Reaktion auf Inflationsrate Vonovia hält Mieterhöhungen für nötig
Millionen deutscher Mieter müssen sich auf höhere Wohnkosten einstellen. Der Wohnungskonzern Vonovia machte deutlich, dass er kräftige Mieterhöhungen für unausweichlich hält. Der Mieterbund reagiert mit scharfer Kritik.
Auf viele Mieter in Deutschland kommen finanziell harte Zeiten zu. Denn Deutschlands größte Immobilienfirma, der DAX-Konzern Vonovia, hält angesichts der hohen Inflationsraten deutlichere Mieterhöhungen für unausweichlich und stimmte die Mieter nun auf entsprechende Schritte ein.
"Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen", sagte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch dem "Handelsblatt". Sonst gerieten viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten. "Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht. Das wird nicht klappen", sagte Buch weiter.
Scharfe Kritik des Mieterbundes
Der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisierte die Vonovia-Aussagen zu anstehenden Mieterhöhungen in scharfer Form. "Dass Mieterinnen und Mieter für den eingebrochenen Aktienkurs von Vonovia und höhere Zinsen am Kapitalmarkt herhalten müssen, zeigt, dass die Geschäftsmodelle börsennotierter Wohnungskonzerne unsozial und spekulativ sind", erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.
Er erinnerte daran, dass Vonovia im Pandemiejahr 2021 rund 1,7 Milliarden Euro Gewinn erzielt und mit 1,66 Euro pro Aktie die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte ausgezahlt habe. Im gleichen Jahr stiegen die Mieten in den Wohnungen des Konzerns laut DMB um durchschnittlich 3,8 Prozent, in Berlin betrug die Steigerungsrate demnach acht Prozent. Vonovia übernahm zudem für rund 19 Milliarden Euro den bis dahin zweitgrößten börsennotierten Immobilienkonzern, die Deutsche Wohnen.
"Spätestens jetzt zeigt sich, dass die blumigen Ankündigungen der Vonovia-Spitze im Zuge der Übernahme der Deutsche Wohnen, wonach die Bestandsmieten um nicht mehr als ein Prozent pro Jahr steigen sollen, nichts als Makulatur sind", kritisierte Siebenkotten. Politik und Kartellamt seien "am Nasenring durch die Manege geführt worden". "Am Ende zahlen alles die Mieterinnen und Mieter, das ist das Geschäftsmodell von Vonovia und Co.", so der Mieterbund-Präsident.
Konzernsprecherin relativiert Aussagen
Offenbar vor dem Hintergrund dieser Kritik sagte eine Vonovia-Sprecherin, dass es bei den Äußerungen von Konzernchef Buch um die wirtschaftliche Entwicklung gehe und nicht um eine konkrete Ankündigung. "Wir sprechen hier über wirtschaftliche Zusammenhänge auf dem Wohnungsmarkt", sagte sie. Stark gestiegene Baupreise etwa würden sich insbesondere im Neubau bemerkbar machen. Die Neuvermietungen gingen in die Mietspiegel ein.
"Wir sind in einem stark regulierten Markt unterwegs und das gilt auch weiterhin", sagte die Vonovia-Sprecherin. Das Unternehmen halte sich an die Zusage für den eigenen Wohnungsbestand in Berlin, dass Mieten für die nächsten drei Jahre im Durchschnitt nicht mehr als ein Prozent stiegen und danach nicht stärker als die Inflation.
Inflation schon bei fast acht Prozent
Die Inflationsrate in Deutschland war im Mai einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts zufolge auf 7,9 Prozent gestiegen. Inflationsraten auf diesem Niveau hat es im wiedervereinigten Deutschland bislang nicht gegeben. In den alten Bundesländern hatte die Inflationsrate ähnlich hohe Werte zuletzt im Winter 1973/1974 erreicht. Damals waren die Mineralölpreise infolge der ersten Ölkrise stark gestiegen.
Die durchschnittliche Miete bei Vonovia erhöhte sich in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Schnitt auf 7,40 Euro pro Quadratmeter - das waren 3,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Immobilienkonzern besitzt rund 565.000 Wohnungen, die meisten davon in Deutschland.
Unterschiedliche Einschätzung zu möglicher Preisblase
Die Bundesbank hatte unlängst vor Immobilienpreisblasen in großen Städten gewarnt. Wohnimmobilien seien um bis zu 40 Prozent überbewertet, so die Behörde. Überhitzungstendenzen auf den städtischen Immobilienmärkten vermag Vonovia-Chef Buch hingegen mit Blick auf die "normalen Mietwohnungsquartiere", welche die Vonovia im Bestand habe, nicht auszumachen.
"Die Wohnungen in den Städten, die wir anbieten, werden uns aus den Händen gerissen. Von einer Blase ist da nichts zu spüren", sagte Buch. Eine Nachfragelücke würde sich erst dann abzeichnen, wenn die Menschen nicht mehr in den Städten leben wollten, so der Konzernchef. Danach sehe es aber nicht aus.