Stromkosten in Deutschland Verbrauch senken, wenn der Preis steigt
Die Strompreise steigen. Wie stark sich das auf die eigene Stromrechnung auswirkt, können viele Menschen selbst beeinflussen. Energieberater der Verbraucherzentralen zeigen, wie sich Strom sparen lässt.
Der Fernseher läuft, obwohl niemand zuschaut. Wenn Reinhard Schneeweiß eine Wohnung oder ein Haus betritt, dann sieht er häufig diese Szene. "Im Betrieb brauchen auch sparsame große Plasma-Bildschirme mehrere Hundert Watt. Wenn Sie den ganzen Tag im Hintergrund laufen, dann hat man automatisch einen hohen Stromverbrauch", sagt er. Ähnliches gelte für Laptops und Computer. Das sei vielen Menschen gar nicht so bewusst.
Bewusstsein für eigenes Verhalten
Bewusstsein für den eigenen Konsum ist nur ein Punkt, auf den der Saarbrücker Architekt hinweist, wenn er eine Energieberatung vor Ort macht. Etwa 20 Mal im Monat besucht Schneeweiß Menschen zu Hause. Dann überprüft er gemeinsam einzelne Zimmer und die Stromrechnung, spürt Energiefresser auf. "Wenn ich mir ein Wasserbett kaufe oder ein Terrarium mit Heizlampen betreibe, dann muss ich natürlich auch eine höhere Rechnung in Kauf nehmen", sagt er.
Die Stromrechnung wird dieses Jahr für die meisten höher ausfallen. Laut Statistischem Bundesamt zahlten private Haushalte im 1. Halbjahr 2021 im Schnitt 32,62 Cent je Kilowattstunde. Das waren 4,7 Prozent mehr als im 2. Halbjahr 2020 und 2,1 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2020. Für die zweite Hälfte des laufenden Jahres liegen dem Statistischen Bundesamt noch keine Zahlen vor. Doch weil die hohe Inflationsrate der vergangenen Monate durch einen Anstieg der Energiepreise geprägt war, dürfte der Strompreis mittlerweile weiter gestiegen sein. Vergleichsportale wie Verivox gaben für Oktober einen Durchschnittswert von 34,79 Cent pro Kilowattstunde an. Allerdings variiert der Strompreis auch stark - je nach Verbrauch und Anbieter.
Strompreis in Deutschland am höchsten
Eine Preisanalyse von Verivox auf Basis von Daten des Energiedienstes Global Petrol Prices aus 145 Ländern kommt zu dem Ergebnis: In keinem anderen Land auf der Welt zahlen Haushalte so viel für Strom wie in Deutschland. Bezieht man die hohe Kaufkraft ein, kommt Deutschland immer noch auf Platz 15 hinter einigen viel ärmeren Ländern.
Für Großhändler hat sich der Strom seit Jahresbeginn an der Börse um 140 Prozent verteuert. Grund waren laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft vor allem die konjunkturelle Erholung, die teureren CO2-Zertifikate sowie die verteuerte Stromerzeugung in Gaskraftwerken. Dazu komme die hohe Steuer- und Abgabenlast, die über die Hälfte des Preises ausmache.
Einsparpotenziale durch niedrigeren Verbrauch
Wie hoch die Aufschläge bei der Stromrechnung in diesem Jahr bei den Kunden ausfallen, hängt auch vom jeweiligen Verbrauch ab. Der durchschnittliche Stromverbrauch eines Haushalts in Deutschland lag 2019 bei gut 3100 Kilowattstunden pro Jahr. Single-Haushalte verbrauchten im Schnitt weniger als 2000 Kilowattstunden und große Haushalte mit mindestens drei Personen durchschnittlich fast 5000 Kilowattstunden.
Wer Stromkosten senken will, sollte daher den eigenen Verbrauch überprüfen. Der Klassiker laut Schneeweiß: alte Elektrogeräte wie der Kühlschrank. "Mit der Zeit verdunsten die Kältemittel im Schrank, und der Kühlaufwand wird größer, zieht also mehr Strom." Laut Verbraucherzentrale verbraucht ein mehr als 15 Jahre altes Gerät in einem Drei-Personen-Haushalt etwa 295 Kilowattstunden pro Jahr - ein neues etwa 140. Bei einem Strompreis von 32,62 Cent wäre das eine jährliche Ersparnis von gut 50 Euro. Einen alten Backofen durch einen neuen Backofen zu ersetzen, könne bis zu 49 Euro jährlich bringen. Zudem spare man etwa 15 Prozent Energie, wenn man mit Umluft statt mit Ober- und Unterhitze backt.
Einsparpotenziale auch ohne neue Geräte
Eine sinnvolle Investition, die sich schnell auszahle, sei der Austausch von Heizumwälzungs- und Warmwasserzirkulationspumpen gegen Hocheffizienzpumpen. "Dadurch können 100 bis 150 Euro im Jahr eingespart werden, man hat bis zu 90 Prozent weniger Stromverbrauch als zuvor", erklärt Cathrin Becker von der Verbraucherzentrale im Saarland. Bei der Warmwasserbereitung über Boiler oder Durchlauferhitzer spare der Austausch durch einen voll elektrisch geregelten Durchlauferhitzer etwa 30 Prozent Strom.
Wer nicht in neue Geräte investieren kann oder will, kann trotzdem einige Euro sparen. "Man kann bei Wasch- und Spülmaschine bewusst die Eco-Programme nutzen oder Wäsche aufhängen, statt den Trockner anzuschmeißen", empfiehlt Becker. Außerdem hätten viele Geräte auch im Stand-By-Modus einen hohen Stromverbrauch. Hier helfe eine abschaltbare Steckdosenleiste. "Und man sollte bei Geräten die Nutzungseinstellungen überprüfen, zum Beispiel beim Router." Der könne heute genauso viel Strom verbrauchen wie ein Kühlschrank.
Kleinere Wohnung bedeutet nicht weniger Stromverbrauch
Ein weiterer Klassiker, das Licht, sei heute nicht mehr das große Problem, sagt Architekt Schneeweiß. "Durch die sparsamen LED-Lampen - vorausgesetzt natürlich man nutzt sie - spielt das Lichtausschalten keine so große Rolle mehr für die Rechnung." Ausschalten sollte man es natürlich trotzdem, wenn man den Raum nicht nutzt. Ein Irrglaube sei, dass man in einer kleineren Wohnung weniger Strom verbrauche. "Der Verbrauch hängt hauptsächlich von den Nutzern ab, nicht von der Größe. In eine kleinere Wohnung zu ziehen, macht deshalb nicht wirklich einen Unterschied."
Anbieterwechsel sinnvoll?
Auf das Thema Anbieterwechsel will die Verbraucherzentrale derzeit nicht näher eingehen. "Der Markt ist zu heftig in Bewegung. Viele Stromversorger ändern ihre Preise zum Jahreswechsel", erklärt Becker. Die Vergleichsportale seien überlastet. "Leider können wir da auch keine Prognose abgeben, wie lange der Trend der Preissteigerung dauert."
Dankbarkeit und Ablehnung
Einen einfachen Basischeck bieten viele Verbraucherzentralen übrigens kostenlos an. Verbraucherschützer Schneeweiß berät bereits seit 2007 Haushalte. "Die meisten sind danach überrascht und dankbar", erzählt Schneeweiß. Wie eine backfreudige Mutter, der gar nicht klar war, dass ihr Ofen praktisch keine Dichtungen mehr hatte. "Sie hat im Prinzip die ganze Küche damit geheizt." Andere sähen seine Hinweise als Eingriff in ihre persönliche Freiheit. "Dabei sind es nur Anregungen."
Er selbst freut sich, dass das Thema mit dem Klimawandel und der Energiewende bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen viel präsenter sei als früher - und dass auch der Markt mitgehe. "Schon beim Kauf neuer Elektroprodukte gibt es ja inzwischen ganz einfache Orientierungshilfen, um den Verbrauch abzuschätzen." Wer die nutze, spare also schon, bevor er überhaupt zu Hause ist.