Projektförderung in Mexiko Mit grünem Ammoniak gegen den Klimawandel
Grünes Ammoniak hat eine Menge Potenzial - als Energieträger, als Treibstoff, als Dünger. Ein deutsches Unternehmen will jetzt in Mexiko investieren - in eine Anlage, die rund um die Uhr laufen soll.
Cyril Dufau-Sansot vom deutschen Unternehmen HY2GEN lässt den Blick in die Ferne schweifen. Er sieht eine hügelige Landschaft, kaum Bäume, ein paar Ziegen weiden auf einer Wiese. Am Horizont ist nur ein Mast zur Messung des Windes zu sehen.
Der Geschäftsführer hat die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrempelt. Die Sonne brennt in Champotón, einem kleinen verschlafenen Ort im Süden Mexikos im Bundesstaat Campeche auch noch am Nachmittag. Und von dieser Tatsache ist der Franzose begeistert.
Mehr als eine Milliarde an Investitionen
Denn das von ihm geführte deutsche Unternehmen will dort schon bald zusammen mit der mexikanischen Firma MexCo eine Anlage für grünes Ammoniak bauen. 1,1 Milliarde Euro sollen investiert werden. Hier gebe es die perfekten Bedingungen, um die Anlage rund um die Uhr zu betreiben, schwärmt der Geschäftsführer.
Sein Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von Anlagen für erneuerbaren Wasserstoff spezialisiert. Bald schon sollen sich um den Windmast Solarpanele und Windkraftanlagen tummeln.
Beste klimatische Voraussetzungen
Wind und Sonne gibt es in der Region satt. Es sind die besten Voraussetzungen, sagt auch Marco Hüls, Projektleiter bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ, die die Machbarkeitsstudie für das Unternehmen durchführt. Es werde ein 100 Prozent grünes Ammoniak-Projekt sein.
Das heißt, die Anlage werde nicht ans Stromnetz angeschlossen, sondern produziert autark den grünen Wasserstoff und den grünen Ammoniak. Strategisch ist der Standort günstig gelegen, direkt an einem Hafen, ideal für den Export vor allem nach Europa, so der Plan.
1000 neue Arbeitsplätze
Das was am Ammoniak am Ende grün ist, ist also vor allem die Produktion. Es werden keine Schadstoffemissionen generiert. Produziert werden soll Treibstoff für die Schifffahrtsindustrie, die die Umwelt bislang mit Schweröl verpestet.
Für Angélica Lara vom Ministerium für Umwelt und Energie in Campeche hat das Projekt viel Potenzial für die Region. Es sei sowohl auf wirtschaftlicher als auch sozialer Ebene ein Gewinn. Die Rede sei von rund 1000 Arbeitsplätzen, die für den Bau der Anlage entstehen.
Zudem werde das Projekt die Entsalzung von Meerwasser fördern, das sei angesichts des Wasserproblems in der Region ein weiterer Vorteil. Darüber hinaus soll auch ein Ausbildungsprogramm für die weitere Qualifizierung der lokalen Bevölkerung in dem Bereich entstehen, so das Versprechen.
Bundesregierung fördert global sechs Projekte
Das Projekt ist zunächst eines von sechs weltweit, das mit einer Machbarkeitsstudie im Rahmen der Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung gefördert wird. Das geplante Projekt könnte Vorbildcharakter haben, sagt der deutsche Botschafter in Mexiko Wolfgang Dold.
"Wir sind ja hier in Campeche, das ist eine Gegend, die nicht besonders reich ist, es gibt kaum Industrie. Deswegen ist der Schritt, hier zu investieren, der echte Beginn für eine Wende, denn wenn hier grüner Wasserstoff produziert wird, dann hat das natürlich eine magnetische Wirkung auf andere mögliche Investoren."
Ein Toast auf das grüne Ammoniak
Auch wenn die mexikanische Regierung bislang kaum Erneuerbare Energien gefördert hat, langfristig werde sich das ändern, so der Botschafter und verweist auf den Plan Sonora, der schon bald die Energiewende in Mexiko einläuten soll.
An diesem Tag wird das geplante Projekt gefeiert und das, was da noch kommen könnte. Auf einer kleinen Anhöhe werden Mango-Margaritas und Cocktails mit Mezcal serviert. Die Deutschen und die Vertreter der lokalen Regierung und des mexikanischen Unternehmens prosten sich in brütender Hitze zu: auf den Wind, die Sonne, das grüne Ammoniak.
Variable Einsatzmöglichkeiten
Ammoniak ist vielfältig einsetzbar, vor allem auch in Form von Düngemittel, heißt es in der Projektbeschreibung. Gerade für das geplante Projekt könnte aus grünem Ammoniak entwickelter Stickstoffdünger Mexiko ein großer lokaler Absatzmarkt sein. Denn an Dünger mangelt es hier - besonders, weil mit dem Ukraine-Krieg die Preise in die Höhe geschossen sind und das Land rund 25 Prozent seines Düngers zuletzt aus Russland bezogen hat.
Doch für eine klimafreundliche Landwirtschaft sei es wichtig, gänzlich vom Stickstoffdünger wegzukommen, warnt der Wasserstoff-Experte der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin, Jörg Haas.
"Dass wir in Richtung ökologischen, agroökologischen Anbau kommen und damit auch mit organischem Dünger arbeiten. Das grüne Ammoniak reduziert zwar die Emissionen im ersten Herstellungsschritt des Düngers, aber es entstehen dann bei der Ausbringung von Dünger im großen Maßstab dann auch wieder Stickoxyd-Emissionen."
Baustart in zwei bis drei Jahren
Das aber ist schlecht für die Umwelt. Laut den Unternehmen soll Ammoniak hier zunächst nur als Treibstoff genutzt und exportiert werden.
Sollte alles gut gehen, könnte in zwei bis drei Jahren mit dem Bau der Anlage begonnen werden. Wenn die Anlage dann einmal steht, wird sie sich daran messen lassen müssen, inwiefern die Menschen und die Umwelt tatsächlich davon profitieren.
In der ersten Fassung hieß es, die Bundesregierung wolle das Projekt mit einer "Milliardensumme fördern". Richtig ist, dass das Unternehmen HY2GEN 1,1 Milliarden Euro investieren will.
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