Taiwan eine andere Arbeitskultur erwartet. "Hier gibt es viel mehr Hierarchie", hat Weronika festgestellt. In Deutschland werde mehr diskutiert, und man verbringe auch mal Zeit außerhalb der Arbeit mit den direkten Vorgesetzten. Das fehlt der 25-Jährigen ein bisschen in Taiwan.
Deshalb könnte sich Weronika zwar vorstellen, nach ihrem Studium einmal für einige Zeit in Taiwan bei TSMC zu arbeiten - aber dauerhaft auf die Insel zu ziehen? Nein, das wäre nichts für sie, dafür sei Taiwan auch zu weit weg von der Familie und den Freunden. Ähnlich geht es Lukas, dem seine Familie sehr wichtig ist.
Allerdings wird die Fabrik in Dresden wohl bei Studienabschluss noch nicht fertig gebaut sein, also könnte es für alle doch erst einmal Taiwan werden. TSMC habe bereits Interesse signalisiert, denn der Halbleiterproduzent braucht selbst dringend Fachkräfte, wenn er seine globale Spitzenstellung gegen die Konkurrenz behaupten will.
Offene, hilfsbereite Gesellschaft
Die jungen Deutschen nehmen nicht nur beruflich viel mit nach sechs Monaten in Taiwan. Persönlich hat sie vieles an dem Land beeindruckt. Allem voran die freundlichen Menschen: "Wenn du mal in irgendeinem Geschäft stehst und der Verkäufer kein Englisch kann, dann bittet er direkt einen anderen Kunden um Hilfe", begeistert sich Christian, der, wie alle anderen, für das Austauschprogramm erste Chinesischkenntnisse erworben hat. "Einen Bubbletea kann ich schon auf Chinesisch bestellen", sagt er lachend.
Toll finden alle auch, wie sauber die Insel ist, obwohl alles -zigmal in Plastik verpackt werde und es nahezu keine öffentlichen Mülleimer gebe. Auch der Umgang sei viel respektvoller und wertschätzender, findet Christian; davon könne Deutschland viel lernen, sagt er, und alle nicken zustimmend.
Übrigens auch, als Ananya breit lächelnd von den vielen neidischen Freunden erzählt, die alle dauernd Messages schicken und wissen wollen: "Na, was macht ihr bei TSMC, was lernt ihr?" Aber natürlich dürfe sie das nicht verraten, mehr als ein Überblick sei nicht drin. "Da müssen sie schon selbst nach Taiwan gehen."