EU-Gesetz Was ein Recht auf Reparatur bewirken kann
Mehr reparieren, weniger wegwerfen - geht es nach der Europäischen Union, sollen künftig weniger Elektrogeräte auf dem Müll landen. So sollen Klima und Verbraucher geschützt werden.
"Was macht die Maschine denn für Probleme?," fragt Phillip Jung seine Kundin. Der Elektriker leitet einen Fachbetrieb in der Nähe von Mainz, der sich auf die nachhaltige Reparatur elektronischer Haushaltsgeräte spezialisiert hat. Evelyn Ehgartner zeigt auf die sieben Jahre alte Waschmaschine in ihrem Keller. "Ich wollte sie anwerfen", erklärt sie, "da hat es den Stromschalter rausgeschmissen."
Für Jung beginnt nun die Fehlersuche. Die Sicherung fliegt immer wieder raus. Der Fachmann vermutet, dass der Heizstab defekt sein könnte, dann sollte die Reparatur Routine sein. Es gibt in seinem Job zwar auch immer wieder Überraschungen, in diesem Fall aber liegt es tatsächlich am Heizstab. Jung tauscht ihn aus: "In dem Moment bin ich einfach nur glücklich, dass ich derjenige war, der dem Gerät zu neuem Leben verhelfen konnte."
Durch die Reparatur kann die Waschmaschine vermutlich noch weitere Jahre genutzt werden. Für die Kundin wird sich das auch finanziell bezahlt machen. Für Anfahrt, Arbeitszeit und Material berechnet der Elektriker 131 Euro. "Die Waschmaschine hat so um die 700 Euro gekostet", sagt Ehgartner, daher sei sie zufrieden.
Fast 20 Millionen Tonnen CO2 einsparen
Alte Computer, Staubsauger, Spülmaschinen oder Kühlschränke - nach Angaben der Umweltbundesamtes wurden allein im Jahr 2018 in Deutschland 853.000 Tonnen Elektrogeräte entsorgt. Auch um unnötigen Elektroschrott zu reduzieren, hat die EU im April ein Recht auf Reparatur auf den Weg gebracht. Die Richtlinie sieht vor, dass Hersteller künftig über die gesetzliche Garantiezeit hinaus Reparaturen anbieten müssen. Auch Ersatzteile sollen länger erhältlich und bezahlbar sein.
Das soll Vorteile bringen für Verbraucherinnen und Verbraucher und für die Umwelt. Nach Berechnungen der EU-Kommission könnten Kunden so in den kommenden 15 Jahren um 176,5 Milliarden Euro entlastet werden. Außerdem könnten so 18,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.
"Bewusstsein wird gefördert"
Der Reparaturservice von Phillip Jung begrüßt die Gesetzgebung der EU. Vor vierzig Jahren hat Jungs Vater den Fachbetrieb "Blitzblume" gegründet und macht sich seitdem für den Reparaturgedanken stark. "Die beschlossenen Vorschriften sind ein Anfang", sagt Heinrich Jung.
"Das Bewusstsein in der Bevölkerung wird durch solche Aktivitäten auf EU-Ebene stark gefördert", so Heinrich Jung. Vater und Sohn erwarten von der Bundesregierung eine möglichst schnelle Umsetzung der EU-Regeln in deutsches Recht, zwei Jahre haben die EU-Mitgliedstaaten dafür Zeit.
Regeln auch auf kleine Geräte ausweiten
Die neue EU-Regelung soll vor allem für große Geräte gelten, nicht aber für Haartrockner, Mixer oder Kaffeemaschinen. Das Recht auf Reparatur müsse nach und nach für alle Geräte kommen, fordern Heinrich Jung und seine Mitstreiter vom Verein "Runder Tisch Reparatur", in dem er sich engagiert.
Vor allem bei kleinen Elektrogeräten sei die Reparatur oft unnötig aufwändig, weil Ersatzteile überteuert verkauft werden oder gar nicht zu bekommen sind. Jung zeigt auf ein Bügeleisen in seiner Werkstatt: "Es ist sowieso schon sehr fraglich, warum Kabel so schnell kaputt gehen können. Aber wenn es mir kaputt geht, dann brauche ich doch das Hauptersatzteil und dieses hat leider eine sehr spezielle Anschlussbuchse."
Reparaturbonus vom Land
Eine Ausweitung des Rechts auf Reparatur auf mehr Produktgruppen fordern auch Verbraucherschützer. Die EU-Regeln seien eine gute Vorlage, nun brauche es eine gute Umsetzung in Deutschland. Vor allem müssten Reparaturen bezahlbar sein, betont Ruth Preywisch von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Vorbildlich sei hier ein Reparaturbonus, wie ihn die Bundesländer Sachsen und Thüringen hätten. Dort wird die Reparatur haushaltsüblicher defekter Elektrogeräte gefördert.
"Menschen, die ein Gerät reparieren lassen, können hinterher einen Antrag stellen und erhalten dann einen Zuschuss für ihre Reparatur", sagt Preywisch. Das sei in Deutschland bisher aber eben nur in diesen beiden Bundesländern der Fall. Verbraucherschützer und der "Verein Runder Tisch Reparatur" fordern solche finanziellen Anreize für Reparaturen bundesweit und auch möglichst schnell.
Die Bundesregierung strebt nach Angaben eines Sprechers des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz die Umsetzung der Richtlinie in der laufenden Legislaturperiode an. Gehen die Pläne auf, soll das Recht auf Reparatur zu einem verbesserten Klima- und Verbraucherschutz beitragen. Außerdem dürften die neuen Vorschriften Reparaturbetrieben wie dem von Phillip Jung zusätzliche Aufträge einbringen.