Wirtschaftsweise Malmendier warnt "AfD schreckt ausländische Fachkräfte ab"
Komplizierte Sprache, Bürokratie, schlechte Kinderbetreuung - das macht Deutschland bei ausländischen Fachkräften nicht besonders attraktiv. Nun schrecke der AfD-Aufschwung zusätzlich ab, warnt Ökonomin Malmendier.
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier hat vor gravierenden Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland gewarnt, sollte sich der Aufschwung der AfD fortsetzen. "Unser Land braucht ganz dringend nicht nur Fachkräfte, sondern Arbeitskräfte auf allen Ebenen, damit der Wohlstand erhalten werden kann", sagte die Ökonomin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland wird nicht in ausreichendem Umfang gelingen, wenn eine Abschottungspartei wie die AfD immer größeren Zuspruch findet - und Polarisierung in den Vordergrund rückt."
Deutschland mit seiner komplizierten Sprache, seiner Bürokratie und seiner unzureichenden Kinderbetreuung habe es ohnehin schwer, Fachkräfte zum Kommen und zum Bleiben zu bewegen, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die AfD sei nun ein weiterer Faktor: "Das, wofür die AfD steht, schreckt ausländische Fachkräfte ab."
"Das, wofür die AfD steht, schreckt ausländische Fachkräfte ab", sagt Ulrike Malmendier.
Die Willkommenskultur in Deutschland lasse zu wünschen übrig. "Und wenn jetzt noch nationalistische Kräfte auf dem Vormarsch sind, wird es sicherlich nicht einfacher - gerade in Regionen, wo wir gerne größere Unternehmen mit höheren Löhnen ansiedeln würden", sagte Malmendier.
Parallelen zu den USA unter Trump
Die Professorin, die an der Universität von Kalifornien in Berkeley forscht, zog Parallelen zur Entwicklung in den USA unter Ex-Präsident Donald Trump. "Ich habe hautnah den Aufstieg des Trumpismus in den USA erlebt. Auch deswegen bedrückt mich die Entwicklung in Deutschland so sehr", sagte sie. "Ich habe gesehen, wie schnell es passieren kann, dass man eine Gesellschaft mit einfachen Parolen und Sprüchen spaltet."
Zugleich verteidigte Malmendier ihre Ratskollegin Monika Schnitzer, die für Deutschland 1,5 Millionen Zuwanderer pro Jahr gefordert hatte, gegen anhaltende Kritik. Deutschland brauche jährlich 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte, sagte sie. "Da viele aber das Land wieder verlassen, benötigen wir brutto deutlich mehr Menschen, die kommen, nämlich 1,5 Millionen." Es habe unterschiedliche Ursachen, dass so viele Menschen Deutschland wieder verließen, fügte sie hinzu. "Eine fehlende Kultur und Aufnahmebereitschaft hilft da sicher nicht."
Sorgen über anhaltende Inflation
Sorgen bereitet der Wirtschaftsexpertin zudem die anhaltend hohe Inflation. "Die aktuelle Entwicklung geht auch auf Sondereffekte zurück - vor einem Jahr gab es den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket. Sorgen macht mir aber trotzdem, dass die Inflation immer noch bei sechs Prozent liegt", sagte sie den Zeitungen.
Es sei historisch belegt, dass es in Zeiten von Inflation - wenn die Leute verunsichert seien und auch einfach nicht mehr über die Runden kämen - zu einer Wählerbewegung hin zu extremeren Parteien insbesondere im rechten Spektrum kommen könne. "Über sechs Prozent Inflation sind weit entfernt von Geldwertstabilität. Wir müssen dranbleiben, um nicht doch noch Öl ins Feuer zu gießen und den Zulauf für die AfD zu befeuern", so Malmendier weiter.