Kreml-Nähe von CSU-Politikern Warum Bayern Russlands Nähe suchte
Vertreter der deutschen Wirtschaft und Politik gingen lange im Kreml ein und aus. Ebenso wie Manager sehen prominente CSU-Politiker wie der frühere Parteichef Erwin Huber die Nähe zur russischen Politik heute kritisch.
Erwin Huber war Chef der bayerischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Edmund Stoiber, später bayerischer Wirtschafts- und Finanzminister und CSU-Vorsitzender. Die Russlandpolitik seiner eigenen Partei sieht er heute in Teilen kritisch. Es sei vor allem um "wirtschaftliche Dinge" gegangen, sagte Huber dem ARD-Politikmagazin report München. Der Markt sei nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion neu zu entwickeln gewesen. Aus dieser Kooperation hätten sich auch persönliche Bekanntschaften ergeben - von Freundschaft will Huber nicht sprechen.
Enges Verhältnis zu Putin
Als besonders eng galt das Verhältnis zwischen dem früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und Wladimir Putin. Seit 2007 sind sie angeblich per Du. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im selben Jahr hielt der russische Präsident seine berüchtigte Wutrede, in der er eine Abkehr Russlands vom Westen ankündigte. Am Abend vor der Rede hatte Stoiber Putin noch "auf ein Bier" eingeladen. Man habe sich in die Bibliothek zurückgezogen und bei bayerischen Spezialitäten ausgetauscht, erzählte Stoiber damals in einem Interview.
Die Verbindung hielt - auch als Russland 2014 die Krim annektierte. Stoiber machte sich gegen Sanktionen stark, reiste 2016 in den Kreml, wo es vor der Kamera zu einer herzlichen Umarmung der beiden kam. Wichtig in diesem Zusammenhang: Vorwürfe gegen diese Politik wurden damals nicht erhoben.
Stoiber wollte sich auf Anfrage von report München nicht persönlich äußern - aus Zeitgründen. Aber er ließ ausrichten, den heutigen Kriegsverbrecher Putin würde er selbstverständlich nicht freundlich begrüßen.
Der Besuch von Edmund Stoiber bei Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2016 rief damals kaum Kritik hervor.
Deutsche Wirtschaft setzte auf Russland als Partner
Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, verweist auf die historische Verbindung zwischen Russland, Deutschland und dabei auch insbesondere Bayern. Schon die erste Gasleitung aus der Sowjetunion endete in den 1970er-Jahren in Bayern. Es sei damals Strategie der CSU gewesen, Bayern zu industrialisieren und dafür verlässliche Energie aus dem Osten zu haben.
Aber nicht nur für Unternehmen aus Bayern sei Russland ein interessanter Partner gewesen. Die Mentalität habe gut zusammengepasst. "Deutschland und Russland haben sich einfach sehr gut ergänzt. Russland hat die Rohstoffe. Wir haben die Technologien, das passte sehr gut, und ich glaube, das war der Haupttreiber für diese Investition", so Harms.
Langes Festhalten an Nord Stream 2
Der Ost-Ausschuss machte sich daher stets auch für Nord Stream 2 stark - die zweite Gasleitung unter der Ostsee, die auf direktem Weg von Russland nach Deutschland führt. Noch beim Neujahrsempfang im Januar 2022, wenige Wochen vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine, dankte Manuela Schwesig dem Ost-Ausschuss für eine stets "klare Haltung" in dieser Sache. Die SPD-Ministerpräsidentin aus Mecklenburg-Vorpommern war zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt, Nord Stream 2 in Betrieb nehmen zu können - ebenso wie große Teile der deutschen Wirtschaft.
Aus heutiger Sicht räumt Harms hier Fehler ein. "Ich streite unsere Verantwortung überhaupt nicht ab, wir haben da deutlich Fehler gemacht, das gebe ich offen zu", sagt er. "Ich glaube, diese geopolitische Komponente haben wir da unterschätzt."
Russlandnähe auf Kosten anderer Wirtschaftsbeziehungen
Dabei hätte es durchaus Alternativen gegeben, um die Abhängigkeit von russischem Erdgas zumindest zu verringern. Gerhard Roiss, ehemaliger Vorstandschef der österreichischen OMV, die viele Tankstellen in Deutschland betreibt, wollte auch für Deutschland neue Quellen erschließen - unabhängig von Russland. Die Nabucco-Pipeline sollte Gas unter anderem aus Aserbaidschan direkt nach Mitteleuropa bringen. Auch wenn es wohl mehrere Gründe für das Scheitern gab - entscheidend war aus Sicht des Managers: Deutschland habe sich "später sehr stark für Nord Stream 2 engagiert und Nabucco war tot". Das sei von Deutschland auch politisch so gewollt gewesen. Er fordert, das Projekt nun erneut anzugehen.
Auch die CSU hat sich für Nord Stream 2 stark gemacht. Aus Hubers Sicht lag der Fehler vor allem darin, den Ausbau der Stromtrassen zu bremsen, die Windstrom vom Norden in den Süden hätten bringen sollen. Erdgas als Energiequelle habe er immer kritisch gegenübergestanden.
Gegen die Stromtrassen habe sich insbesondere der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer stark gemacht, so Huber. Dass dieser Sanktionen gegen Russland in Frage gestellt habe, sei aus heutiger Sicht "ein Fehler gewesen".
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