Abhängigkeit der Konzerne China-Geschäft spaltet die Wirtschaft
Topmanager begleiten Kanzler Scholz auf seiner China-Reise. Andere Wirtschaftsgrößen fehlen in der Delegation. Wie viel Geschäft mit dem Land noch angebracht ist, wird in Konzernen und Verbänden kontrovers diskutiert.
Die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz und einer Wirtschaftsdelegation nach China ist nicht nur in der Bundesregierung umstritten. Auch in der Wirtschaft wird über das Verhältnis zu China kontrovers diskutiert. Unternehmer und Manager führen politische Diskussionen möglichst vertraulich und ohne drastische Wortwahl. Es sind aber zwei Gruppen erkennbar. Auf der einen Seite stehen oft sehr große Unternehmen, die weitgehend vom Chinageschäft abhängig sind. Ihre Manager argumentieren für weiteres Engagement. Auf der anderen Seite stehen Wirtschaftsverbände. Sie machen deutlich, dass sie das deutsche Chinageschäft zurückführen möchten.
"Abhängigkeiten machen uns erpressbar"
Beispielhaft wurde das Dienstagabend beim Hessischen Unternehmertag in Wiesbaden deutlich. "Als weltweit tätige Unternehmer wissen wir genau: Abhängigkeiten von einzelnen Ländern machen uns erpressbar", sagte der hessische Unternehmerpräsident Wolf Matthias Mang, "Es gibt ja nicht nur China, Russland und die USA, sondern viele weitere interessante Länder. Globalisierung neu gestalten heißt, hier wieder kreativer zu werden". Mangs Familienunternehmen Oechsler AG ist selbst in China vertreten.
Dagegen setzte Jan Rinnert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hanauer Heraeus Holding, andere Akzente. "Es ist wichtig, dass wir mit China weiter Geschäfte machen", sagte Rinnert. Zwischen dem Westen und China gebe es ein ambivalentes Verhältnis. "Niemand wird China absprechen, dass es sich zum Wohle der Menschen dort entwickelt", erklärte der Manager, dessen Konzern in China 22 Tochterunternehmen betreibt.
Wer mitreist - und wer nicht
Ähnlich wie Rinnert setzen sich Manager des Chemiekonzerns BASF für weiteres Geschäft mit China ein. BASF arbeitet derzeit eine Zehn-Milliarden-Euro-Investition in China ab. Auch Siemens baut sein Chinageschäft aus. Die Vorstandsvorsitzenden beider Unternehmen begleiten Bundeskanzler Scholz bei seiner Reise, ebenso wie die Chefs von VW und BMW, die einen Großteil ihrer Autos in China verkaufen. Zur Wirtschaftsdelegation gehören auch der Chef den Deutschen Bank und die Merck-Vorstandsvorsitzende. Ebenso dabei sind Hipp, Bayer, Wacker und BioNTech.
Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" haben Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius und der Vorstandsvorsitzende der abgespaltenen DaimlerTruck AG, Martin Daum, dagegen keine Zeit. Auch die Vorstandsvorsitzenden der Automobilzulieferer Bosch, Continental und Schaeffler fahren nicht mit. Die Chefs der Technikunternehmen Infineon, SAP und Thyssen-Krupp und die der Logistikfirmen Hapag-Lloyd und Deutsche Post bleiben ebenfalls fern.
VDMA vermisst Chancengleichheit
Der Verband Deutscher Maschinen und Anlagebauer (VDMA) stellt grundsätzliche nationale Überlegungen ins Zentrum seiner Stellungnahme zum Thema: "Die Potenziale des chinesischen Marktes sollten genutzt, zugleich aber auch gefährliche Abhängigkeiten abgebaut werden, die die politische Handlungsfähigkeit Deutschlands und Europas einschränken könnten." Deutsche Unternehmen würden in China oft schlecht behandelt; jedenfalls schlechter als chinesische in Deutschland. Ähnlich äußerte sich bereits der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schrieb zur geplanten Minderheitsbeteiligung eines chinesischen Staatsunternehmens an einem Containerterminal im Hamburger Hafen: "Die Sache wirft ein problematisches Licht auf die großen Abhängigkeiten einzelner deutscher Firmen von China". Das IW wird von Unternehmerverbänden finanziert.