ifo-Experten-Umfrage Globale Inflation im Rückwärtsgang
Nach Ansicht vieler Ökonomen dürfte die Teuerung in den kommenden Jahren weltweit nachlassen. Allerdings bleiben die Erwartungen zunächst über den Inflationszielen der Notenbanken.
Die Inflation wird nach Einschätzung von Ökonomen in den kommenden Jahren weltweit allmählich sinken. In diesem Jahr dürften die Verbraucherpreise global noch um durchschnittlich 4,6 Prozent zulegen. Das geht aus der vierteljährlichen Umfrage des Münchner ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik hervor. An der Umfrage vom 12. bis zum 26. März haben 1508 Expertinnen und Experten aus 125 Ländern teilgenommen. Im kommenden Jahr soll die Teuerungsrate dann auf 4,4 Prozent fallen und 2027 noch 4,0 Prozent betragen.
Bei der ermittelten Prozentzahl handelt es sich um den Median der durchschnittlich erwarteten Inflationsraten auf Länderebene. Der Median werde verwendet, weil sich die erwarteten Inflationsraten regional sehr stark unterscheiden würden. In individuellen Ländern und Regionen wie in Afrika seien die Raten drastisch höher als im Rest der Welt.
Weltweit weiter hohe Inflation
In den langfristigen Inflationserwartungen zeige sich jedoch ein stagnierender oder gar ansteigender Trend, so das Ergebnis der Befragung. Im vergangenen Quartal hatten die Erwartungen für das Jahr 2027 noch bei 3,6 Prozent gestiegen.
"Im Vergleich zum vorherigen Quartal sind die Inflationserwartungen für dieses Jahr erneut gesunken", sagte ifo-Forscher Niklas Potrafke. "Doch gehen die Experten in der mittleren Frist von weiterhin recht hohen Inflationsraten weltweit aus, die über den Inflationszielen der Zentralbanken liegen."
Langfristige Normalisierung in Westeuropa
In Deutschland wird für dieses Jahr eine Inflationsrate in Höhe von 3,1 Prozent erwartet. Im März lag die Inflationsrate hierzulande bei 2,2 Prozent. Für Österreich rechnen die Ökonomen mit 4,2 Prozent, die Schätzung für die Schweiz beträgt 1,8 Prozent. In Westeuropa insgesamt liegen die Inflationserwartungen für 2024 mit 2,8 Prozent und in Nordamerika mit 3,1 Prozent deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt.
Für 2027 gehen die Ökonomen in Westeuropa mit 2,0 Prozent und Nordamerika (2,3 Prozent) sowie Nordeuropa (2,8 Prozent) und Südeuropa (2.6 Prozent) davon aus, dass die Inflationsraten fast wieder die von Zentralbanken angestrebte Inflationsrate von 2 Prozent erreichen.
Zu den Regionen mit besonders hohen Inflationserwartungen zählen Südamerika und weite Teile Afrikas. Dort werden jeweils Inflationsraten von mehr als 20 Prozent vorausgesagt. Die höchsten langfristigen Inflationsraten werden in Ostafrika mit 41 Prozent und in Nordafrika mit 18 Prozent erwartet.
Was bedeutet ein steigender Ölpreis?
Im Kampf gegen die hohe Inflation haben viele Zentralbanken ihre Zinsen deutlich angehoben. Mit dem inzwischen nachlassenden Preisdruck wächst die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie ihre Zinsen wieder senken. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat für den Juni eine erste Zinssenkung signalisiert. Die US-Notenbank Fed dürfte in der zweiten Jahreshälfte nachziehen, wie viele Ökonomen erwarten.
Sicher ist dies aber keineswegs. Sollten die Ölpreise aufgrund der Krise im Nahen Osten dauerhaft steigen, wären die Auswirkungen auf die Inflationsraten signifikant. Der Internationale Währungsfonds (IWF) macht folgende Rechnung auf: Steigen die Ölpreise um 15 Prozent infolge eines verschärften Nahost-Konfliktes, erhöht das die weltweite Inflationsrate um 0,7 Prozentpunkt, rechnet IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas vor.
Das könnte auch die Notenbanken dazu zwingen, die Zinswende weiter zu verschieben. Eine Eskalation des Iran-Israel-Konflikts könne die Entscheidung noch beeinflussen, warnte bereits EZB-Ratsmitglied Gediminas Simkus. "Der verschärfte Konflikt im Nahen Osten mischt nun die Karten neu", sagt auch VP-Bank-Ökonom Gitzel.