Müllvermeidung in Europa Neuer Schwung für mehr Recycling?
Ob Plastikmüll oder Elektroschrott: Die Abfall-Mengen wachsen. Die EU will deshalb ein Recht auf Reparatur etablieren und höhere Recyclingquoten durchsetzen. Doch der Weg ist noch weit.
Waschmaschinen, die einen Tag nach Ablauf der Garantiezeit kaputtgehen. Handys, die nicht repariert werden können. Smarte Fernseher, für die es plötzlich keine Updates mehr gibt. Damit soll bald Schluss sein. Das Europaparlament will jedenfalls den Herstellern kräftig Druck machen und die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu bringen, bewusster einzukaufen. Auch, damit unnötiger Müll gar nicht erst entsteht. "Denn wenn wir mit dem Rohstoffverbrauch so weiter machen wie bisher", sagt der niederländische Liberale Jan Huitema, "dann brauchen wir 2050 nicht einen Planeten, sondern drei."
Kommt das Recht auf Reparatur?
Mehr Nachhaltigkeit, weniger Wegwerfmentalität - das ist das Ziel. Das Europaparlament verlangt deshalb nicht nur schärfere Recyclingquoten, sondern auch ein Recht auf Reparatur. Mit längeren Garantiezeiten und einem Anspruch auf Software-Updates. Und: Produkte sollen von vorneherein nachhaltiger entworfen sein, damit etwa bei Handys Kamera oder Akku auswechselbar sind.
Heute landen viele Geräte im Müll, weil sie gar nicht oder nur mit großem Aufwand repariert werden können. So wie ihr Smartphone, wie die Grünen-Abgeordneten Anna Cavazzini erzählt: "Die Batterie von diesem Handy schwächelt. Obwohl es eigentlich noch funktioniert, muss ich mir ein neues kaufen, mit allen negativen Folgen. Mehr Rohstoffe müssen unter zum Teil verheerenden Bedingungen gefördert werden. Mehr CO2 und Berge von Elektroschrott."
Ohne Kreislaufwirtschaft kein Klimaschutz
Für EU-Kommissionschefin von der Leyen ist die Kreislaufwirtschaft ein wichtiger Teil ihres "Green Deal", mit dem sie Europa klimagerecht umbauen will. Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius unterstützt daher den Vorstoß des Parlaments. Er glaubt, dass ein nachhaltiger Rohstoffkreislauf für neue Jobs und sozialen Ausgleich sorgen kann.
"Es ist ein dreifacher Gewinn. Für die Menschen, für den Planeten und für den Wohlstand", sagt der EU-Umweltkommissar - und kündigt eine Reihe von Initiativen an: etwa Ausfuhrbeschränkungen für Abfälle und feste Vorgaben zur Verwendung von recycelten Materialien anstelle wertvoller Rohstoffe.
Um diesen Wandel auch weltweit herbeizuführen, sollte die EU die Kreislaufwirtschaft in ihre Handelsverträge aufnehmen, sagt die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn: "'Unsere Kinder sollen es mal besser haben': Diesen Wunsch hatten meine Eltern für mich und meinen Bruder, diesen Wunsch hatten Generationen von Eltern für ihre Kinder, und ich will, dass dieser Wunsch auch morgen noch genau so gilt", sagt sie.
Keine "Sollbruchstellen" mehr in Produkten?
Das Parlament verlangt außerdem rechtliche Schritte gegen Hersteller, die "Sollbruchstellen" in ihre Produkte einbauen und damit absichtlich die Lebensdauer verkürzen. Ein digitaler "Produktpass" soll darüber informieren, wie lange ein Gerät hält und ob es repariert werden kann.
Und: Teil des Pakets sind einheitliche Ladekabel für Handys, Laptops und andere Geräte - für Kameras zum Beispiel, Kopfhörer, Streaming-Lautsprecher oder elektrische Zahnbürsten. Außerdem werden die Hersteller aufgefordert, nicht bei jedem Produkt automatisch ein neues Ladegerät mitzuliefern. Denn das alles sorgt für gewaltige Mengen Elektroschrott.
Bis es aber mit dem Standardkabel für alle endlich soweit ist, dürfte es noch ein bisschen dauern. Der entsprechende Vorschlag der EU-Kommission wird nämlich erst Ende des Jahres erwartet - und den Herstellern wahrscheinlich eine Übergangszeit einräumen.