Sanktionen gegen Milliardäre Was nun mit den Oligarchen-Jachten passiert
Russische Oligarchen bringen ihre Luxusjachten in Länder, wo ihnen keine Beschlagnahmung droht. Ein Schiff wurde nun in Frankreich einkassiert. Auch im Hamburger Hafen liegt mindestens eine Jacht.
Dank der neuesten Sanktionsliste kann die Europäische Union (EU) mithilfe der Mitgliedsländer Vermögenswerte von russischen Oligarchen einfrieren. Und dazu gehören nicht nur Konten: Eine spezielle transatlantische Task Force mit den USA, der EU-Kommission, Kanada, Frankreich, Italien und Deutschland soll etwa Privatjets, Luxus-Apartments und Jachten der Kreml-treuen Superreichen aufspüren und einkassieren. Zuständig für die Vollstreckung der Sanktionen sind die Behörden der EU-Mitgliedsländer. Frankreich ist bereits tätig geworden.
Der französische Zoll beschlagnahmte heute an der Mittelmeerküste die Jacht von Igor Setschin, Chef des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft. Dies sei "im Rahmen der europäischen Sanktionen gegen Russland geschehen", teilte das Wirtschaftsministerium in Paris mit. Die Jacht "Amore Vero" ("Wahre Liebe") gehöre offiziell einem Konzern, in dem Setschin Hauptaktionär sei. Der 61-Jährige ist seit den 1990er-Jahren ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Putins und steht wie 25 andere Milliardäre auf der EU-Sanktionsliste.
Kurz vor dem Auslaufen beschlagnahmt
Die Jacht lag im Hafen von La Ciotat an der Côte d’Azur nahe Marseille und hätte dort bis April repariert werden sollen. Zum Zeitpunkt der Aktion gegen die Jacht wurde das Schiff den Angaben zufolge gerade für das Verlassen des Hafens vorbereitet - ungeachtet der noch nicht beendeten Reparaturarbeiten. Der Zoll habe sie dann jedoch in der vergangenen Nacht stillgelegt und in Beschlag genommen.
Laut Fachmedien handelt es sich um eine 86 Meter lange Jacht mit sieben Luxus-Suiten, Kino, Schönheitssalon und einer Garage für Wasserski-Boote. Ihr geschätzter Kaufpreis: 120 Millionen Dollar. Die französische Côte d'Azur ist schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebter Aufenthaltsort für die russische Oberschicht.
Die Luxusjacht "Amore Vero" wurde in Frankreich beschlagnahmt.
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte zuvor erklärt, Besitztümer von sanktionierten Russen in Frankreich zu beschlagnahmen. Hierzu werde man die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Man arbeite an einer Übersicht über das Finanzvermögen, die Immobilien, Yachten und Luxusfahrzeuge von Russen in Frankreich, die bereits mit Sanktionen belegt sind. "Wir werden außerdem alle russischen Personen mit Vermögen in Frankreich identifizieren, die wegen ihrer Nähe zur russischen Regierung noch auf die europäische Sanktionsliste gesetzt werden könnten."
Usmanow-Jacht bei Blohm + Voss
Auch im Hamburger Hafen liegt die Superjacht eines russischen Oligarchen: die "Dilbar" von Alisher Usmanow, einem 68-jährigen Unternehmer mit einem geschätzten Vermögen von 16,8 Milliarden Dollar. Das Schiff befindet sich für Reparatur- und Wartungsarbeiten auf der Werft Blohm + Voss, einer Tochter der Bremer Lürssen-Gruppe. Dort war die Jacht 2016 gebaut worden.
Mit Arbeiten am Schiff befasste Mitarbeiter seien bereits nicht mehr zur Arbeit erschienen, berichtete das Magazin "Forbes". Beschlagnahmt worden sei das Schiff aber nicht, heißt es von den Behörden. "Nach unserer Kenntnis ist die Jacht nicht beschlagnahmt worden", sagte eine Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Auch das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte eine solche Maßnahme auf Anfrage von tagesschau.de nicht.
Die Jacht "Dilbar" des russischen Oligarchen Alisher Usmanov.
Das "Handelsblatt" berichtete indes, die Behörden wollten insgesamt drei Luxusjachten im Hamburger Hafen konfiszieren - neben der "Dilbar" die Schiffe "Luna" und "Solandge". In jeden Fall werden die Jachten die Hansestadt wohl nicht bald verlassen können. Bevor sie auslaufen können, ist eine sogenannte Ausfuhrerlassung erforderlich. Die Hamburger Wirtschaftsbehörde betonte gegenüber dem NDR, über eine Festsetzung werde gar nicht in der Stadt entschieden. Zuständig seien stattdessen das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin und die Generalzolldirektion in Bonn. Die Zollbehörden würden die Freigabe erst erteilen, wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt seien.
"Dilbar" liegt seit Oktober in Hamburg
Zuvor hatte der Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann angekündigt, dass russische Jachten nicht einfach den Hamburger Hafen verlassen dürften: "Alle Waren, die nach Russland rausgehen, müssen beim Zoll beantragt werden. Das gilt auch für die Jachten, und deswegen geht keine Jacht mehr raus."
Seit Ende Oktober befindet sich die 156 Meter lange und 24 Meter breite "Dilbar" zur Umrüstung bei Blohm + Voss in Hamburg. Usmanow soll für die Luxusyacht etwa 600 Millionen Dollar bezahlt haben. Gemessen an der Bruttoraumzahl gilt das knapp 16.000 Tonnen schwere Schiff als größte Motorjacht der Welt. Die Crew besteht in normalen Zeiten aus 96 Menschen. Die Jacht umfasst zwölf Suiten, einen 25 Meter langen Swimming-Pool und zwei Hubschrauberlandeplätze.
Der Milliardär Usmanow, einst Großaktionär beim Londoner Fußball-Club FC Arsenal und bis gestern auch Weltpräsident des Fechtverbands, leitet die Holding USM, die etwa am Eisenerz- und Stahlriesen Metalloinvest und dem Unterhaltungselektronikunternehmen Xiaomi beteiligt ist. Zudem verdient sie ihr Geld mit kleineren Investitionen in den Bereichen Telekommunikation, Bergbau und Medien. Usmanow soll auch Luxusimmobilien in München besitzen. Er gehörte zu den ersten Investoren von Facebook.
Putin-Jacht wieder in Russland
Bis vor kurzem lag auch Putins Jacht "Graceful" zur Überholung im Dock von Blohm + Voss im Hamburger Hafen. Der russische Präsident ließ sie jedoch noch vor dem Angriff auf die Ukraine zurück nach Russland bringen. Das 80 Meter lange Schiff soll nun im Ostseehafen Kaliningrad liegen.
Bis vor kurzem in Hamburg: Die Jacht "Graceful" von Wladimir Putin.
Mindestens fünf Superjachten russischer Milliardäre lagen gestern bei den Malediven vor Anker oder bewegten sich in der Nähe, wie Daten von Schiffsverfolgungs-Diensten zeigten. Der Inselstaat im Indischen Ozean hat kein Auslieferungsabkommen mit den Vereinigten Staaten.