E-Auto-Boom Lohnt sich ein gebrauchter Stromer?
E-Autos boomen. Dank einer Erhöhung der Förderprämien sind Neuwagen günstig wie nie. Das wirkt sich auch auf die Preise gebrauchter Stromer aus. Lohnt sich ihr Kauf?
Mindestens 9000 Euro beträgt die Förderprämie beim Kauf eines neuen Elektroautos. Das lockt die Kunden zu den Autohändlern. Die Umsätze steigen erheblich. Aber auch auf den Gebrauchtwagenmarkt hat dies deutliche Auswirkungen, sagt Matthias Vogt vom ADAC: "Die Preisstruktur hängt immer vom Neuwagenmarkt ab. Es gab einen eingependelten Markt, der jetzt durcheinandergewirbelt wurde durch die Veränderungen in der Förderwelt. Jede Erhöhung bei der Förderung von Neuwagen drückt auf die Preise. Und dementsprechend sind die Gebrauchten weniger wert als noch vor zwei oder drei Jahren."
Seit die Bundesregierung die Förderung für E-Autos erhöht hat, brummt das Geschäft mit den meist kompakten Elektro-Flitzern. Schon 240.000 von ihnen sind auf Deutschlands Straßen unterwegs - Tendenz stark steigend. Denn auf die Förderprämie legen einige Hersteller und Händler sogar noch etwas obendrauf: Bis zu 11.000 Euro sind dann drin.
Trotzdem kaufen sich viele Kunden als erstes E-Auto einen Gebrauchtwagen, meint Levent Aydemir. Der Verkäufer vom Autohaus Müller bei Freising berät zur Zeit fast nur noch Kunden, die sich ein Elektro-Auto zulegen wollen. Seine Erfahrung: "Wir haben oft den Fall, dass die Kunden erst einen Gebrauchten nehmen und dann, wenn die Skepsis fällt, sich für einen Neuwagen entscheiden."
Qualität der Batterien wichtig
Doch mit der Erhöhung der Förderprämien steht der Markt für Elektro-Autos Kopf. Immer mehr Kunden entscheiden sich für Neuwagen. Ernad Hadzic, Betriebsleiter beim Autohaus Müller, berichtet sogar, dass die Preise für Gebrauchte regelrecht eingebrochen sind: "Wir haben deutlich mehr Kunden im Bereich Neuwagen, aber wir haben einen massiven Wertverlust im Gebrauchtwagenbereich. 150 Autos haben wir immer vorrätig - und die sind über Nacht deutlich weniger wert geworden."
Was die Händler ärgert, dürfte die Kunden freuen: Gebrauchte E-Autos gibt es zur Zeit zum Schnäppchenpreis. Um die 7000 Euro kostet zum Beispiel ein drei Jahre alter Wagen in äußerlich gutem Zustand. Das Problem: Oft ist ungewiss, wie gut das Herzstück eines E-Autos, die Batterien, noch sind. Ärgerlich, wenn man einige Monate nach dem Kauf mit dem Fahrzeug liegenbleibt.
Höherer Verschleiß
Julian Zwick vom TÜV Süd ist Experte für Elektromobilität. Sein Rat lautet, vor allem auf den Zustand von Gelenk- und Fahrwerksteilen zu achten. "Die werden stärker belastet als beim konventionellen Fahrzeug. Auch die Reifen - da ist der Verschleiß höher, so ein Fahrzeug verleitet zum sportlichen Fahren. Sonst aber ist nichts anders." Und die Batterie? Die zu bewerten sei schwierig, so der TÜV-Experte. "Heutige Fahrzeuge sind so gut. Und wenn Sie sich ein Fahrzeug kaufen mit Garantie vom Händler ihres Vertrauens, dann können Sie sich schon sicher sein, dass die Batterie einen sehr guten Zustand hat."
Doch was ist mit dem technischen Fortschritt? Kauft man mit einem Gebrauchten nicht automatisch Technik von Vorgestern? TÜV-Experte Zwick gibt auch hier Entwarnung: "Es ist nicht so, dass man, wenn man gebrauchtes Fahrzeug kauft, technisch total abgehängt ist." Es tue sich zwar immer etwas im Bereich der Batterie- und Ladetechnik, jedoch seien die Veränderungen nicht so signifikant, dass es Kaufinteressenten abschrecken sollte. "Es ist nicht so wie bei Mobiltelefonen, wo ich nach ein paar Jahren keine Updates oder keine Ersatzteile mehr bekomme. Das haben wir bei Fahrzeugen nicht", versichert Zwick.
Vorteil bei Gebrauchtwagen: keine Wartezeit
Die ersten Elektroautos kamen 2012 auf dem Markt. Entsprechend gibt es inzwischen eine große Auswahl an Gebrauchtwagen - zu günstigen Preisen. Was Händler und private Verkäufer ärgern mag, macht den Kauf eines gebrauchten E-Autos für Kunden interessant; zumal bei Neuwagen zur Zeit mit langen Lieferzeiten gerechnet werden muss. Beim Volkswagen ID3 beträgt die Wartezeit laut einer BR-Umfrage unter Händlern fünf bis sechs Monate. Einen Opel Corsa E bekäme man nach fünf Monaten, ähnlich wie den Mini Cooper SE. Beim gebrauchten Stromer hingegen gilt: bezahlen, einsteigen, losfahren.