Verbraucherrechte EU-Parlament stimmt für "Recht auf Reparatur"
Das EU-Parlament hat seine Position zum geplanten Recht auf Reparatur beschlossen. Garantiezeiten von Geräten werden verlängert, Reparaturen günstiger und Ersatzteile einfacher verfügbar.
Verbraucherinnen und Verbrauchern gehen jedes Jahr schätzungsweise zwölf Milliarden Euro verloren, weil sie sich für neue Produkte entscheiden, statt ihre alten zur Reparatur zu bringen. Und auch der anfallende Müll ist ein riesiges Problem.
"Nach Berechnungen der EU-Kommission fallen jedes Jahr rund 35 Millionen Tonnen Abfall an. Allein deswegen, weil Produkte viel zu früh weggeschmissen werden, statt repariert zu werden", sagt der Europaabgeordnete René Repasi von der SPD. "Das zeigt, welches Potenzial ein Recht auf Reparatur hat."
Dieses Potenzial soll nach dem Willen des EU-Parlaments mit vielen Anreizen ausgeschöpft werden. Verkäufer beziehungsweise Hersteller werden verpflichtet, innerhalb der Garantiezeit eine kostenlose Reparatur anzubieten, es sei denn, diese ist teurer als ein Austausch, faktisch unmöglich oder den Verbrauchern unangenehm. Wenn ein Produkt nicht repariert werden kann, können die Hersteller auch ein überholtes Gerät anbieten. Bei lange dauernden Reparaturen soll ein Ersatzgerät zur Verfügung gestellt werden.
Vom Kühlschrank bis zum Smartphone
"Auch wollen wir den Zugang zu Ersatzteilen oder Anleitungen und Diagnosetools für alle, auch für kleinere Werkstätten, garantieren. Außerdem verlängern wir die Garantiezeit um ein Jahr, wenn ein Produkt repariert wurde", sagt die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini. "Das ist ein großer Anreiz für Verbraucherinnen und Verbraucher, ihr Produkt zu reparieren."
Die Regelung gilt für schwere Haushaltsgeräte wie Kühlschränke und Geschirrspüler, aber auch für Smartphones, Tablets oder Fahrräder. Wer sein Fahrrad nach dem Erlöschen der Garantie reparieren lassen will, hat auch darauf einen Anspruch.
"Aber die Reparatur ist natürlich nicht kostenfrei", so der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab. "Die Hersteller und Händler müssen darauf achten, dass ihre Produkte reparaturfreundlich gestaltet sind. Das gilt für Soft- und Hardware. Der Einbau von Ersatzteilen muss möglich sein, sofern das nicht mit zu hohen Kosten verbunden ist."
Reparatur geht vor Neukauf
Verbraucher, die in Zukunft ihren kaputten Staubsauger reparieren lassen wollen, können das während der Gewährleistung direkt beim Hersteller machen, der in der Zeit zu einer Reparatur verpflichtet ist. Alternativ bei einer unabhängigen Werkstatt.
Die Ersatzteile und Reparaturanleitungen müssen für die erwartete Lebensdauer des Produkts auch für unabhängige Werkstätten erhältlich und erschwinglich sein. Praktiken, die einer Reparatur faktisch im Weg stehen, will das Parlament verbieten, also etwa die Serialisierung von Ersatzteilen.
Hersteller dürfen in Zukunft auch Reparaturen nicht mehr ablehnen, falls das Produkt schon mal außerhalb des autorisierten Händlernetzes repariert wurde. Den Mitgliedstaaten bleibt es überlassen, ob sie Reparaturen durch finanzielle Anreize wie Gutscheine und nationale Reparaturfonds fördern.
Vorsicht beim Kauf über Online-Marktplätze
Cavazzini stellt klar: "Auch im Recht auf Reparatur sind wir auf die Frage von Online-Marktplätzen gestoßen. Leider ist es uns nicht gelungen, eine Mehrheit zu finden im Parlament und diese stärker in die Verantwortung zu nehmen, wenn sie keinen wirtschaftlich Verantwortlichen benennen können, der für die Reparatur verantwortlich ist. Somit bleibt ein Schlupfloch für Verbraucherinnen und Verbraucher, die aus Drittstaaten online bestellen."
Nach der Abstimmung müssen sich Parlament und Länder noch auf die finale Fassung des Gesetzes einigen. Die Richtlinie könnte damit noch vor der Europawahl im Juni kommenden Jahres verabschiedet werden.