Wirecard-Prozess Ex-Chef Braun weist alle Vorwürfe zurück
Erstmals hat sich der frühere Wirecard-Chef Braun ausführlich vor Gericht geäußert. Er habe keinerlei Kenntnisse von Fälschungen oder Veruntreuungen gehabt, betonte er. Deshalb wolle er alle Anklagepunkte zurückweisen.
Im Prozess um den mutmaßlichen Milliardenbetrug beim früheren DAX-Konzern Wirecard hat der ehemalige Vorstandschef Markus Braun sämtliche Vorwürfe der Anklage zurückgewiesen. "Ich hatte keinerlei Kenntnisse von Fälschungen oder Veruntreuungen", sagte er vor der vierten Kammer des Landgerichts München. "Ich habe mich auch mit niemandem zu einer Bande zusammengeschlossen", betonte Braun in seiner Stellungnahme. Er wolle alle Anklagepunkte "klar zurückweisen".
Braun ergriff damit in dem Prozess erstmals ausführlich das Wort. Davor hatte bereits seine Verteidigung alle Vorwürfe zurückgewiesen. Im Fall einer Verurteilung drohen Braun viele Jahre Gefängnis.
1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar
Die Staatsanwaltschaft wirft Braun, seinen zwei Mitangeklagten und mehreren weiteren Beschuldigten gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Sie sollen Umsätze in Milliardenhöhe erfunden, die Bilanzen gefälscht und die Kreditgeber des Unternehmens um über drei Milliarden Euro betrogen haben.
Wirecard war im Sommer 2020 zusammengebrochen, nachdem das Unternehmen einräumen musste, dass 1,9 Milliarden Euro angeblich auf Treuhandkonten verbuchter Erlöse nicht auffindbar waren. Der Aktienkurs von Wirecard brach daraufhin ein.
Kurz danach wurde bekannt, dass das Unternehmen Scheingeschäfte betrieben hatte. Damit soll der Konzern seinen Umsatz künstlich aufgebläht und es so zu immer neuen Krediten und bis in den DAX geschafft haben. Der Fall Wirecard wuchs sich zu einem der größten Skandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte aus.
"Ein Tag des tiefsten Bedauerns"
"Ich hatte keine Kenntnis, dass diese Gelder veruntreut wurden", sagte Braun dazu. Er sei stets davon ausgegangen, dass das Geschäft mit Drittpartnern in Asien existiert habe und dass es die Milliarden auf den Treuhandkonten gegeben habe. Er habe sich auf eine ordnungsgemäße Buchführung und -prüfung verlassen, so Braun.
Der 18. Juni 2020, an dem die fehlenden 1,9 Milliarden Euro bekannt wurden, sei für ihn "ein Tag des tiefsten Bedauerns" für Aktionäre und Mitarbeiter und ein "Tag des Schmerzes" gewesen, sagte der Österreicher, der die Firma 18 Jahre lang geführt hatte.
Kronzeuge belastet Braun schwer
Die Staatsanwaltschaft stützt sich bei ihren Anschuldigungen auf einen mitangeklagten Kronzeugen, der Braun zuvor schwer belastet hatte. Der bis 2020 in Dubai für Wirecard tätige Manager Oliver Bellenhaus sagte im Dezember aus, Braun sei ein alles dominierender Chef gewesen, der in den Milliardenbetrug voll eingebunden gewesen sei.
Braun sitzt seit dem Zusammenbruch des Finanzkonzerns vor zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft und hat sich seitdem erst zweimal kurz öffentlich geäußert. In einem Untersuchungsausschuss des Bundestags stellte er sich selbst als Betrugsopfer dar.