G20-Gipfel in Washington Aktionsplan gegen Finanzkrise
Auf dem Weltfinanzgipfel in Washington haben sich die 20 führenden Wirtschaftsnationen auf eine Reform des Finanzsystems geeinigt. Vorgesehen sind 50 Maßnahmen, die bis Ende März in die Wege geleitet werden sollen. Das Ziel: durch mehr Kontrolle eine erneute Finanzkrise verhindern.
Die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) haben sich unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise und ihrer Folgen für die Wirtschaft auf Grundzüge zur Reform des Weltfinanzsystems geeinigt. Sie verabschiedeten auf einem Gipfel in Washington eine Erklärung, die eine strengere Kontrolle des Finanzsystem vorsieht. "Wir verpflichten uns zu gewährleisten, dass alle Finanzmärkte, Produkte und Akteure reguliert oder überwacht werden", heißt es in der Abschlusserklärung. Dazu gehören auch Hedgefonds und Ratingagenturen.
Die Regulierung der Finanzmärkte müsse den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechen, sagte der scheidende US-Präsident George W. Bush am Ende des Treffens: "Unser Regulierungssystem stammt noch aus dem 20. Jahrhundert." Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "Neubeginn in einer sehr, sehr schwierigen Situation".
Die Abschlusserklärung listet zahlreiche Sofortmaßnahmen auf, die von den Staaten bis Ende März umgesetzt werden sollen. Laut "New York Times" handelt es sich dabei aber hauptsächlich um Punkte, die in den meisten Staaten als Reaktion auf die Finanzkrise ohnehin schon umgesetzt würden. Grundlegende Entscheidungen seien bis zum Frühjahr aufgeschoben worden. Dann wollen die G20-Staaten über weitere Reformschritte beraten. Laut "New York Times" soll am 30. April ein weiterer Finanzgipfel stattfinden.
Änderungen bei IWF und Weltbank
Die G20 verständigten sich im Grundsatz auch auf Änderungen bei der internationalen Finanzinistitutionen wie der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Damit solle Entwicklungsländern geholfen werden, die Folgen der Finanzkrise besser zu überstehen.
Neue Chance für Doha?
Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete die Gipfelerklärung als "vernünftige und angemessene Antwort auf die Finanzkrise". Als weiteres wichtiges Ergebnis nannte sie das Bekenntnis zum freien Welthandel. "Wir haben uns gegen Protektionismus ausgesprochen", sagte Merkel. Bis Jahresende könnten außerdem die seit Jahren erfolglosen Verhandlungen über ein neues Welthandelsabkommen doch noch erfolgreich abgeschlossen werden. Der Wille zu einer politischen Grundsatzeinigung sei bei bei allen Beteiligten spürbar gewesen, sagte die Kanzlerin.
Zuletzt war im vergangenen Sommer - in der sogenannten Doha-Runde - ein weiterer Versuch gescheitert, ein neues Welthandelsabkommen unter Dach und Fach zu bringen. Merkel betonte, dass es nur noch eine geringe Zahl von offenen Streitfragen unter anderem zwischen den USA und Indien gäbe. Es wäre zu begrüßen, wenn noch mit der amtierenden US-Regierung von Präsident Bush eine entsprechende Grundsatzeinigung zustande käme. Ein solches Abkommen wäre Merkel zufolge ein Signal, das in der jetzigen wirtschaftlichen Krise genauso viel wert wäre wie größere Konjunkturprogramme.
Der französische Staatschef und EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy lobte Europas Geschlossenheit beim Gipfel. "Wir betreten eine neue Welt", sagte er. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem historischen Gipfel, betonte aber: "Dies ist der Beginn eines Prozesses, das ist nicht das Ende."