Vergrößerung seit 2018 CO2-Werte von Neuwagen höher als angegeben
Der Unterschied zwischen Herstellerangaben und den tatsächlichen CO2-Emissionen bei Neuwagen hat sich einer Studie zufolge deutlich vergrößert. Experten sehen die Politik gefordert.
Der Unterschied zwischen Herstellerangaben und tatsächlichen CO2-Emissionen bei Neuwagen hat sich einer Studie des Umweltforschungsverbund ICCT zufolge vergrößert. Die Werte seien 2022 im realen Betrieb um durchschnittlich 14,1 Prozent höher gewesen als von den Autobauern angegeben, so die Experten. 2018 habe die Differenz noch bei durchschnittlich 7,7 Prozent gelegen.
Für die Analyse haben die Forscher offizielle CO2-Emissionsdaten der Europäischen Umweltagentur (EEA) mit realen Verbrauchsdaten von mehr als 160.000 Autos verglichen. Letztere dienten danach als Maß für den tatsächlichen CO2-Ausstoß. Bei den untersuchten Fahrzeugtypen handelte es sich um Verbrenner- und konventionelle Hybridfahrzeuge.
Wachsenden Unterschieden soll entgegengewirkt werden
Der Grund für die Unterschiede: Der offizielle CO2-Ausstoß von neuen Fahrzeugmodellen wird in einer kontrollierten Laborumgebung ermittelt. Dafür wurde im Jahr 2017 in der Europäischen Union das Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) eingeführt. Dieses ist gründlicher als das vorherige Verfahren NEFZ und liefert dadurch realistischere Werte bei den Schadstoff-Emissionen sowie beim Spritverbrauch.
Im ersten Jahr nach der Umstellung sei die Differenz zwischen den Labor- und den realen Werten deshalb auch von 32,7 Prozent auf 7,7 Prozent gesunken. Nun vergrößert sich der Abstand danach aber wieder. Laut Jan Dornoff, leitender ICCT-Wissenschaftler und Mitautor, untergräbt dieser Trend die EU-Bemühungen, verkehrsbedingte CO2-Emissionen durch strengere Vorgaben zu senken. Sofern nicht gegengesteuert werde, verlieren die offiziellen CO2-Emissionswerte zunehmend an Aussagekraft für die tatsächlichen Emissionen.
Seit 2010 schreibt die EU-Pkw-CO2-Verordnung vor, dass Autohersteller den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge ausweisen und Abgaben zahlen müssen, wenn sie bestimmte Grenzen überschreiten. Bis 2035 sollen Neuwagen klimaneutral betrieben werden.
Ein Korrekturmechanismus wäre hilfreich
Die offiziellen CO2-Emissionswerte sind den Studienautoren zufolge zwischen 2018 und 2022 um rund 7,3 Prozent gesunken. Im Realbetrieb auf der Straße sei von der Reduktion mit 2,3 Prozent aber nur weniger als ein Drittel übrig geblieben. Um das auszugleichen, schlagen die Forscher vor, die Daten der seit Anfang 2021 in Neufahrzeugen vorgeschriebenen Verbrauchsmessgeräte heranzuziehen.
ICCT-Geschäftsführer Peter Mock sagte dazu: "Damit lässt sich ein Korrekturmechanismus einrichten, der sicherstellt, dass die offiziellen CO2-Emissionswerte, die die Hersteller in den kommenden Jahren erfüllen müssen, so aktualisiert werden, dass sie auch real den ursprünglich beabsichtigten und gesetzlich festgeschriebenen Minderungszielen entsprechen."
Die Forscher gehen im Übrigen davon aus, dass die Entwicklung der CO2-Emissionen der Neuwagenflotte in Deutschland auch ein guter Indikator für die Entwicklungen auf EU-Ebene ist. Sie begründen das in der Studie unter anderem damit, dass der deutsche Fahrzeugmarkt der größte in Europa ist und auch die Flottenzusammensetzung für nicht-elektrische Autos weitgehend dem EU-Durchschnitt entspricht.