Schutz gegen Elementarschäden Pflichtversicherung - oder besser doch nicht?
Zwei Milliarden Euro Schaden verzeichnetet die Versicherungswirtschaft durch die jüngsten Unwetter in Süddeutschland. Viele befürworten eine verpflichtende Elementarschaden-Versicherung. Doch diese birgt auch Tücken.
Aufräumen bei Familie Gamperling in der Gemeinde Pfaffenhofen: Hier stand der Keller unter Wasser, das meiste ist aber mittlerweile abgepumpt. Ein Helfer kippt die Waschmaschine um, heraus fließt der letzte Rest des braunen Flusswassers, ungefähr ein Eimer voll.
Unter einer dünnen Schlammschicht zeigen sich die Schäden im Raum. Das Haus steht in der Nähe eines Baches, kleinere Wasserschäden kennen sie hier. Aber so viel Wasser wie dieses Mal, das gab es bei Brigitte Gamperling noch nie.
"Wenn viele einzahlen, wird's billiger"
Immerhin: Die Familie hat eine Elementarschaden-Versicherung abgeschlossen. Sie bekommt also finanzielle Unterstützung. Aber Pflicht ist diese Versicherung nicht. "Ich bin der Meinung, das müsste unbedingt eine Pflichtversicherung werden", sagt Brigitte Gamperling. "Natürlich kostet's was. Aber wenn viele einzahlen, dann wird's billiger."
Jedes Mal, wenn ein solches Unglück passiert, gebe es große Debatten. Und dann passiere: nichts. Das sei beispielsweise beim Unglück in Simbach am Inn 2016 auch schon so gewesen. Damals überschwemmten gewaltige Wassermassen den Ort und zwei Nachbargemeinden - sieben Menschen starben.
Schutz kostet in Frankreich 26 Euro
Für Schäden durch Feuer, Gewitter, Sturm und Hagel reichen eine Hausrat- und Wohngebäudeversicherung aus. Schäden durch Hochwasser, Schnee und Erdbeben sind dadurch aber nicht abgedeckt.
Hierfür ist die Elementarschaden-Versicherung nötig - und die ist freiwillig. Rund 54 Prozent aller Gebäude in Deutschland sind entsprechend abgesichert, heißt es vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
In Frankreich gibt es seit 1982 eine Elementarschaden-Pflichtversicherung. Kostenpunkt: durchschnittlich 26 Euro pro Jahr, laut Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz. Das könnte ein Vorbild sein, sagen SPD und Grüne.
Versicherungsbranche hat Zweifel
Schäden in Höhe von zwei Milliarden Euro hat die Flut in Bayern und Baden Württemberg laut GDV gekostet. Aufgeteilt auf 84 Millionen Deutsche wären das knapp 24 Euro.
Doch die FDP und auch die Versicherer selbst sind gegen dieses Modell. Von der Versicherungskammer Bayern heißt es auf Anfrage, eine Pflichtversicherung könne sogar schaden. Sie könne "das Risiko bergen, dass sich manch einer in falscher Sicherheit wiegt und wichtige Präventionsmaßnahmen durch Hauseigentümer oder auch Staat und Kommunen unterbleiben." Nach dem Motto: Warum teure Pumpen einbauen, wenn die Versicherung für alle Schäden aufkommt?
Thema für die Politik
Der Ökonom Marcel Tuhm vom ifo-Institut hält dagegen. Eine Versicherungspflicht sei generell zu empfehlen. Allerdings nicht durch pauschale Beträge, die für jeden gleich sind.
Prämien hingegen, die steigen, je höher das Schadensrisiko ist, würden sich nach seiner Einschätzung gesamtwirtschaftlich lohnen. Gerade für geplante Neubauten in gefährdeten Regionen müsse die Prämie deutlich höher sein als anderswo.
Bundeskanzler Scholz und die anderen Politiker aus Bund und Ländern haben ihre Besuche in der Hochwasserregion beendet. Am 20. Juni wollen sie sich noch einmal mit dem Thema Pflichtversicherung gegen Elementarschäden beschäftigen. Bis dahin hat Frau Gamperling vielleicht sogar schon eine neue Waschmaschine.