Kunde mit Einkaufstüten von Karstadt und Kaufhof
Hintergrund

Kaufhof erwägt Fusion mit Karstadt Kaufhäuser suchen Krisenkonzept

Stand: 21.07.2009 13:30 Uhr

Hertie, Woolworth, Karstadt - Finanzprobleme bedrohen die Existenz großer Warenhausketten. Sie galten einst als Flaggschiffe des Einzelhandels. Doch nach Jahren des Niedergangs sind nur noch wenige der Konkurrenz von Discountern, Fachmärkten und Einkaufszentren gewachsen. Ein Teil der Probleme ist selbstverschuldet.

Von David Rose, tagesschau.de

Das Görlitzer Warenhaus ist eine Attraktion. Kaum ein Tourist verzichtet auf den Besuch des fast 100 Jahre alten Jugendstilgebäudes mit seinen Kronleuchtern und dem von einem Glasdach überspannten Lichthof. Doch der architektonische Glanz vermag die Krise des Hauses nicht zu kaschieren. Es gehört zur insolventen Kette Hertie, die in diesem Jahr bereits 19 ihrer 73 Filialen geschlossen hat. Für die verbliebenen 54, darunter das Görlitzer Warenhaus, kommt das Ende im Sommer. Die Gläubigerversammlung beschloss das Aus des Unternehmens.

Hertie ist nur ein Beispiel für den Niedergang der Kauf- und Warenhäuser. Im April meldete auch Woolworth Insolvenz an. Die Zukunft der 91 Karstadt-Filialen und der 28 Karstadt-Sporthäuser ist ungewiss. Denn deren Mutterkonzern Arcandor ist zahlungsunfähig. Der Konkurrent Metro kündigte 2008 an, seine Kaufhof-Warenhäuser verkaufen zu wollen. Nun erwägt Metro den Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick, zu dessen Konzern Karstadt gehört, lehnte eine Fusion jedoch ab.

Jahrelanger Niedergang der Warenhäuser

Über Jahrzehnte spielten Warenhäuser eine zentrale Rolle im deutschen Einzelhandel. Das Konzept eines breiten Sortiments lockte in Kombination mit der großen Verkaufsfläche und der zentralen Innenstadtlage viele Kunden an. Für die kommunale Infrastruktur galten Filialen der großen Ketten als unverzichtbar. Sie versorgten die Bevölkerung mit allem Notwendigen vom Winterpullover über Pfannen bis zur Armbanduhr.

Noch in den 1970er-Jahren trugen die Warenhäuser mit mehr als 14 Prozent zum Umsatz des Einzelhandels bei. Doch seither schrumpfte dieser Anteil auf 3,3 Prozent. Allein in den vergangenen zehn Jahren brach der Umsatz der Warenhäuser um mehr als ein Viertel ein. Parallel sank die Zahl der Beschäftigten um gut ein Fünftel.

Dagegen verdoppelte sich die Gesamtverkaufsfläche der deutschen Einzelhändler seit 1980. Die Konkurrenz bietet den Kunden viele Alternativen zum traditionellen Warenhaus. Discounter locken mit günstigeren Preisen, die stark wachsenden Fachmärkte mit mehr Auswahl in Teilbereichen wie der Unterhaltungselektronik. Hinzu kommt, dass besonders Modemarken inzwischen eigene Filialen in Innenstädten betreiben und Geschäfte an Bahnhöfen und Flugplätzen mit längeren Öffnungszeiten werben.

Konkurrenz durch Einkaufszentren

Ungebrochen ist auch der Vormarsch der Einkaufszentren, deren Zahl sich seit 1990 vervierfacht hat. Früher entstanden sie oft in der Peripherie der Städte und waren nur mit dem Auto gut zu erreichen. Mittlerweile eröffnen die Betreiber neue Shopping-Center fast ausschließlich in den Innenstädten und verschärfen damit den Wettbewerb für die Warenhäuser.

Neben dem Konkurrenzkampf erschweren hohe Mieten den rentablen Betrieb vieler Kaufhäuser. Der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor verkaufte 2006 Grundstücke und Gebäude für 4,5 Milliarden Euro und meldete hinterher, dass dadurch sämtliche Schulden abgebaut werden konnten. Doch die neuen Eigentümer verlangen so hohe Mieten, dass sich mittlerweile Mietschulden von 1,26 Milliarden Euro ansammelten. Auch Hertie begründete die finanziellen Probleme vor allem mit den hohen Mietkosten. Der Insolvenzverwalter machte die Vermieter dafür verantwortlich, dass auch die zunächst weitergeführten Filialen ihre Türen bald schließen werden.

Einzelhandel hält Warenhäuser für zukunftsfähig

Experten sehen trotz der Probleme eine Zukunft für Karstadt, Kaufhof und Co. "Warenhäuser sind überlebensfähig und werden sich am Markt behaupten", sagt der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Stefan Genth.

Die Unternehmensberatung BBE sieht nicht generell die Kaufhäuser in der Krise, "sondern die Kaufhäuser in ihrer traditionellen Form". Ohne eine grundlegende Änderung des Konzepts könnten demnach viele konventionelle Kaufhäuser vom Markt verschwinden. "Eine Entwicklung, der durchaus entgegengesteuert werden kann", sagt der BBE-Geschäftsführer Hilmar Juckel. Dazu müsse das Sortiment auf Waren konzentriert werden, die am jeweiligen Standort einen hohen Ertrag erzielten.