Energie statt Lage entscheidend Schlecht sanierte Häuser verlieren stark an Wert
Immobilien mit ungenügender Energie-Bilanz verlieren laut einer Studie an Wert und sind weniger gefragt. Höhere Kosten und das anstehende Gesetz zum Heizungstausch sorgen für enorme Preisabschläge.
Mehrfamilienhäuser mit den schwächsten Energieklassen G und H sind im ersten Quartal durchschnittlich um bis zu 28 Prozent günstiger als besonders energieeffiziente Objekte gewesen. Das ergab eine Analyse des Immobilienspezialisten Jones Lang LaSalle (JLL), der hierfür nach eigenen Angaben 5000 Angebotsdaten ausgewertet hat. Vor einem Jahr habe der Preisunterschied noch 21,6 Prozent betragen.
Zum vergangenen Quartal habe sich die Abwärtsdynamik der Studie zufolge noch einmal verstärkt: Gemessen am Vorquartal ist der Preisabschlag für Objekte mit der schlechtesten Energieeffizienz spürbar um rund 3,6 Prozentpunkte gewachsen, ausgehend von damals 24,5 Prozent.
Größte Preisschere auf dem Land
Im Detail beträgt der Preisabschlag zwischen der besten (A) und schwächsten (H) Energieklasse nach Angaben von Jones Lang LaSalle und dem "Handelsblatt" bei Wohnungen und Einfamilienhäusern in Kernen von Metropolen im Schnitt bis zu 35 Prozent. Ähnlich groß war die Schere im verdichteten Umland mit 36 Prozent. Besonders gravierend sind die Unterschiede allerdings in kreisfreien Klein- und Mittelstädten sowie im ländlichen Raum. Hier klaffen Preisunterschiede bei den Immobilien-Angeboten laut den Daten von 45 und 51 Prozent.
Galt bisher die Lage als entscheidendstes Merkmal für den Preis einer Immobilie, wird mit steigenden Energiepreisen und der neuen Gesetzgebung die Energiebilanz immer wichtiger. Bei energetisch schlechteren Immobilien sei mit niedrigeren Mieteinnahmen und einer schlechteren Handelbarkeit zu rechnen, heißt es von JLL. Zugleich schüre die Debatte um den geplanten Heizungstausch die Unsicherheit. Das schlage sich in der Nachfrage und damit im Preis der Immobilien nieder.
Teure Zinsen und hohe Baukosten belasten zusätzlich
Ohnehin hatten die gestiegenen Zinsen den Markt zuletzt bereits unter Druck gesetzt und in vielen Regionen zu sinkenden Preisen geführt. Zugleich hatten stark gestiegene Baukosten für höhere Kosten bei energetischen Sanierungen gesorgt. Derzeit weist der Immobilien-Finanzierer Interhyp durchschnittliche Hypothekenzinsen von 3,9 Prozent mit Sollzinsbindung für zehn Jahre aus.
Unsicherheit zu Heizungsgesetz hält an
Die Unsicherheit am Immobilienmarkt wird dadurch verstärkt, dass die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP die künftigen Regeln zum Einbau neuer Heizungen noch nicht verabschiedet hat. Ein Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht vor, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent durch Erneuerbare Energien betrieben werden soll.
Die FDP sieht jedoch Änderungsbedarf und hat ihre Bedenken mit 77 Fragen an Habeck untermauert. Nun liegen die Antworten seines Ressorts vor. Ob der Bundestag noch vor der Sommerpause das Gesetz zur Wärmewende beschließen wird, ist noch offen.
Nach Bekanntwerden des Vorhabens war der Absatz von Wärmepumpen im ersten Quartal rasant nach oben geklettert. Nach Angaben des Bundesverbands der deutschen Heizungsindustrie (BDH) und des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) legte er um 110 Prozent im Jahresvergleich zu. Die Anzahl an Heizungswärmepumpen sei in den ersten drei Monaten des Jahres von 43.500 auf 91.500 gestiegen. Hinzu kämen noch 16.500 Wärmepumpen zur Erzeugung von Warmwasser.
"Wohnatlas 2023" - Preise steigen langfristig zumeist
Langfristig sollte der Immobilienmarkt indes weiter zulegen, wenngleich regional sehr unterschiedlich. Auch das zeigen Studien: Der "Wohnatlas 2023" der Postbank prognostiziert bis 2035 reale Preiszuwächse für die sieben größten deutschen Städte Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart sowie für ihr Umland und weitere Großstädte. In Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein steigen die Kaufpreise im Durchschnitt über alle Regionen an.
Bei fast der Hälfte aller deutschen Regionen dürften laut Wohnatlas aber die Preise für Eigentumswohnungen real fallen und bis 2035 mindestens zwei Prozent unter dem aktuellen Niveau liegen. Preiseinbrüche seien im ländlichen Raum der ostdeutschen Bundesländer abseits der Großstädte wahrscheinlich. Leicht fallen oder stagnieren könnten die Preise vieler ländlich geprägter Regionen in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland.