Uniper in Schwierigkeiten Furcht vor "Lehman-Moment" am Gasmarkt
Der größte deutsche Gasimporteur Uniper verhandelt mit der Regierung über Staatshilfen. Experten warnen: Rutscht der Konzern in die Insolvenz, hätte das verheerende Folgen für die Energiebranche.
Nur zwei Wochen hat es gedauert, bis der erste Energiekonzern in Deutschland in Not geraten ist. Zwei Wochen, nachdem Russland seine Gaslieferungen deutlich gedrosselt hat. Besonders hart trifft es Uniper, den größten Gasimporteur des Landes. Denn der Konzern ist in hohem Maße abhängig von russischem Gas.
"Das Problem, das jetzt entsteht, ist, dass der Gasimport teurer geworden ist", erläutert Felix Hüfner, Chefvolkswirt der UBS-Bank. "Die Versorger müssen dieses fehlende Gas jetzt am Markt kaufen - zu sehr, sehr hohen Preisen. Und da entstehen Kosten." Allein seit Anfang des Jahres hat sich der Gaspreis an der Börse verdoppelt.
Sorge um die Stadtwerke
Doch diese gestiegenen Preise können Versorger wie Uniper nicht direkt an Kunden weitergeben. Grund ist eine gesetzliche Regelung, die Verbraucher schützen soll. Von "signifikanten finanziellen Belastungen" spricht nun Uniper und kassierte seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr. Darauf reagierten Anleger an der Börse deutlich: Der Aktienkurs stürzte gestern zeitweise um mehr als 20 Prozent in die Tiefe. Heute kann sich die Uniper-Aktie zumindest ein kleines Stück erholen.
Die Unsicherheit sei groß, dass auch kommunale Versorger in Not gerieten, wenn Uniper insolvent gehen sollte, sagt Jens Südekum, Ökonom an der Uni Düsseldorf. "Dann wäre das natürlich so eine Art Lehman-Moment für den deutschen Gasmarkt. Dann würde sich sofort die Frage stellen: Wo sollen viele Stadtwerke ihr Gas herbekommen? Dann hätten wir wirklich einen Kaskaden-Effekt", sagt Südekum. "Deshalb ist es essenziell, dass die Gasversorgung sichergestellt wird, und das wird nicht ohne Uniper gehen."
Uniper hofft auf Staatshilfen
Hilfe erhofft sich Uniper nun vom Staat. Garantien und zusätzliche Kredite über die staatliche Förderbank KfW, sogar eine direkte Beteiligung des Bundes an Uniper stehen bei Gesprächen mit der Bundesregierung im Raum. Die Zeit drängt dabei. Denn am 11. Juli kommt es zu Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1. Experten befürchten, dass Russland danach den Gas-Hahn nicht wieder aufdrehen könnte.
Doch wie sieht es bei anderen Energieversorgern aus? Von RWE etwa heißt es, dass man über ausreichend Liquidität verfüge und mit der Bundesregierung nicht über mögliche Staatshilfen spreche. "Es gibt sicherlich einige, die ein bisschen besser und vorausschauender gehandelt und ihren Russland-Anteil beim Gasbezug schon von vornherein niedrig gehalten haben", sagt Südekum. "Aber strukturell ist es ein Problem, das die gesamte deutsche Gasversorgung betrifft."
Es ist ein Problem, für das am Ende nicht der deutsche Staat allein, sondern vor allem auch die Verbraucher werden aufkommen müssen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Versorger wie Uniper die hohen Kosten direkt an kommunale Unternehmen und die wiederum an die Endkunden weitergeben dürfen. Fraglich ist noch, wie die Politik so einen Schritt rechtlich genau begründet - und wie hoch die Preissteigerungen am Ende für die Verbraucher ausfallen.