Eine Hand steckt eine Ein-Euro-Münze in eine Geldsammelbüchse.

Betrug auf der Straße und im Internet Wie Kriminelle Spendenbereitschaft missbrauchen

Stand: 02.02.2025 09:42 Uhr

Rund zwölf Milliarden Euro spenden die Deutschen im Jahr an gemeinnützige Organisationen. Immer mehr Kriminelle nutzen das aus und sammeln für den eigenen Geldbeutel.

Von Johannes Thürmer und Martina Schuster, br

Der sechsjährige Prabin aus Nepal spielt begeistert Fußball. Doch das ist nicht selbstverständlich, denn der Junge hat keinen rechten Unterschenkel. Und Kinder mit Behinderung werden in Nepal häufig ausgegrenzt und gehen oft nicht mal zur Schule. Seine Rettung: eine Prothese, finanziert von Handicap International. Die Organisation hilft Menschen mit Behinderung weltweit - finanziert durch Spendengelder.

Doch nun versuchen Betrüger, mit miesen Methoden Spendenwillige abzuzocken, wie Huberta von Roedern vom Verein Handicap International erklärt: "Wir haben ein massives Problem. Denn vor allem seit einigen Monaten geben sich Menschen als falsche Spendensammler aus und behaupten in unserem Namen, Spenden zu sammeln." Doch Handicap International sammelt kein Bargeld auf der Straße. Täglich rufen mehrere geprellte Spender bei der Hilfsorganisation an.

Viele Bürger fallen auf falsche Spendensammler herein

Auch Marquardt Lund aus Hamburg wurde vor einem Einkaufszentrum von einer angeblichen Spendensammlerin bedrängt. "Ich stand hier direkt nach dem Einkauf mit dem vollen Einkaufswagen, da wurde hinten an meiner Jacke gezogen", berichtet Lund. Eine junge Frau hielt ihm einen Zettel hin.

Zunächst hielt Lund es für eine Unterschriften-Sammelaktion. Aber "dann kam ganz rechts ein Feld, da stand dann 'Spende'. Ich habe auch fünf Euro gegeben." Direkt danach suchte Lund im Internet nach der entsprechenden Spendenorganisation. "Und auf der Webseite wurde schon gewarnt, dass mit deren Logo Schindluder getrieben wird." 

Landeskriminalamt warnt vor 'Klemmbrett-Masche'

Die Masche ist immer die gleiche: Die angeblichen Spendensammler zeigen ein Klemmbrett mit Unterschriftenliste und wollen dann Geld. Oft geben sie sich als Gehörlose aus.

Beim Berliner Landeskriminalamt ist die sogenannte Klemmbrett-Masche bekannt. Kriminalhauptkommissarin Antje Walloßek mahnt zur Vorsicht, denn es bleibe nicht immer beim Spendensammeln: "Es kommt vor, dass zum Beispiel auch das Vorzeigen der Spenderliste als Abdeckung benutzt wird und im Gegenzug eine zweite Person vielleicht die Brieftasche aus der Handtasche zieht." Walloßek rät dazu, sich gar nicht erst in ein Gespräch verwickeln zu lassen und kein Geld zu geben, wenn man sich bedrängt fühle.

Deutscher Spendenrat: In Ruhe informieren

Den Schaden haben nicht nur die direkt Betroffenen, sondern auch seriöse Hilfsorganisationen, die auf Spenden angewiesen sind. Der Deutsche Spendenrat, ein Dachverband für spendensammelnde Organisationen, rät dazu, genau darauf zu achten, an wen man spendet.

"Ich muss mich nicht nötigen lassen, auf der Straße irgendwo eine Dose oder ein Klemmbrett oder Ähnliches zu bedienen, sondern ich kann mich in aller Ruhe zu Hause hinsetzen, überlegen: 'Wem will ich was spenden?'", sagt Martin Wulff vom Deutschen Spendenrat. Seriöse Organisationen sammeln inzwischen kaum noch Bargeld auf der Straße.

Tiere werden gequält, um abzukassieren

Auch im Internet lauern Kriminelle auf spendenwillige Opfer. Besonders verbreitet sind sogenannte Fake-Rescue-Video, bei denen es angeblich um das Leid und die Rettung von Tieren geht. "Tiere werden dabei überhaupt nur in Gefahrensituationen, lebensgefährliche Situationen und auch in schwere Misshandlungen gebracht, um Spenden zu generieren", erläutert Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft.

Tierschützer fordern seit langem, dass entsprechende Taten künftig unter den Paragraphen 131 des Strafgesetzbuches fallen. Dieser sieht bisher nur Strafen in Bezug auf Gewaltdarstellungen gegen "Menschen oder menschenähnliche Wesen" vor, nicht gegen Tiere.

Keine Gesetzesänderung in Sicht

Doch laut Bundesjustizministerium ist eine entsprechende Änderung im Strafgesetzbuch derzeit nicht geplant. Auch bei den betrügerischen Straßensammlungen ist keine Änderung in Sicht. Gesetze, die die Kontrollen von Sammlungen früher geregelt haben, wurden in den meisten Bundesländern abgeschafft.

Diese wären aber überall wichtig, mahnt Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), um die Spender zu schützen. Denn derzeit, so schätzen Experten, landen fünf bis zehn Prozent der Spendengelder in der Hand von Betrügern - und damit jährlich bis zu einer Milliarde Euro.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 16. Dezember 2024 um 18:30 Uhr.