Deutsche Industrie Abhängigkeit bei Rohstoffen wächst
39 von 46 kritischen Rohstoffen muss Deutschland importieren. Vor dieser zunehmenden Abhängigkeit warnt eine von der Regierung beauftragte Studie. Wirtschaftsminister Habeck hält vor allem die Abhängigkeit von China für zu groß.
Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie warnt vor einer wachsenden Rohstoffabhängigkeit deutscher Firmen. Habe man im Jahr 2011 noch 14 kritische Rohstoffe identifiziert, so seien es 2020 bereits 30 gewesen, stellt die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) in ihrer Studie fest, die das Wirtschaftsministerium beauftragt hatte und die nun veröffentlicht wurde.
"Eine Entspannung dieser Entwicklung ist aufgrund der steigenden Nachfrage nach hochtechnologischen und energieeffizienten Innovationen nicht zu erwarten", heißt es dort weiter. In der Studie werden 46 Rohstoffe als "strategisch" eingestuft, weil sie große Bedeutung für die Produktion wichtiger Güter haben, gerade im Hochtechnologiebereich.
Bei 39 dieser Rohstoffe sei Deutschland von Importen abhängig. "Insbesondere für kaum diversifizierte Lieferketten besteht ein erhöhtes Versorgungsrisiko", stellen die Autoren der Studie fest. Ebenso wie eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommt EY zu dem Schluss, dass die Abhängigkeit von China etwa bei Seltenen Erden oder dem für die Batterietechnik wichtigen Lithium besonders groß ist.
Bundesregierung sucht nach Lösung
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine nehmen westliche Regierungen auch die Abhängigkeit von China stärker unter die Lupe. Die Volksrepublik ist unter anderem Hauptlieferant von Seltenen Erden. Die Bundesregierung arbeitet seit Monaten an einer neuen Strategie, die mit verschiedenen Maßnahmen versuchen soll, diese Abhängigkeit zu reduzieren.
Kanzler Olaf Scholz hatte vergangene Woche betont, dass dazu auch die Nutzung heimischer Rohstoffvorkommen zählen müsse. Weitere Instrumente sind ein von Deutschland und Frankreich auf EU-Ebene angeregter staatlicher Finanzierungsfonds für die Erschließung neuer Rohstoffvorkommen in Europa.
BDI pocht auf heimische Vorkommen
Das fordert auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). "Heimische Rohstoffe sind Teil der Lösung für mehr Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Importabhängigkeiten", sagte Matthias Wachter, für Rohstoffe zuständiger Abteilungsleiter beim BDI der Nachrichtenagentur Reuters.
"Bei vielen mineralischen Rohstoffen ist die Abhängigkeit, insbesondere von China, bereits wesentlich größer als die bisherige Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas", warnte er. "Zur Diversifizierung gehört auch der Aufbau von Kapazitäten zur Weiterverarbeitung von Rohstoffen in Europa. Dies betrifft insbesondere die erste Stufe mit Hütten und Schmelzen", mahnte er. Hintergrund ist, dass China Lithium auch importiert, dann aber verarbeitet wieder auf dem Weltmarkt verkauft.
Habeck will neue Anreize setzen
Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte dem Sender ntv, Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China sei zu groß. Sie liege in bestimmten Bereichen wie bei wichtigen Rohstoffen bei fast 100 Prozent. "Bräche China als Absatzmarkt weg, wäre das für einige deutsche Branchen nicht verkraftbar", warnte er. Lange habe man die niedrigen Produktionskosten für "allein seligmachend" gehalten. Außerdem habe China riesige Rohstoffvorkommen günstig auf den Markt geworfen.
Habeck stößt sich daran, dass bisher "40 Prozent des gesamten Volumens an staatlichen Investitionsgarantien" für Investitionen in China aufgewendet werden. Er kündigte an, die Investitionsgarantie pro Unternehmen und pro Land auf drei Milliarden Euro zu begrenzen. Weitere staatliche Absicherungen gebe es nur für Investitionen, die das jeweilige Unternehmen in einem anderen Land tätige, sagte er in dem Interview.
"So wollen wir verhindern, dass alle Auslandsinvestitionen eines Unternehmens in ein einziges Land fließen". Zugleich stellte er klar, dass es ihm nicht um eine Abkopplung von China gehe. "Am Ende des Weges soll die deutsche Wirtschaft robuster dastehen."