Archäologie So ungesund war antike Schreibarbeit
Langes Sitzen ist schlecht für den Rücken - das war auch im alten Ägypten schon so. Eine Untersuchung von Skelettresten zeigt: Die Schreiber hatten durch ihre Haltung mit gesundheitlichen Folgen zu kämpfen.
Im alten Ägypten wurde vieles sorgfältig dokumentiert. Allerdings konnte nur etwa ein Prozent der Menschen lesen und schreiben. Das machte die Schreiber zu hochrangigen und geschätzten Männern in der Gesellschaft.
Sie arbeiteten damals beispielsweise in der Schatzkammer, dem Getreidespeicher oder der Abteilung für königliche Dokumente. Im Vergleich zu anderen Berufen ging es den Schreibern körperlich zwar deutlich besser, trotzdem hatten auch sie für ihre Arbeit typische Beschwerden.
Krankhafte Veränderungen des Skeletts
Ein Forschungsteam des Nationalmuseums Tschechiens und der Charles University in Prag untersuchte die Überreste von 69 erwachsenen Männern, die zwischen 2700 und 2180 v. Chr. in der Nekropole von Abusir in Ägypten begraben wurden.
Mithilfe von Grabbeilagen konnten 30 der Skelette als Schreiber identifiziert werden. Beim Vergleich der Schreiber mit den Angehörigen anderer Berufe erkannten die Forschenden krankhafte Veränderungen in Bereichen wie der Wirbelsäule, den Schultern und dem Kiefer der Schreiber.
Laut Oliver Gauert passen diese Erkenntnisse zu dem, was bereits vermutet wurde: "Dass ein Schreiber sicherlich stärkere degenerative Erscheinungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Claviculae hat, das ist nachvollziehbar, und insofern scheint das in die richtige Richtung zu gehen." Gauert ist Ägyptologe und Kurator am Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim sowie Koordinator des Hildesheimer Mumienforschungsprojektes. Allerdings könne man die Unterschiede nur bei einem kleinen Anteil der untersuchten Skelette feststellen.
Längerer Zeitraum im Schneidersitz
Die Forscherinnen und Forscher vermuten, dass die Schreiber über einen längeren Zeitraum im Schneidersitz mit nach vorn geneigtem Kopf und ungestützten Armen arbeiteten. Laut Gauert wird dies insbesondere durch die signifikanten Veränderungen im siebten Halswirbel bestätigt:
"Die deutet darauf hin, dass es hier eine starke Überbeanspruchung der Halswirbelsäule gibt, im Bereich des Übergangs zur Brustwirbelsäule, und das könnte in der Tat durch diese überhängende Position des Kopfes und der Hockhaltung bedingt sein."
Wandbilder und Statuen zeigen Positionen der Schreiber
So hatten offenbar auch schon die Schreiber im alten Ägypter einen Rundrücken. Veränderungen an Knien, Hüften und Knöcheln könnten außerdem darauf hindeuten, dass Schreiber mit dem linken Bein in einer knienden Beinhaltung und dem rechten Bein gebeugt mit nach oben zeigendem Knie saßen. Wahrscheinlich bevorzugten Schreiber unterschiedliche Sitzpositionen.
Die krankhaften Veränderungen der Kiefergelenke hatten aber wahrscheinlich einen anderen Grund. Die Schreiber kauten nämlich die Enden von Binsenstielen. Doch nicht aus Langeweile: Vermutlich konnten sie dadurch pinselartige Köpfe formen, die sie zum Schreiben nutzten.
Das bleibt uns heutzutage erspart. Die Arbeit am Schreibtisch birgt zwar ähnliche berufliche Risiken wie für Schreiber im alten Ägypten, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Anders als heute wurden für ägyptische Schreiber keine angemessenen Stühle entworfen, die ihre Wirbelsäule geschützt haben.