Euro-Rettungspakete So viel Geld floss nach Griechenland
Auf knapp 278 Milliarden Euro summieren sich die Zahlungen aus den Rettungspaketen für Griechenland. Das Geld floss teils in Form direkter Kredite der Euro-Staaten, teils über die Rettungsschirme EFSF und ESM und teils über den IWF.
Griechenland war das erste hoch verschuldete Land, für das die europäischen Partner im Jahr 2010 ein Rettungspaket schnürten. Später folgten ein zweites Rettungspaket und ein Schuldenschnitt. 2015 wurde ein drittes Rettungspaket notwendig. 2018 lief das dritte Hilfsprogramm aus. Die überwiesenen Notkredite und Hilfen der drei Programme summieren sich auf rund 278 Milliarden Euro. Die Rückzahlung wird Jahrzehnte dauern.
Das erste Rettungspaket
Das erste Rettungspaket für Griechenland aus dem Frühjahr 2010 umfasste Zusagen über 110 Milliarden Euro. Es handelte sich um bilaterale Kredite der Euro-Staaten und des IWF. Ein Euro-Rettungsschirm fehlte damals noch. Von den gewährten Hilfen flossen allerdings nur 73 Milliarden Euro tatsächlich nach Athen. Die noch nicht ausbezahlten Kredite der Euro-Staaten wurden 2012 auf das zweite Hilfsprogramm übertragen.
Für die bilateralen Kredite - später auch als "Greek Loan Facility" (GLF) bezeichnet - musste Griechenland den anderen Euro-Staaten bereits frühzeitig Zinsen bezahlen - 2014 waren das etwa 400 Millionen Euro. Die eigentliche Tilgung der Kredite mit einer Laufzeit von 30 Jahren begann erst im Juni 2020. Bei den Bedingungen - das betrifft sowohl die Laufzeit als auch die Verzinsung - kamen die Euro-Staaten der Regierung in Athen bei Nachverhandlungen weit entgegen. Die IWF-Hilfen des ersten Rettungspakets - insgesamt 20,1 Milliarden Euro - zahlte Griechenland zwischen 2013 und 2016 zurück - zuzüglich Zinsen.
Deutschland steuerte über die KfW-Bankengruppe direkte Kredite in Höhe von 15,2 Milliarden Euro zum ersten Griechenland-Paket bei. Sollte die Regierung in Athen das Geld nicht zurückzahlen, bleibt die Bundesrepublik auf diesem Verlust sitzen. Als IWF-Mitglied trägt Deutschland in letzter Konsequenz auch anteilig Verluste für mögliche Kreditausfälle des Internationalen Währungsfonds mit. Allerdings sorgen mehrere Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen dafür, dass hier eine unmittelbare Belastung für den deutschen Staatshaushalt unwahrscheinlich ist.
Geldgeber | Zusagen | Ausgezahlt | Übertrag auf 2.Programm |
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Euro-Staaten | 80,0 Mrd. Euro* | 52,9 Mrd. Euro | 24,4 Mrd. Euro |
IWF | 30,0 Mrd. Euro | 20,1 Mrd. Euro | 9,9 Mrd. Euro |
GESAMT | 110,0 Mrd. Euro | 73,0 Mrd. Euro | 34,3 Mrd. Euro |
Quelle: EU-Kommission;
* Von den ursprünglichen 80 Milliarden Euro standen letztlich nur 77,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Denn die Slowakei beteiligte sich von Anfang an nicht an den Zahlungen, Portugal und Irland schieden als Geldgeber aus, nachdem sie selbst Hilfspakete in Anspruch genommen hatten.
Das zweite Rettungspaket
Das zweite Rettungspaket für Griechenland aus dem Jahr 2012 umfasste Hilfen des EFSF und des IWF in Höhe von insgesamt 163,7 Milliarden Euro - einschließlich 24,4 Milliarden Euro noch nicht ausgezahlter Kreditzusagen aus dem ersten Programm. Nach monatelangen Verhandlungen mit den Griechen gaben die Euro-Finanzminister im Dezember 2012 eine erste Tranche von 34,3 Milliarden Euro frei. Danach folgten weitere Überweisungen. Allerdings war die weitere Auszahlung ausstehender Tranchen stets daran gebunden, dass die griechische Regierung die vereinbarten Maßnahmen umsetzte.
Die Verhandlungen über die Auszahlung der letzten noch fehlenden Tranche wurden im Dezember 2014 ausgesetzt. Ursprünglich sollten die letzten noch ausstehenden 1,8 Milliarden Euro an EFSF-Geldern Ende 2014 nach Athen fließen. Wegen der ausstehenden Einigung bei der letzten Tranche stimmten die Euro-Staaten aber zu, die Frist bis Ende Februar 2015 zu verlängern. Eine weitere Verlängerung von bis zu vier Monaten wurde im Februar 2015 zwischen der Eurogruppe und der neuen griechischen Regierung ausgehandelt. Allerdings wurde auch in den folgenden Monaten keine Einigung über eine Reformliste erzielt, deren Umsetzung den Weg zur Auszahlung der letzten Tranche des Rettungspakets ebnen sollte. Am 30. Juni 2015 endete das Programm.
Im Zuge wiederholter Nachverhandlungen während der Laufzeit des Programms kamen die Euro-Staaten den Griechen mehrmals entgegen. Die Laufzeit der EFSF-Kredite wurde gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung um 15 Jahre verlängert. Zudem muss die Regierung in Athen bis 2022 keine Zinsen auf das geliehene Geld zahlen.
Insgesamt sollten im Zuge des zweiten Rettungsprogramms allein über den Rettungsschirm EFSF 144,6 Milliarden Euro nach Athen fließen. Davon waren 48 Milliarden Euro als Kapitalhilfen für Banken vorgesehen und weitere 61,1 Milliarden Euro für allgemeine Kredithilfen. Zusätzlich sagte der EFSF bis zu 35,5 Milliarden Euro zu, um den Schuldenschnitt zu ermöglichen. Dabei verzichteten private Gläubiger im Frühjahr 2012 durch den Umtausch ihrer Papiere auf hohe Forderungen. Sie erhielten im Gegenzug auch EFSF-Papiere. Dieser finanzielle Anreiz sollte dazu beitragen, eine hohe Beteiligung an dem Umtauschprogramm zu erreichen. 34,5 Milliarden Euro des EFSF wurden dafür in Anspruch genommen - und damit 0,9 Milliarden Euro weniger als maximal möglich.
Von den 48 Milliarden Euro, die für mögliche Kapitalhilfen zugunsten der Banken bereits komplett an den griechischen Bankenrettungsfonds geflossen waren, wurden die bis dahin nicht benötigten 10,9 Milliarden Euro im Februar 2015 an den EFSF zurücküberwiesen. Dieses Geld stand bis zum Ende des Programms im Juni 2015 bereit - wäre aber ausdrücklich nur für Finanzspritzen an die Banken nutzbar gewesen.
Geldgeber | Zusagen | Ausgezahlt |
---|---|---|
EFSF | 144,5 Mrd. Euro | 130,9 Mrd. Euro |
IWF | 19,1 Mrd. Euro | 11,8 Mrd. Euro |
GESAMT | 163,6 Mrd. Euro | 142,7 Mrd. Euro |
Quelle: BMF/EFSF;
Die Zusagen des IWF für ein zweites Kreditpaket liefen länger als die EFSF-Hilfen, und zwar bis zum Frühjahr 2016. Insgesamt wollte der IWF dabei 28 Milliarden Euro an Krediten bereitstellen - davon betrafen 19,1 Milliarden Euro den Zeitraum bis Ende 2014 und weitere 8,9 Milliarden Euro die Jahre 2015 und 2016. Die Auszahlung des Geldes war aber ebenso wie beim EFSF an die Umsetzung geforderter Reformen und Sparmaßnahmen geknüpft. Im Dezember 2014 stoppte der IWF die Gespräche über die Auszahlung der nächsten Tranche, um die Regierungsbildung in Athen nach den vorgezogenen Neuwahlen abzuwarten.
Nach dem Amtsantritt der neuen Regierung wurden die Gespräche zwar wieder aufgenommen, aber keine weiteren Tranchen ausbezahlt, weil der IWF auf die Einhaltung der zugesagten Reformen der früheren Regierungen - oder vergleichbarer Reformen - beharrt. Im Januar 2016 stoppte der IWF das Programm endgültig. Die Rückzahlung der IWF-Mittel aus dem zweiten Kreditpaket begann 2016 und soll bis 2026 abgeschlossen sein.
Falls Griechenland die Kredite des EFSF nicht zurückzahlen sollte - die meisten Tranchen werden erst zwischen 2049 und 2070 fällig -, hätte das auch Milliardenverluste für Deutschland zur Folge. Denn der EFSF besorgt sich das Geld für Kredite an die Krisenstaaten seinerseits auf den Kapitalmärkten. Deutschland tritt dabei neben den anderen Euro-Staaten als Bürge auf. Ursprünglich hätte Deutschland dabei für rund 27 Prozent der Gesamtsumme gerade stehen müssen. Nachdem Griechenland, Irland und Portugal als Bürgen ausfielen, stieg der deutsche Anteil auf etwa 29 Prozent - im Fall des zweiten Griechenland-Pakets entspricht das knapp 38 Milliarden Euro.
Überbrückungskredit vor dem dritten Rettungspaket
Im Juli 2015 einigten sich die Euro-Staaten mit Griechenland auf Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm, das über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM laufen soll. Damit die Regierung in Athen während der Verhandlungen und bis zum geplanten Inkrafttreten des Programms seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem IWF und der EZB erfüllen konnte, wurde dem Land ein Überbrückungskredit gewährt. Die Regierung in Athen erhielt im Juli 2015 insgesamt 7,16 Milliarden Euro aus einem alten, seit Jahren nicht mehr genutzten EU-Rettungsschirm, dem EFSM. Dieses Geld musste nach spätestens drei Monaten zurückgezahlt werden - und zwar sollte dies mit Hilfe der Mittel aus dem dritten Rettungsprogramm geschehen. Als dieses im August 2015 in Kraft trat, war ein Teil der ersten Tranche dann auch ausdrücklich für die Rückzahlung der EFSM-Brückenfinanzierung vorgesehen, was nach Angaben des Bundesfinanzministeriums planmäßig geschah.
Der EFSM wird aus dem EU-Haushalt finanziert und damit von allen EU-Staaten getragen. Um die EU-Staaten, die nicht der Eurozone angehören, vor finanziellen Risiken durch einen möglichen Zahlungsausfall zu schützen, wurden im Vorfeld der Gewährung der Brückenfinanzierung neuen Regeln für dem EFSM eingeführt. Falls Griechenland den Überbrückungskredit nicht zurückgezahlt hätte, hätten die dadurch entstandenen Verluste letztlich ausschließlich die anderen Euro-Staaten auffangen müssen. Für Deutschland summierten sich die Risiken aus diesem Überbrückungskredit auf etwa 1,6 Milliarden Euro.
Das dritte Rettungspaket
Nach wochenlangen Verhandlungen einigten sich Griechenland und die europäischen Partner im August 2015 auf die Bedingungen für ein drittes Rettungspaket. Es war auf drei Jahre befristet und endete im August 2018. Die Stabilitätshilfen laufen über den dauerhaften Rettungsschirm ESM und umfassen bis zu 86 Milliarden Euro. Griechenland musste eine Reihe von Reformen umsetzen und Schritte zur Haushaltskonsolidierung unternehmen, um das Geld schrittweise ausgezahlt zu bekommen. Die ersten Tranchen flossen einen Tag, nachdem mehrere nationale Parlamente das Paket gebilligt hatten und der ESM-Gouverneursrat am 19. August 2015 formell zugestimmt hatte.
Die Euro-Staaten hofften lange darauf, dass sich der IWF noch an der Finanzierung beteiligt - möglicherweise mit bis zu einem Drittel der Gesamtsumme. Der IWF lehnte aber eine rasche Entscheidung über eine Beteiligung ab und wollte erst nach der Umsetzung wichtiger Reformen in Griechenland und möglichen weiteren Schuldenerleichterungen durch die Euro-Staaten einen endgültigen Entschluss fassen. Im Juli 2017 willigte der IWF grundsätzlich ein, ein Programm im Höhe von umgerechnet 1,6 Milliarden Euro aufzulegen, das bis Ende August 2018 befristet war - bis zum Ende des ESM-Programms 2018 überwies der IWF aber kein Geld nach Griechenland.
Am 20. August flossen die ersten Tranchen des dritten Rettungspakets. Auf ein ESM-Sonderkonto wurden 10,0 Milliarden Euro überwiesen, die ausschließlich für Kapitalhilfen griechischer Banken oder Kosten bei der möglichen Abwicklung von Instituten vorgesehen sind. Von diesen zehn Milliarden gab das ESM-Direktorium am 1. Dezember 2015 eine Kapitalhilfe von 2,72 Milliarden Euro für die Piraeus Bank frei und am 8.Dezember 2015 eine Kapitalhilfe von 2,71 Milliarden Euro für die private National Bank of Greece.
An die griechische Staatskasse gingen aus dem Rettungspaket zunächst 13,0 Milliarden Euro, die auch der Rückzahlung der EFSM-Brückenfinanzierung dienten. Am 23. November 2015 beschloss der ESM-Gouverneursrat die Auszahlung von weiteren 2,0 Milliarden Euro an die griechische Regierung. Im Dezember 2015 folgte nochmals eine Milliarde Euro - nachdem Griechenland eine erste Liste geforderter Reformen, die sogenannten "Meilensteine", nach Ansicht der Geldgeber zufriedenstellend umgesetzt hatte. Im Mai 2015 stimmte die Eurogruppe der Auszahlung von weiteren 10,3 Milliarden Euro in zwei Tranchen zu. Die erste Tranche in Höhe von 7,5 Milliarden Euro wurde im Juni 2016 überwiesen. Von den restlichen 2,8 Milliarden Euro, die im Herbst 2016 fließen sollten, gab die Eurogruppe am 10. Oktober 2016 zunächst eine Tranche von 1,1 Milliarden Euro frei. Die übrigen 1,7 Milliarden Euro folgten zwei Wochen später, nachdem Griechenland fehlende Zahlen vorgelegt hatte und die Institutionen eine positive Bewertung der Begleichung griechischer Zahlungsrückstände vorgenommen hatten. Die gesamten 2,8 Milliarden Euro überwies der ESM schließlich am 26. Oktober 2016 an die griechische Regierung.
Im Juli 2017 gab der ESM von der dritten Tranche zunächst 7,7 Milliarden Euro frei, die umgehend nach Athen flossen. Die Auszahlung weiterer 0,8 Milliarden Euro nach dem 1. September 2017 wurde an signifikante Fortschritte der griechischen Regierung gekoppelt und erfolgte am 30. Oktober 2017.
Im März 2018 beschloss die Eurogruppe, dass Griechenland die politischen Voraussetzungen für die Auszahlung einer weiteren Tranche von insgesamt 6,7 Milliarden Euro erfüllt habe. Die erste Teiltranche in Höhe von 5,7 Milliarden Euro überwies der ESM am 28. März 2018, die restlichen 1,0 Milliarden Euro am 15. Juni 2018.
Im Juni 2018 beschloss die Eurogruppe, vor Abschluss des Hilfsprogramms im August eine letzte Kredittranche in Höhe von 15,0 Milliarden Euro freizugeben, die am 6. August auch überwiesen wurde. Zugleich wurde vereinbart, dass die Laufzeit der EFSF-Kredite aus den zweiten Rettungspaket von durchschnittlich 32,5 auf 42,5 Jahre verlängert werden soll und die Tilgung nun zehn Jahre später beginnen soll. Am 20. August 2018 wurde das ESM-Programm für Griechenland offiziell beendet. Die Rückzahlung ist zwischen 2034 und 2060 fällig.
Geldgeber | Zusagen | Ausgezahlt |
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ESM | 86,0 Mrd. Euro | 61,9 Mrd. Euro |
GESAMT | 86,0 Mrd. Euro | 61,9 Mrd. Euro |
Quelle: ESM; Stand: 31. März 2021