Folgen des Maestro-Endes Konkurrenzdruck für die Girocard
Die als EC-Karte bekannte Girocard ist in Deutschland sehr beliebt. Doch das Auslaufen des Maestro-Systems könnte einen Wandel einläuten. Mastercard und Visa forcieren mit Kalkül andere Karten auf dem Markt.
Fast jeder Deutsche hat sie im Portemonnaie und benutzt sie: die Girocard, umgangssprachlich auch EC-Karte genannt. Sie ist die beliebteste Bankkarte in Deutschland. Nach Angaben der Bundesbank haben 95 Prozent der Bundesbürger mindestens eine Girocard, aber nur etwas mehr als die Hälfte ist im Besitz einer Kreditkarte. Das könnte zum Problem werden. Denn die Girocard wird künftig zwei wichtige Funktionen weniger haben: das Geldabheben und Bezahlen im Ausland.
Girocard künftig ohne Maestro
Im Herbst 2021 hat der US-Bezahldienstleister Mastercard eine weitreichende Entscheidung getroffen: Ab dem 1. Juli 2023 dürfen keine Maestro-fähigen Geldkarten mehr ausgegeben werden. Maestro ist das Bezahlsystem, das Transaktionen im Ausland überhaupt erst möglich macht. Es ist erkennbar an dem rot-blauen Symbol auf der Girokarte. Und eben dies soll es bald nicht mehr geben. Das Unternehmen begründet den Schritt damit, dass die Funktion nicht ausreichend für den Onlinehandel ausgelegt und daher nicht mehr zeitgemäß sei.
Will Mastercard am Onlinehandel mehr verdienen?
Die Verbraucherzentrale hat aber noch eine ganz andere Vermutung: "Besonders da die Girocard in Deutschland ein Standardzahlungsmittel ist, könnte es aber auch sein, dass Mastercard mehr am Umsatz des Onlinehandels mitverdienen möchte", heißt es auf der Seite des Bundesverbands.
Wird also künftig bei der Zahlung statt des Lastschriftverfahrens häufiger eine Kredit- oder Debitkarte etwa von Mastercard verwendet, zahlen die Online-Shops Gebühren an das Unternehmen. Die Verbraucherzentrale folgert daraus, dass dies den Anteil an Kredit- und Debitkarten auf dem deutschen Markt stark erhöhen würde.
US-Finanzriesen drücken Debitkarten auf den Markt
Claudio Zeitz-Brandmeyer vom Verbraucherzentrale Bundesverband beobachtet, dass die US-Konzerne Mastercard und Visa derzeit ihre eigenen Zahlungskartensysteme auf den Markt vorantreiben, die sogenannten Debitkarten. "Mastercard erhöht mit seiner Entscheidung (das Maestro-System abzuschalten) den Druck auf einzelne Institute, seine Debitkarte zu verwenden."
Noch ist Maestro auf den meisten Karten der Sparkasse implementiert, die Volksbanken hingegen bieten ihren Kunden V-Pay von Visa an. Branchenkenner glauben aber, dass Visa der Entscheidung von Mastercard folgen könnte und das Auslands-Bezahlsystem für die Girocard abschaffen könnte.
Debit- oder Kreditkarte?
So bekommt also das in Deutschland so beliebte Girokarten-Modell unweigerlich Konkurrenz. Immer mehr Institute bieten von vorneherein sogenannte Debitkarten an. Vergleichbar mit der Girokarte, denn bei einer Zahlung wird das der Debitkarte zugeordnete Konto sofort belastet. Anders als bei der Kreditkarten-Zahlung, wo tatsächlich ein Kredit gewährt wird, der meist zum Monatsende erst abgebucht wird – zuzüglich angefallener Zinsen.
Die Kreditkarte ist aber das Mittel der Wahl, wenn es um Bezahlvorgänge im Ausland geht. Kaum eine Hotelreservierung oder Automiete funktioniert ohne die kleine Plastikkarte. Mit ihr kann beispielsweise bargeldlos eine Kaution hinterlegt werden, die mögliche Schäden an Zimmer oder Mietwagen absichert. Hier wird die Debitkarte, die der Kreditkarte zum Verwechseln ähnlich sieht, häufig nicht anerkannt. Verbraucherschützer raten dazu, genau zu überprüfen, welche Bankkarten man im eigenen Portemonnaie hat und gegebenenfalls nachzurüsten.
Wie die Banken auf das Auslaufen der Maestro-Funktion reagieren werden, dürfte je nach Institut unterschiedlich sein. Es ist auch noch ein bisschen Zeit, denn Verbraucher können ihre Girocard mit Maestro-Symbol bis zum Ende der Laufzeit – spätestens bis zum 31. Dezember 2027 nutzen, betont der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Europäische Antwort lässt auf sich warten
Allerdings lässt ein einheitliches Europäisches Bezahlsystem weiter auf sich warten. Erst im vorletzten Jahr gründeten 16 europäische Großbanken die European Payments Initiative. Ziel ist es, den übermächtigen US-Finanzdienstleistern wie Visa, Mastercard und Paypal etwas entgegenzusetzen. Allerdings sind zuletzt namhafte Teilnehmer wie die Commerzbank und mehrere spanische Banken abgesprungen. Für den Verbraucher könnte dies bedeuten, dass er künftig seine Geldgeschäfte online und im Ausland vor allem über die US-Anbieter abwickeln muss - die dann in der Folge auch als Monopolisten ihre Konditionen durchsetzen könnten.