Altkleidersammlung "Fast Fashion" bereitet Probleme
Viele Menschen nutzen die Pandemie zum Ausmisten ihrer Kleiderschränke und spenden die alten Sachen. Doch die Altkleider haben oft eine schlechte Qualität - teilweise werden deshalb sogar Container abgebaut.
In Dortmund kommen die städtischen Altkleidercontainer nach und nach weg. Die gesammelte Kleidung könne kaum noch verarbeitet werden und finde keinen Abnehmer mehr, teilt das kommunale Entsorgungsunternehmen EDG in Dortmund mit. Bis Ende März werden deshalb 331 Container entfernt. Einen ähnlichen Trend gibt es auch in anderen Städten.
Mehr Altkleider wegen "Fast Fashion"
Die Begründungen klingen überall ähnlich. Die Container würden von manchen Bürgern missbraucht, beklagen die Sammelorganisationen. "Immer wieder landet Müll, sogar Hundekot, in den Altkleidercontainern", sagt Natascha Baumhauer, Fachreferentin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK).
Noch schwerwiegender ist für die Altkleider-Sammler die mangelnde Qualität der abgegebenen Textilien. Kleidung werde zunehmend aus synthetischen Fasern, also aus minderwertigem Material, hergestellt. Diese lassen sich schlechter recyceln, so die Kritik. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Alttextilien zu, weil mehr Kleidung gekauft wird. Die Kollektionen im Einzelhandel wechseln in immer kürzeren Zeitabständen. In Fachkreisen wird dieser Trend hin zu schneller und billiger Kleidung "Fast Fashion" genannt.
Eine halbe Milliarde unverkaufte Artikel
Durch die Schließung von Geschäften seit Mitte Dezember könnte der Kleiderberg in diesem Jahr noch sehr viel größer ausfallen. Die Handelsverbände Textil (BTE), Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) rechnen allein für die Zeit bis Ende Januar mit einer halben Milliarde unverkaufter Modeartikel. Zumindest ein Teil davon könnte weggeworfen und vernichtet werden, befürchtet die Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Insgesamt bekommen Organisationen wie das Rote Kreuz eher zu viele als zu wenige Altkleider-Spenden. Aber insbesondere in den Containern sei die Qualität schlecht, teilweise sei die Kleidung auch beschädigt, sagt DRK-Vertreterin Baumhauer: "In unseren Kleiderläden werden insgesamt bessere Kleider abgegeben. Die Menschen, die dort spenden, haben eine ganz andere Herangehensweise." Im Lockdown seien die Kleiderläden aber geschlossen.
System vor dem Kollaps
Neben kommunalen und karitativen Einrichtungen sammeln auch private Unternehmen Altkleider. Ihnen macht die Lage wirtschaftlich zu schaffen, sagt Thomas Fischer vom Branchenverband BVSE: "Die Qualität der Kleidung hat abgenommen und die Margen für verkaufte Kleidung werden immer kleiner."
Nur zwei bis vier Prozent der von Privatunternehmen gesammelten Altkleider werden als Second-Hand-Produkte in Deutschland verkauft, erklärt Fischer: "60 Prozent gehen als Second-Hand-Ware ins Ausland." Teilweise sei die Qualität der Kleidung so schlecht, dass sie sich bestenfalls noch zu Putzlappen verarbeiten ließe. Ein anderer Teil werde verbrannt - als Ersatzbrennstoff oder als Müll.
Der BVSE sieht das System des Alttextilrecyclings vor dem Kollaps. Nach seinen Angaben ist die Menge von Alttextilien von 2013 bis 2018 von einer Million Tonnen auf rund 1,3 Millionen Tonnen gestiegen.
Alternative Kleidertauschbörsen
Auch die Umweltorganisation Greenpeace beklagt eine massive Überproduktion von Kleidung und warnt vor den ökologischen Folgen. Textilien seien zum billigen "Wegwerfartikel" geworden, kritisiert Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth: "Das ist eigentlich Sondermüll, Stoffgemische wie in einem Tetrapack. Das ist Plastikmüll, den wir tragen."
Die Verbraucher seien deshalb gefordert, sagt die Aktivistin. Sie empfiehlt Kleidertauschbörsen, die gerade in der Corona-Zeit auch digital stattfänden. "Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, das nicht neu hergestellt werden muss", sagt Wohlgemuth.
"Pfandsystem" für Kleidung?
Die Umweltschützerin fordert außerdem eine Umkehr zu recyclingfähiger Kleidung. Die Hersteller selbst müssten die Verantwortung für die Entsorgung übernehmen und dafür bezahlen: "Sowas wie ein Pfandsystem für Kleidung wäre genial, auch wenn das im Moment noch als utopisch abgetan wird", schlägt Wohlgemuth vor.
Eine gesetzliche Neuregelung ist immerhin in Sicht: Ab 2025 dürfen Alttextilien in der EU nicht mehr in den Restmüll, sondern müssen getrennt gesammelt werden. Die Altkleidercontainer dürften dadurch aber noch voller werden.