Weltspartag 4,5 Billionen Euro auf der hohen Kante
Die Deutschen sparen gerne. Doch Inflation, schwache Wirtschaftslage und trübe Aussichten bremsen derzeit ihre Ambitionen. Das flüssige Vermögen ist allerdings weiterhin groß.
Die Deutschen sparen gerne: Wenn man Sparbücher, Tages- und Festgeld zusammenzählt, verwalteten deutsche Banken im August 4.492 Milliarden Euro oder knapp 4,5 Billionen privates Spargeld. Das offenbaren die Bankenstatistiken der Deutschen Bundesbank, die der Hessische Rundfunk zum Weltspartag ausgewertet hat.
Doch die Zeiten, da westdeutsche Kinder mit ihren Sparschweinen am 30. Oktober zur örtlichen Sparkasse strebten, sind lange vorbei. Damals füllten sie ihr von den Großeltern geschenktes Sparbuch. Zur Belohnung gab es Lineale, Radiergummis und Malhefte. Heute wird es vielerorts schwierig, überhaupt noch eine Bankfiliale mit echten Menschen hinterm Schalter zu finden.
Mehr als der Weltspartag hat im Westen und seit 1990 in ganz Deutschland das insgesamt beständige Wirtschaftswachstum zum soliden Sparverhalten beigetragen. In der DDR spielten Kampagnen fürs Sparen kaum eine Rolle. Es mangelte aber nicht am Geld, sondern am Warenangebot.
Das deutsche Sparbuch
Früher war das Sparbuch für deutsche Privatkundinnen und -kunden das Mittel der Wahl. Es war ein Heftchen, in das Ein- und Auszahlungen von Hand eingetragen und von der Bank oder Sparkasse mit Unterschrift und Stempel bestätigt wurden. Für Sparbücher gab es mäßigen, aber beständigen Zins. Wer größere Beträge brauchte, musste eine dreimonatige Kündigungsfrist beachten.
Die ersten amtlichen Zahlen für Westdeutschland dazu stammen von Ende 1953. Die harte Nachkriegszeit war schon vorüber, es ging allseits wirtschaftlich bergauf. Die Westdeutschen hatten umgerechnet 5,5 Milliarden Euro auf ihren Sparbüchern. Zehn Jahre später hatte sich der Betrag auf umgerechnet 37 Milliarden Euro nahezu versiebenfacht. Anfang der 1990er-Jahre sanken die mittlerweile gesamtdeutschen Spareinlagen kurzzeitig, um dann wieder zu steigen. Wenn man Tagesgeld und Termineinlagen dazuzählt, zeigt sich: Es war nur eine Delle beim Sparbuch, nicht beim Sparen insgesamt.
Allerdings verteilte sich ab 1990 das Sparvermögen statistisch nicht mehr auf 64 Millionen Westdeutsche, sondern auf die nun 80 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des wiedervereinigten Deutschlands. Anfang der 1990er-Jahre lag der weit überwiegende Teil des Geldvermögens auf Konten Westdeutscher mit seitdem sinkender Tendenz.
Festgeld holt auf
Das deutsche Sparbuch erreichte den Höhepunkt seiner Beliebtheit im Jahr 1999 und von 2011 bis 2013: 600 Milliarden Euro lagen auf schlecht verzinsten Sparbüchern. Kundinnen und Kunden von Privatbanken begriffen aber, dass Sparbücher oft mehr der Bank und weniger den Sparern nützen. Sobald die Zinsen sanken, räumten sie ihre Sparkonten zugunsten von Festgeld. Wer sein Geld bei Sparkassen und Volksbanken lagerte, erwies sich als besonders treu. Mittlerweile ist es aber nicht mehr weit her mit der alten Liebe zum Sparbuch: Die Einlagen sind auf aktuell 460 Milliarden Euro gesunken.
Die amtlichen Zahlen zeigen, dass die Menschen vernünftig wirtschaften: Sie halten ihr Geld zusammen, achten auf Verfügbarkeit und suchen gute Zinsen. Mit stark steigender Tendenz sind fast 1,3 Billionen Euro in Festgeld angelegt, also Geldanlagen, die den Banken für Monate oder auch wenige Jahre fest zur Verfügung stehen. Noch größere Beträge liegen auf stets verfügbaren Tagesgeldkonten. Mit leicht sinkender Tendenz sind es aktuell knapp 2,8 Billionen Euro. Das zeigt, dass Anleger und Anlegerinnen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten flexibel sein wollen.
Unterm Strich bleibt: Trotz schwieriger Lage und schlechten Aussichten können die Menschen in Deutschland insgesamt immer noch sparen - und sie tun es.