Fluggäste der Airline Wizzair warten auf ihren Einstieg ins Flugzeug.
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Klimaschutz in der Luftfahrt Wie teuer wird das Fliegen?

Stand: 09.05.2023 16:36 Uhr

Fluggesellschaften sollen nach dem Willen der EU künftig immer stärker nachhaltige Kraftstoffe einsetzen, um die Emissionen zu verringern. Was bedeutet das für die Ticketpreise?

Von Aylin Dülger, HR, ARD-Finanzredaktion

Zum Start der diesjährigen Urlaubssaison rechnen Fluggesellschaften mit einem Boom im Reisesektor. Um die Umweltbilanz von Flugreisen zu verbessern, setzen Luftfahrtunternehmen neben sparsameren Triebwerken und Flugzeugen mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb vor allem auf den Umstieg auf nachhaltige Treibstoffe. Synthetische und Biokraftstoffe sollen in den kommenden Jahren fossiles Kerosin ersetzen. Doch diese sind teurer in der Herstellung, was sich auch auf die Ticketpreise auswirken dürfte.

Viele Faktoren bei Ticketpreisen

Der alternative Treibstoff Sustainable Aviation Fuel (SAF) wird aus verschiedenen erneuerbaren Quellen hergestellt, darunter Algen und Pflanzenreste. Würde der Kostenaufschlag von SAF vollständig an die Passagiere weitergegeben, würde sich der Ticketpreis im Jahr 2035 für einen typischen Langstreckenflug - etwa von Frankfurt nach Singapur oder von München nach New York - um etwa 36 Euro erhöhen. Das zeigt eine Studie von PwC Deutschland und Strategy&.

"Nachhaltigeres Fliegen wird in Zukunft hohe Kosten mit sich bringen - dies ist jedoch nur einer von vielen Faktoren, die den Ticketpreisen für Verbraucher beeinflussen", erklärt Dirk Niemeier, Director bei Strategy& im Gespräch mit tagesschau.de. Die Preise hängen auch stark von Angebot und Nachfrage ab. Die Auslastung der Flüge und die Konkurrenz auf bestimmten Strecken spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Der Einfluss von SAF auf die Kosten der Airlines bleibe nach aktuellen Analysen moderat.

Werden noch zusätzliche Kosten für Emissionsrechte und Energiesteuern berücksichtigt, so prognostizieren die Institute "Royal Netherlands Aerospace Centre" und "SEO Amsterdam Economics", dass der Preis für ein Economy-Ticket etwa für einen Hin- und Rückflug von Hamburg nach Bangkok über das Drehkreuz Frankfurt bis zum Jahr 2035 von 815 auf 914 Euro steigen könnte.

Sind europäische Airlines benachteiligt?

Vertreter des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich darauf verständigt, dass ab 2025 nachhaltige Kraftstoffe dem Flugbenzin beigemischt werden müssen. Anfangs soll die Quote bei zwei Prozent liegen und in den nächsten Jahren schrittweise erhöht werden. Bis zum Jahr 2050 sollen dann 70 Prozent der Treibstoffe im Flugverkehr nachhaltig sein.

Einige europäische Fluggesellschaften, darunter Lufthansa und Condor, befürchten, dass deshalb Konkurrenten aus Nicht-EU-Ländern Langstreckenflüge zu niedrigeren Preisen anbieten könnten. Denn Fluggesellschaften wie Emirates oder Qatar Airways sowie Turkish Airlines können Passagieren aus der EU an ihren Drehkreuzen in Istanbul oder Dubai umsteigen lassen; teures SAF tanken müssen sie nur für den Zubringerflug aus der EU. Qatar Airways hat im März angekündigt, bis 2030 zehn Prozent SAF beizumischen.

Produktion muss hochgefahren werden

Derzeit macht SAF weniger als ein Prozent des verwendeten Flugzeugtreibstoffs aus. "Um die gesamte Luftfahrtindustrie mit nachhaltigen Kraftstoffen zu versorgen, muss deren Produktion in großem Umfang hochgefahren werden", sagt Niemeier von Strategy&. Das benötige Zeit.

Laut Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer von en2x, einem Lobbyverband der Mineralölindustrie, reicht die Festlegung von Quoten für die Beimischung von erneuerbarem Flugkraftstoff allein nicht aus. "Wir als Hersteller brauchen vielmehr klare Bedingungen, wie man die Quoten im Detail erfüllen kann. Das ist noch nicht der Fall", sagte er Anfang des Monats auf einer Fachkonferenz in Berlin.

Wie hoch die Gesamtkosten sind

In einer zweiten von der Luftfahrtbranche in Auftrag gegebenen Studie haben die beiden niederländischen Institute berechnet, dass es bis 2050 etwa 820 Milliarden Euro kosten wird, um klimaneutral in Europa zu fliegen. Um das zu erreichen, müssen alle Emissionen, die durch den Flugverkehr verursacht werden, auf null reduziert oder ausgeglichen werden.

Die Studie zeigt, dass die größten Kosten mit 441 Milliarden Euro für SAF anfallen werden. Insgesamt schätzen die Forscher die Ausgaben der Luftfahrtbranche für den Zeitraum von 2018 bis 2050 auf 1,9 Billionen Euro, einschließlich der Investitionen in neue Flugzeuge, Infrastruktur, alternative Flugzeugtreibstoffe und Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen.