Schließen von Funklöchern Wissing erhöht Druck auf Netzbetreiber
Das Schließen von Funklöchern und "weißen Flecken" in Deutschland dauert länger als gedacht. Die Netzbetreiber erfüllen entsprechende Auflagen in diesem Jahr voraussichtlich nicht mehr. Verkehrsminister Wissing will das Tempo erhöhen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erhöht den Druck auf die Netzbetreiber, weil Auflagen beim Schließen von Funklöchern und sogenannten "weißen Flecken" voraussichtlich nicht erfüllt werden. Der FDP-Politiker sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Das kann vielfältige Gründe haben, etwa weil Lieferverzögerungen, Bürgerinitiativen oder langwierige Genehmigungsverfahren den Ausbau ausbremsen. Die Gründe müssen jetzt genau erörtert werden, zusammen mit der Mobilfunkbranche."
Wo Netzbetreiber in der Verantwortung stehen, sollte aus Sicht des Ministeriums auch von rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden, selbstverschuldete Verzögerungen zu sanktionieren, so Wissing weiter. Sanktionen müsste die Bundesnetzagentur verhängen. Die Behörde überprüft die Versorgungsauflagen. Bei einem Verstoß drohen empfindliche Strafen. So kann die Bundesnetzagentur Bußgelder verhängen. Heute tagt der Beirat der Behörde.
Wissing sagte, bei der digitalen Konnektivität solle Deutschland nicht mehr länger Mittelmaß sein, sondern in der Spitze mitspielen. "Im Mobilfunk müssen wir schnellstmöglich Funklöcher schließen. Die Netzbetreiber investieren viel Geld und treiben den Ausbau voran."
Netzbetreiber erfüllen Versorgungsauflagen nicht
Rund 97 Prozent der Fläche sind nach Angaben der Bundesnetzagentur mit 4G versorgt. Aktuelle Zahlen zeigen, dass die Versorgung durch die Netzbetreiber mit dem neuesten Mobilfunkstandard 5G in der Fläche im Oktober 2022 bei rund 79 Prozent lag und somit um knapp 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist.
"Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass die Versorgungsauflagen bis Ende 2022 von der Telekommunikationsbranche voraussichtlich nicht eingehalten werden", so Wissing, der auch für Digitales zuständig ist. "In der Gigabitstrategie haben wir festgeschrieben, positive Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Ausbau zu beschleunigen. Wir wollen das Baurecht vereinfachen und vereinheitlichen, und hier sind die Länder in der Verantwortung, die Landesgesetze entsprechend schnell anzupassen."
Vodafone: "Wir sind auf der Zielgeraden"
Der Anbieter Vodafone vermeldet bereits erste Erfolge. "Unsere Techniker haben die LTE- und 5G-Netze für Vodafone-Kunden seit der Frequenz-Auktion im Juli 2019 massiv verstärkt", heißt es aus der Pressestelle. Bei der Erfüllung der Versorgungsauflagen sei Vodafone auf der Zielgeraden. "Nach aktueller Planung werden wir die Versorgungsziele nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur, überall dort, wo wir nicht durch externe Einflüsse daran gehindert werden, erfüllen", teilte das Unternehmen mit.
Bei 5G habe Vodafone mehr als 1000 Stationen im 3,5 Gigahertz Bereich freigeschaltet. Und auch bei der Haushaltsversorgung mit schnellem LTE seien in den vergangenen Monaten große Fortschritte erzielt worden. Der Anbieter sei zuversichtlich, diese zentralen Versorgungsziele bis zum Jahresende vollständig zu erreichen.
Betreiber sehen Mitschuld bei den Ländern
Ein Sprecher der Telekom kritisierte, die "Standortsuche und langwierigen Genehmigungsverfahren" seien Schuld daran, dass die Netzbetreiber so langsam vorankämen. Zudem habe die Liste der Länder mit allen weißen Flecken im Funknetz erst Ende 2021 vorgelegen. Die Anmietung und Beantragung eines Standorts für einen Funkmast benötige aber im Schnitt zwischen 15 und 19 Monate. Vodafone spricht gar von 30 Monaten.
Wie aus einem Bericht der Bundesnetzagentur an ihren Beirat hervorgeht, wird voraussichtlich keiner der drei etablierten Betreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica die Ausbauauflagen bei 4G-Funklöchern erfüllen. Danach ist Telefonica Deutschland (O2) erst bei 45 neuen Funkstationen, die Deutsche Telekom bei 28 und Vodafone bei zwölf. Keine der drei Firmen sieht sich demnach in der Lage, die fehlenden Funkmasten bis Silvester fertig zu bekommen.
Insgesamt 500 Löcher sollten die großen Netzbetreiber eigentlich zu gleichen Teilen bis Silvester stopfen. Dazu verpflichtet sie eine Auflage aus einer Frequenzauktion im Jahr 2019. Von den jeweils 167 Funklöchern pro Mobilfunkanbieter ist bisher aber nur ein kleiner Teil tatsächlich gestopft worden. Die Telekom gibt an, bis zum Jahreswechsel 55 Versorgungslücken im 4G-Netz zu schließen, gleiches gilt für Telefonica Deutschland (O2). Bei Vodafone seien bislang 30 Löcher geschlossen worden. Diese würden jetzt mit 100 Megabit pro Sekunde versorgt. "Bis zum Jahresende werden wir diese Zahl durch die Aktivierung zahlreicher weiterer Stationen im dreistelligen Bereich vervielfachen", schreibt die Pressestelle des Unternehmens. Nach aktueller Planung würde das Ausbauziel bis zum Jahresende, bis auf wenige "nicht selbst verschuldete Einzelfälle", erfüllt.
Echte Funklöcher auf 0,32 Prozent der Fläche
Streng genommen sind weiße Flecken nach Definition der Bundesnetzagentur keine Funklöcher, weil dort zumindest 2G-Telefoniesignale zu empfangen sind. Im datengetriebenen Internetzeitalter dürften viele Bundesbürger weiße Flecken aber wie ein Funkloch empfinden.
Echte Funklöcher gab es nach Angaben auf der Webseite breitband-monitor.de im Oktober auf gerade einmal 0,32 Prozent der Fläche Deutschlands - dort ist nicht mal 2G zu empfangen. Weiße Flecken gab es dagegen auf 2,94 Prozent der Fläche. Hinzu kommt noch eine Fläche von 18,6 Prozent mit "grauen Flecken", wo nur einer oder zwei der drei Netzbetreiber funken.